Exfoliatio areata linguae.
Tafel 58, Fig. 95.
Exfoliatio areata linguae.
Bei dieser Affektion treten ohne nachweisbare Ursache an der Spitze und den seitlichen Rändern der Zunge grauweiße, zuweilen gelbliche runde Flecken auf, die rasch weiterschreiten und 1/2 - 3 mm breite Bogenlinien bilden, die eine frischrote, intensiver als die übrige Zunge gefärbte, glatte, etwas eingesunkene Schleimhautstelle einschließen. Die von dicken Epithelmassen gebildeten Ränder breiten sich in Form von Kreissegmenten weiter aus, überschreiten jedoch nicht die Mittellinie, gelangen auch nur ausnahmsweise auf die untere Seite der Zunge. Durch Konfluieren mit benachbarten Kreisabschnitten, sowie durch Auftreten frischer Ringe im Zentrum entstehen zierliche, guirlanden- oder landkartenähnliche Bilder. Allmählich werden die zentralen Partieen blasser, kehren zur Norm zurück, die weißlichen Ränder verschwinden und die kranken Stellen heilen ohne Narben ab, doch wird durch frische Nachschübe der Prozeß sich meist auf Monate, ja auf viele Jahre erstrecken.
Die subjektiven Beschwerden sind in der Regel gering und bestehen in einer gewissen Überempfindlichkeit, doch werden zuweilen auch stärkere Schmerzen beobachtet.
Am häufigsten kommt die Erkrankung bei Kindern vor, bei denen im Alter von 5 - 6 Jahren meist Heilung eintritt; bei Erwachsenen ist sie von unbegrenzter Dauer. Die Ätiologie ist durchaus unbekannt; in einigen Fällen wurde Heredität festgestellt.
Die
Diagnose ist aus den charakteristischen, rasch fortschreitenden Ringen und den von ihnen eingeschlossenen, intensiv roten Schleimhautpartieen leicht zu stellen; syphilitische Schleimhautplaques sind weniger rot gefärbt, ihr Epithel im allgemeinen nicht nur am Rande weißlich getrübt, sie sind schmerzhaft, öfter erodiert und verändern ihre Konfiguration nicht so rasch; schließlich schwinden sie auf spezifische Behandlung. Die Leukoplakie der Zunge zeigt ein konstantes Bild ohne frisch entzündliche Erscheinungen.
Die
Prognose ist insofern günstig, als schwerere Erkrankungen aus der Exfoliatio areata nicht entstehen; quoad sanationem ist sie bei Erwachsenen sehr dubiös.
Eine wirksame
Therapie ist nicht bekannt; Spülungen mit Kamillen- oder Heidelbeerdekokt, mit Borsäure, Kochsalz, Kali chloricum etc. haben ebenso wie Ätzungen mit Acid. lactic, Chromsäure, Lapis und anderen Mitteln nur vorübergehenden Erfolg.
Anm. 95. Moulage des Hopital St. Louis in Paris (Baretta). No. 2235. Meureman und Ramond.