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Lehrbuch der Gynäkologie

Otto Küstner, 4.Auflage 1910

 

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IV. ABSCHNITT.
Die Krankheiten der Tuben, Ovarien und benachbarten Gewebsabschnitte.

Kapitel XVIII.
Die Krankheiten der Ovarien. Neubildungen der Ovarien.
Von Bernhard Kroenig.

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Die Behandlung der Ovarialgeschwülste.


Unser mangelndes diagnostisches Können einerseits, die Neigung der größten Zahl cystischer und solider Eierstocksgeschwülste zu fortdauerndem Wachstum andererseits zwingt uns dazu, bei jedem größeren

Tumor die Exstirpation der Eierstocksgeschwulst anzustreben. Das Verhalten des Klinikers wird erst schwierig, wenn es sich um kleinere Tumoren des Ovariums handelt, d.h. um Tumoren von unter Faustgröße, bei welchen durch Fluktuation der cystische Charakter gut nachweisbar ist; wir sahen nämlich, daß einfache Follikelcysten und Corpus-luteum-Cysten cystische Geschwülste von diesem Umfange bilden können, ohne daß ihnen eine Proliferations-fähigkeit innewohnt; hier wäre also ein exspektatives Verfahren wohl gerechtfertigt. Doch ist auch hier die differentielle Diagnose z. B. mit proliferierenden Adeno- oder Dermoidkystomen, welche bei der Leichtflüssigkeit des Inhaltes bei Körpertemperatur einen rein cystischen Eindruck bei der Betastung hervorrufen, schwierig; bei diesen wäre aber ein zuwartendes Verfahren kontraindiziert. Die praktische Erfahrung hat gelehrt, das man gut tut, bei cystischen Tumoren bis zu Faustgröße zunächst zu beobachten, ob der Tumor wächst; wenn nicht, so kann man zunächst zuwarten; bei allen größeren Tumoren aber soll die Exstirpation sofort gemacht werden, weil hier die Wahrscheinlichkeit, daß es sich um proliferierende Geschwülste handelt, eine zu große ist. Solide Tumoren des Ovariums verlangen, auch wenn sie unter Kleinfaustgröße sind, unter allen Umständen die sofortige operative Inangriffnahme, weil hier die Wahrscheinlichkeit des malignen Charakters des Tumors eine zu große ist.

Technik der Ovariotomie.

Zur Exstirpation einer Ovarialgeschwulst eignen sich zwei Wege, der abdominelle Weg und der vaginale Weg durch das vordere oder hintere Scheidengewölbe. Ehe wir die Indikation besprechen, wann der eine, wann der andere Weg gewählt werden soll, sei zunächst die operative Technik kurz beschrieben. Die Kranke wird am Tage vorher durch ein Bad wie zu jeder Laparotomie vorbereitet; die Schamhaare werden rasiert, und die Bauchhaut mit einpromilligem Sublaminwasser desinfiziert. Der Hautschnitt kann entweder in der Medianlinie oder paramedian mit Verlagerung des Rectus nach außen gemacht werden, schließlich kann der Längsschnitt durch den Fascienquerschnitt nach Küstner-Pfannenstiel ersetzt werden. Im letzteren Falle muß allerdings bei größeren Tumoren eine Entleerung der Cyste vorgenommen werden, wovor Pfannenstiel wohl nicht ganz mit Recht wegen der Implantationsmöglichkeit von Keimen warnt, denn die Implantationsgefahr ist bei der einfachen Entleerung der Geschwulst während der Operation erfahrungsgemäß doch zu gering. Andererseits hat der Fascienquerschnitt den großen Vorteil, daß die primäre Operationsmortalität stark herabgesetzt, und daß die Gefahr einer nachträglich entstehenden Bauchhernie fast auf Null reduziert ist.

