Lageveränderungen der Vagina ohne Mitbeteiligung des Uterus.
Vorfall der Vagina, unabhängig von Lageveränderungen des Uterus, dem Vorfall, dem Desceusus und der Retroversio-flexio, kann die vordere wie hintere Wand betreffen.
Prolaps der vorderen Wand ist Folge nicht genügender puerperaler Rückbildung der Vagina und der vulvaren Schlußapparate, ist mitunter auch die Konsequenz von Dammspalten (cf. daselbst). Durch die solidarische feste Verbindung der vorderen Scheidenwand mit der Blase geht der Vorfall der vorderen Wand notwendigerweise mit der entsprechenden Blasendivertikelbildung (Cystocele) einher. Je mehr die völlige Entleerung der Blase um dieser Divertikelbildung willen erschwert ist, je mehr bei jedem Akte der Blasenentleerung die Bauchpresse angestrengt werden muß, um so größer wird allmählich der Vorfall und die Cystocele. Dieser Circulus vitiosus kann zu erheblichen Prolapsen der vorderen Scheidenwand führen.
Viel häufiger ist der Prolaps der vorderen Scheidenwand die Konsequenz des Tiefstandes (d.i. Retroversio-flexio) des Uterus. Die fehlerhafte Stellung des Uterus wird bei der Betrachtung und auch bei der Behandlung des Prolapsus vaginae anterior häufig übersehen.
Therapeutisch ist eine ausgiebige ovaläre Resektion der vorderen Scheidenwand mit Ablösung und Zurücknähung der Blase mit versenkten Nähten und sagittalem Verschluß der ovalen Scheidenwunde am Platze.
Größere Gewähr für die Dauerheilung auch solcher Scheidenprolapse, bei welchen die Uteruslage normal ist, gewährt die vaginale Fixur des Uterus. Dieser, unterhalb der Blase an die Vagina fixiert, hindert das Wiederentstehen der Cystocele. Dieses Verfahren ist jedoch nur bei Frauen anzuwenden, welche nicht mehr konzipieren können (vgl. Kap. VIII und IX).
Ueber die Behandlung des vorderen Scheidenvorfalles, soweit er Folge von Uterusdeviation oder Dammspalt ist, vergl. Kap. IX und V.
Prolaps der hinteren W a n d wird öfter unabhängig von Lageabweichungen des Uterus angetroffen und dann stets als Konsequenz von fehlerhaft verheilten, meist partiellen Dammrissen. Auch diese Vorfälle sind jedoch durchaus nicht konstant, mit Divertikelbildung des benachbarten Hohlorganes, des Rectums (Rectocele), vergesellschaftet. Das konsekutive Defäkationserschwernis vergrößert den Vorfall allmählich, ebenso wie die erschwerte Urinausscheidung die Cystocele.
Die Therapie deckt sich mit der des partiellen Dammspaltes. Nur muß bei Rectocelenbilduug auf eine Ablösung des Rectumdivertikels bei der Operation, eine entsprechende Zurücknähung dieses durch verlorene Nähte und eine querüber erfolgende Vernähung der hinteren Enden der Musculi puborectales das nötige Gewicht gelegt werden.
Nur palliative Erfolge sowohl dem vorderen wie hinteren Scheidenprolaps gegenüber werden durch Einlegen von Pessaren in die Scheide erzielt. Zweck und Effekt des Pessars ist in diesen Fällen Scheidendehnung und Scheidenstreckung. Dadurch wird das Hervortreten von Scheidenabschnitten vor die Vulva verhindert. Nicht beabsichtigt wird durch die Pessarapplikation eine Dauerwirkung im Sinne der Rechtlagerung des Uterus, weil dieser normal liegt. Deshalb genügen für die Scheidenprolapse ohne Uterusdeviation die einfachsten Pessarformen: einfache Hartkautschukringe oder HODGE-Pessare. Weiche Gummiringe sind, weil Hypersekretion und Gestank verursachend, zu vermeiden (vgl. Kap. VIII und IX).
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