Sobald die Bauchhöhle eröffnet ist, informiert man sich über die topischen Verhältnisse; bei nicht verwachsenen Geschwülsten kommt man mit der Hand leicht an den Uterus, man fühlt, ob der Tumor gestielt oder intraligamentär entwickelt ist, und richtet danach sein weiteres operatives Verhalten ein. Bei gestielten Geschwülsten wälzt man die Geschwulst eventuell nach Verkleinerung vor die Bauchwunde; die Gefäße im Stiel, Arteria spermatica, Art. ligamenti rot, und Endäste der Art. uterina werden nach Durchschneidung des Stiels möglichst einzeln unterstochen und unterbunden; darauf wird
der Stiel durch Uebernähen anliegender Peritonealduplikaturen des Lig. latum überdacht, um den Kontakt der Därme mit unterbundenen Gefäßstümpfen zu vermeiden. Diese sogenannte Peritonisierung verhütet am besten die Gefahr, welche allen Laparotomien innewohnt, nämlich der Verklebung von Därmen mit der Operationsnarbe und nachträglicher Achsendrehung und Wegverlegung des Darms, also des mechanischen Ileus. Ist dann die Bauchhöhle von etwa ausgetretenem Cysteninhalt befreit, so kann die Bauchwunde sofort wieder geschlossen werden. Zeigen sich starke Adhäsionen der Ovarialgeschwulst mit Därmen oder Netz, so müssen diese Millimeter für Millimeter in der richtigen Schicht teils stumpf, teils scharf mit der Schere gelöst werden; ergeben sich bei der Ablösung einer Darmadhäsion große Schwierigkeiten, so soll man sich der Empfehlung v. Olshausens erinnern, bei cystischen Geschwülsten lieber ein Stück Cystenwand am Darm zurückzulassen, als durch mehrfache Darmeröffnung die Prognose der Operation zu sehr zu gefährden.

Besteht auch nur der geringste Verdacht auf Vereiterung oder Verjauchung der Geschwulst, sei es daß ante operationem schon Fieber besteht, sei es daß der Leukocytengehalt des Blutes über die Norm erhöht ist, sei es daß anamnestisch eine vor kurzem erfolgte Stieldrehung anzunehmen ist, so soll unter allen Umständen die Geschwulst in toto uneröffnet herausgebracht werden; tritt trotz aller Vorsicht Eiter oder jauchige Flüssigkeit in die Bauchhöhle aus, so ist dieser sofort abzutupfen; die früheren Empfehlungen, in solchen Fällen durch Gummirohr oder durch Gaze die Bauchhöhle nach außen zu drainieren oder mit Kochsalz die Bauchhöhle auszuspülen, müssen als durch die Erfahrung widerlegt abgelehnt werden.

Die geschlossene Bauchwunde wird schließlich mit einem kleinen Gazeheftpflasterverband zugedeckt; ist die Bauchhöhle durch Fascienquerschnitt eröffnet, so tut man gut, die Frauen mit einem Wickelverband aus Trikotschlauchbinde um den Bauch möglichst am ersten Tage nach der Operation auf kurze Zeit außer Bett zu bringen, weil hierdurch am sichersten unangenehme Komplikationen, wie Schenkelvenenthrombosen, Embolien, paralytischer Ileus usw., vermieden werden.

Der vaginale Weg benutzt, wie wir sahen, zur Eröffnung der Bauchhöhle den vorderen oder den hinteren Douglas. Da sich das Peritoneum im hinteren Douglas vom Uterus aus eine Strecke weit auf die Scheide fortsetzt, so ist die Eröffnung der Bauchhöhle durch das hintere Scheidengewölbe, die sogen. Kolpotomia posterior, das denkbar einfachste Verfahren. Mit einem Scheidenspiegel stellt man sich die Portio ein, hakt diese mit einer Krallenzange an und zieht sie nach unten und symphysenwärts; dadurch wird das hintere Scheidengewölbe straff gespannt; der Schnitt beginnt von der Portio und geht als Medianschnitt direkt nach hinten; er durchtrennt die Scheide und das Peritoneum des Douglas. Um den Zugang zur Bauchhöhle zu erweitern, wird auf den Längsschnitt, nahe am Uterus, noch ein Querschnitt gesetzt. Durch die so gewonnene Oeffnung können wir kleinere cystische Geschwülste nach Entleerung ihres Inhalts leicht in die Scheide luxieren. Wie beim abdominellen Weg, wird der Geschwulststiel in kleinen Partien unterstochen und durchschnitten. Da Eierstocksgeschwülste, solange sie klein sind, im hintern Douglas liegen, so ist für diese die hintere Kolpotomie als das Verfahren der Wahl anzusehen; bei Tumoren, welche schon aus dem kleinen Becken in das große aufgestiegen sind, empfiehlt sich manchmal mehr der Weg durch das vordere Scheidengewölbe. Da das Peritoneum des vorderen Douglas nicht bis auf das vordere Scheidengewölbe heruntergeht, so muß nach querer Durchtrennung der Scheidenwand im vorderen Scheidengewölbe zunächst die Blase stumpf von der Cervix, mit welcher sie durch lockeres Zellgewebe verbunden ist, abgelöst werden; erst dann erscheint die Peritonealduplikatur, welche geöffnet wird. Die Zugänglichkeit zur Bauchhöhle vom vorderen Scheidenschnitt aus ist ebenfalls eine für viele Ovarialgeschwülste, die sich verkleinern lassen, genügende zu nennen; man kann sich den Zugang nach Dührssen noch dadurch erweitern, daß man auf den Querschnitt in der Medianlinie einen Längsschnitt setzt, welcher die Scheide von der Harnröhrenmündung aus bis zum Querschnitt im vorderen Scheidengewölbe durchtrennt, also auch hier eine Art T-Schnitt macht. Gewöhnlich erscheint nach Eröffnung des vorderen Douglas der Uterus, dieser kann mit feinen Häklein vorgezogen, in das Scheidenrohr gestülpt werden, so daß der Ovarialstiel direkt sichtbar wird; dieser wird ligiert, der cystische Tumor seines Inhalts entleert und dann entfernt. Die Bauchhöhle wird durch Naht der Scheidenwunde wieder geschlossen.

Der vaginale Weg ist bei der Entfernung größerer Eierstocksgeschwülste in letzter Zeit mehr und mehr verlassen worden, besonders seitdem der KÜSTNER-PFANNENSTiELSche Fascienquerschnitt uns eine große Sicherheit gegen postoperative Hernien geliefert hat; der einzige Vorteil, welcher dem vaginalen Verfahren besonders nachgerühmt wurde, daß er Bauchhernien vermeidet, ist dadurch hinfällig geworden. Immerhin läßt sich nicht leugnen, daß kleinere cystische Tumoren mit Vorteil besonders durch die Kolpotomia posterior angegriffen werden, vorausgesetzt, daß sie freibeweglich sind; der Eingriff wird dadurch zu dem denkbar kleinsten. Alle größeren Tumoren des Eierstocks werden aber sicherer vom Abdomen aus operiert, weil nur der Bauchschnitt uns genügende Klarheit darüber gibt, ob die Geschwulst freibeweglich ist oder nicht; bei dem vaginalen Weg können nur zu leicht Verwachsungen beim Hervorzerren der Geschwulst unbemerkt einreißen, es kann dann zu sekundären Nachblutungen mit Peritonitis kommen.

Prognose der operativen Entfernung von Eierstocksgeschwülsten.

Wir müssen unterscheiden zwischen primärer Operationsmortalität und sekundärer Sterblichkeit durch Rezidivieren der Geschwülste.

Die primäre Mortalität wird weitgehend abhängig sein einmal von dem Gesundheitszustande des Individuums, in welchem es sich zur Zeit der Operation befindet, ferner von der technischen Schwierigkeit des operativen Eingriff's; bewegliche gutgestielte Ovarialtumoren werden bei gesunder Konstitution des Individuums eine Operationsmortalität von kaum 1/4 Proz. haben; dagegen steigert sich die Mortalität bis auf 6 und 7 Proz., wenn durch intraligamentären Sitz, durch starke Darmadhäsionen die Operation technisch schwierig ist, oder wenn wir an einem kachektischen Individuum operieren müssen. Maligne Eierstocksgeschwülste geben daher auch ceteris paribus schon in der primären Mortalitätsziffer eine schlechtere Prognose als benigne Geschwülste.

Die Prognose quoad Rezidiv hängt von der klinischen Dignität der Eierstockstumoren ab. Hier können wir entsprechend dem anatomischen Aufbau der Eierstockstumoren 3 Gruppen unterscheiden:

1) die absolut gutartigen Neubildungen des Eierstocks,

2) die absolut bösartigen Neubildungen und

3) die anatomisch zweifelhaften Geschwülste.

Zu den absolut gutartigen Geschwülsten rechnen wir die Follikelcysten, die Corpus-luteum-Cysten, das Kystoma serosum simplex, und von den stromatogenen Neubildungen das Fibrom. Wir dürfen nach der vollständigen operativen Entfernung dieser Neubildungen die Prognose quoad Rezidiv durchaus günstig stellen.

Zu den absolut bösartigen Tumoren sind zu rechnen die Eierstockscarcinome; unter diesen besonders ungünstig die papillären Adenocarcinome; ferner die Sarkome mit den Endo- und Peritheliomen sowie die Teratome.
Unter den Sarkomen geben die Fibrosarkome quoad Rezidiv eine viel günstigere Prognose als die Rundzellensarkome.

Man hat berechnet, daß nach vollständiger Entfernung eines einseitig aufgetretenen Eierstockscarcinoms ca. 30 Proz. Dauerheilungen erzielt werden; ist das Carcinom doppelseitig aufgetreten, so ist die Rezidivprognose fast absolut ungünstig zu stellen, auch bei vollständiger Entfernung im Gesunden; dies ist zum Teil dadurch bedingt, daß bei doppelseitigem Auftreten nach Glockner und Amann die Ovarialcarcinome schon Metastasen eines andernorts im Körper lokalisierten primären Tumors vorstellen.

Den klinisch zweifelhaften Neubildungen gehören die proliferierenden Adenokystome an. Von diesen dürfen die Pseudo-mucinkystome noch weitgehend zu den gutartigen Tumoren gerechnet werden, ebenso die reinen serösen Kystadenome. Hofmeier, Pfannenstiel, Glockner, Tauffer, welche ein großes Material nachbeobachtet haben, konnten feststellen, daß die Dauerheilung nach vollständiger Exstirpation dieser Geschwülste noch ca. 98 Proz. beträgt.

Wesentlich ungünstiger stellt sich dagegen die Rezidivprognose bei dem papillären Kystadenom, sowie bei seiner Modifikation, dem Oberflächenpapillom. Einmal fällt hier schwerwiegend ins Gewicht die Häufigkeit, mit welcher bei der Operation schon die Implantation von Papillen auf das benachbarte Peritoneum parietale angetroffen wird, so daß dadurch eine Radikaloperation unmöglich wird; ferner besteht eine weitgehende Neigung dieser Geschwülste zu Carcinombildungen, wobei die Uebergänge vom Papillom zum Carcinom oft fließende genannt werden müssen. Bei den rein papillären Kystadenomen ist bei Fehlen der Aussaat auf das Peritoneum die Häufigkeit der Rezidive nach vollständiger Entfernung noch eine geringe, ca. 10 Proz.; die Zahl ist deswegen hier nicht sicher festzulegen, weil auch sehr spät nach der Operation, ca. 10-12 Jahre später, noch Rezidive sich eingestellt haben. Sind Geschwulstpartikelchen auf dem Peritoneum parietale des Douglas zurückgeblieben, so können diese in vereinzelten Fällen nach Entfernung der primären Ovarial-geschwulst durch die vitale Kraft des Peritoneums zugrunde gehen, und die Frau kann dauernd rezidivfrei bleiben, wenn dies auch nach Pfannenstiel das Seltenere ist; häufiger entsteht an einer oder der andern Stelle eine neue Geschwulst, welche allerdings gewöhnlich äußerst langsam wächst, und oft erst nach einem Jahrzehnt lebhaftere Beschwerden verursacht; nur wenn die belassenen papillären Aussaaten auf dem Peritoneum nachträglich, wie es der Fall sein kann, carcinomatös degenerieren, wird das Ende des Individuums beschleunigt.

Eine besondere Besprechung erfordert das Pseudomyxoma peri-tonei. Wie wir oben sahen, fassen wir das Pseudomyxoma peritonei als eine Implantationsmetastase der in das Peritoneum ausgetretenen Geleemassen eines primären Ovarialtumors auf mit gleichzeitiger chronischer Fremdkörper-Peritonitis. Bei der Entfernung des primären Tumors und, wie es selbstverständlich ist, unvollständigen Entfernung der Geleemassen aus dem Peritoneum kann Dauerheilung eintreten. Leider ist aber dieser Ausgang nicht die Regel. Gewöhnlich kommt es, wenn auch erst im Verlaufe von Jahren, von den Implantationsmassen aus zur Bildung mächtiger neuer Tumormassen in der Bauchhöhle, welche, wie die Erfahrung lehrt, wieder erneut entfernt werden können, aber doch schließlich bei stets erneutem Wachstum den Tod des Individuums an Kachexie herbeiführen.

Das Verhalten des Operateurs ist ein besonders schwieriges unter zwei Umständen, einmal wenn sich bei der Eröffnung der Bauchhöhle herausstellt, daß bei jugendlichen Individuen in der Blüte der Geschlechtsreife beide Ovarien erkrankt sind, ferner dann, wenn er bei der Erkrankung nur eines Ovariums vor die Frage gestellt wird, wie er sich gegenüber dem andern anscheinend gesunden Ovarium verhalten soll.

Die Entfernung beider Ovarien ruft bei Frauen in der Blüte der Geschlechtsreife Nachwirkungen hervor, welche das Wohlbefinden schwer beeinträchtigen. Die sogenannten Ausfallserscheinungen, welche sich bei Kastrierten in Form von Fettsucht, Zirkulationsstörungen, Wallungen, Herzklopfen, schließlich in allgemeinen nervösen Symptomen, gewöhnlich in Form psychischer Depressionen geltend machen, verlangen in jedem Falle bei der Operation der geschlechtsreifen Frau eine gründliche Ueberlegung, ob auch das zweite Ovarium geopfert werden muß.

Handelt es sich um eine cystische Geschwulst beider Eierstöcke, so wird man sich, wenn die makroskopische Besichtigung des Tumors, eventuell mit anschließender mikroskopischer Untersuchung eines Stückes resezierter Cystenwand ergibt, daß es sich um einfache Follikelcysten handelt, bei dem durchaus gutartigen Charakter dieser Geschwulstform mit der Ovarialresektion begnügen, d.h. man wird nur die Cyste oder einen größeren Teil der Cystenwand resezieren, den Ovarialrest aber erhalten. Die Erhaltung eines Restes der Ovarialwand wird ferner in Erwägung gezogen werden müssen bei doppelseitigem Auftreten des Kystoma serosum simplex, des Dermoidkystoms, und von den soliden Tumoren des Fibroms. Selbst auf die Gefahr eines Rezidivs hin soll man sich in diesen Fällen bei Doppelseitigkeit der Erkrankung so verhalten, daß man möglichst einen kleinen Rest von Ovarialsubstanz eines Ovariums erhält. Wie Menge gezeigt hat, gelingt es hierbei oft, die Ausfallserscheinungen hintanzuhalten; natürlich wird die Ovarialresektion bei derartigen Tumoren höchstens bei Frauen bis zur Mitte der 30er Jahre Anwendung finden.

Wie soll sich der Operateur bei der Exstirpation einer Ovarialgeschwulst dem andern normalen Ovarium gegenüber verhalten? Es ist nachgewiesen, daß gewisse Geschwulstbildungen am Eierstock mit Vorliebe doppelseitig auftreten; so wissen wir, daß bei einem Adenokystoma serosum papilläre eines Ovariums häufig das Ovarium der andern Seite entweder gleichzeitig oder doch später erkrankt; wir wissen ferner, daß Sarkome und Carcinome des Ovariums gern doppelseitig auftreten; es besteht also bei derartigen Tumoren stets die Befürchtung, daß selbst bei Intaktheit des einen Ovariums während der Operation sich doch später in dem andern Ovarium ähnliche Geschwulstbildungen entwickeln. Das Sicherste wäre natürlich in jedem Falle, das andere Ovarium, auch wenn es sich bei der Operation noch als intakt erweist, mitzunehmen. Dem widerspricht bei Frauen im geschlechtsreifen Alter die Schwere der Ausfallserscheinungen, welche die Lebensfreude des Individuums so trübt, daß man sich fragen muß, ob man hier nicht eventuell selbst auf die Gefahr einer späteren erneuten Geschwulstbildung im belassenen Ovarium es doch auf eine zweite Operation ankommen lassen soll.

Der im allgemeinen heute hier eingenommene Standpunkt ist folgender: Handelt es sich um eine maligne Neubildung eines Ovariums, sei es Sarkom, Carcinom, Teratom, so soll unter allen Umständen auch bei noch so jugendlichen Individuen das andere Ovarium womöglich mit gleichzeitiger Exstirpation des Uterus entfernt werden. Handelt es sich um, eine gutartige, wenn auch proliferierende Neubildung des einen Eierstocks, so wird das Verhalten des Operateurs je nach dem Verhalten der anatomischen Geschwulst ein verschiedenes sein. Bei der Seltenheit, mit welcher Pseudomucinkystome, Dermoidkystome, das Kystoma serosum Simplex sowie die Follikelcysten doppelseitig auftreten, wird man in jedem Falle das andere Ovarium belassen. Bei dem Kystadenoma serosum wird man sich verschieden verhalten, je nachdem es sich um ein reines Kystadenoma serosum oder um ein Kystadenoma serosum papilläre handelt. Das reine Kystadenoma serosum indiziert nicht die Entfernung des andern gesunden Ovariums; bei dem Kystadenoma serosum papilläre sind dagegen, besonders wenn die Papillenbildungen die Cystenwand durchbrochen haben und auf die Oberfläche des Tumors gelangt sind, so häufig gleichartige Geschwulstbildungen am andern Eierstock beobachtet, daß man bei etwas älteren Individuen, bei Frauen von 30 Jahren und darüber hinaus wohl besser tut, auch das gesund aussehende Ovarium der andern Seite mit zu entfernen, um so mehr, als die papillären Adenokystome ja sehr zu Carcinombildungen im Inneren neigen, welche wir makroskopisch bei der Operation nicht gleich beurteilen können. Hier dürften nur gewisse soziale Verhältnisse ein anderes Vorgehen erlauben, wenn z. B. die Frau noch jung oder kurz verheiratet ist und dringend Nachkommenschaft wünscht; dann darf man unter gleichzeitiger Berücksichtigung der großen klinischen Bedeutung der Ausfallserscheinungen auch bei dem papillären Kystadenom wohl das andere Ovarium belassen, allerdings nur unter der Voraussetzung, daß sich die Frau unter beständiger Kontrolle des Arztes befindet. Die operative Entfernung einer Eierstocksgeschwulst stellt heute im allgemeinen einen so kleinen und lebenssicheren Eingriff dar, daß jugendliche Individuen in solchen Fällen das Risiko einer eventuell zweiten Operation auf sich nehmen können.




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Dieses Buch ist ein altes Fachbuch, der Inhalt entspricht nicht dem aktuellen Stand der Medizin. Angegebene Therapien entsprechen höchstens dem Stand der Medizin zum angegebenen Druckdatum. Dasselbe gilt für eine ggf. angegebene Rezeptur für ein Medikament. Diese entsprechen nicht dem heutigen Stand der Medizin und sind unter Umständen sogar körperlich schädigend. Die Zubereitung von Rezepturen und die Anwendung derselben gehört in die Hände erfahrener Ärzte und Apotheker.
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19. 4. 1882
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