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Organon der Heilkunst

Samuel Hahnemann, 6. Auflage, Ausgabe 1921

 

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§52 bis §81
Die Homöopathie, die Allöopathie.

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§59


Noch nie in der Welt wurden bedeutende Symptome anhaltender Krankheiten durch solche palliative Gegensätze behandelt, ohne daß nach wenigen Stunden das Gegentheil, die Rückkehr, ja offenbare Verschlimmerung eines solchen Uebels erfolgt wäre. Gegen langwierige Neigung zu Tagesschläfrigkeit verordnete man den, in seiner Erstwirkung ermunternden Kaffee, und als er ausgewirkt hatte, nahm die Tagesschläfrigkeit zu; - gegen öfteres nächtliches Aufwachen gab man, ohne auf die übrigen Symptome der Krankheit zu sehen, Abends Mohnsaft, der seiner Erstwirkung zufolge, für diese Nacht einen betäubenden, dummen Schlaf zuwege brachte, aber die folgenden Nächte wurden dann noch schlafloser; - den chronischen Durchfällen setzte man, ohne auf die übrigen Krankheits-Zeichen Rücksicht zu nehmen, eben diesen, in seiner Erstwirkung Leib verstopfenden Mohnsaft entgegen, aber nach kurzer Hemmung des Durchfalls ward derselbe hinterdrein nur desto ärger; - heftige, oft wiederkehrende Schmerzen aller Art konnte man mit dem Gefühl betäubenden Mohnsaft nur auf kurze Zeit unterdrücken, dann kamen sie stets erhöhet, oft unerträglich erhöhet, wieder zurück, oder andere, weit schlimmere Uebel dafür - Gegen alten Nachthusten weiß der gemeine Arzt nichts Besseres, als den, jeden Reiz in seiner Erstwirkung unterdrückenden Mohnsaft zu geben, welcher danach die erste Nacht vielleicht schweigt, aber die folgenden Nächte nur desto angreifender wiederkehrt, und wenn er dann nochmals und abermals mit diesem Palliative in hochgesteigerter Gabe unterdrückt wird, so kommt Fieber und Nachtschweiß hinzu; - eine geschwächte Harnblase und daher rührende Harnverhaltung, suchte man durch den antipathischen Gegensatz der, die Harnwege aufreizenden Cantharidentinctur zu besiegen, wodurch zwar Anfangs Ausleerung des Urins erzwungen, hinterdrein aber die Blase noch unreizbarer und unvermögender wird, sich zusammenzuziehen, und die Harnblasen-Lähmung ist vor der Thüre; - mit den, in starker Gabe, die Därme zu häufiger Ausleerung reizenden Purgir-Arzneien und Laxir-Salzen wollte man alte Neigung zu Leibverstopfung aufheben, aber in der Nachwirkung ward der Leib nur desto verstopfter; - langwierige Schwäche will der gemeine Arzt durch Weintrinken heben, was doch nur in der Erstwirkung aufreizt, daher sinken die Kräfte nur desto tiefer in der Nachwirkung; - durch bittere Dinge und hitzige Gewürze will er langwierig schwache und kalte Magen stärken und erwärmen, aber der Magen wird von diesen, nur in der Erstwirkung aufregenden Palliativen, in der Nachwirkung nur desto unthätiger; - lang anhaltender Mangel an Lebenswärme so wie Frostigkeit, soll auf verordnete warme Bäder weichen, aber desto matter, kälter und frostiger werden die Kranken hinterdrein; - stark verbrannte Theile fühlen auf Behandlung mit kaltem Wasser zwar augenblickliche Erleichterung, aber der Brennschmerz vermehrt sich hinterdrein unglaublich; die Entzündung greift um sich und steigt zu einem desto höhern Grade; - durch Schleim erregende Niesemittel will man alten Stockschnupfen heben, merkt aber nicht, daß er durch dies Entgegengesetzte immer mehr (in der Nachwirkung) sich verschlimmert und die Nase nur noch verstopfter wird; - mit den, in der Erstwirkung die Muskelbewegung stark aufreizenden Potenzen der Electricität und des Galvanismus, setzte man langwierig schwache, fast lähmige Glieder schnell in thätigere Bewegung; die Folge aber (die Nachwirkung) war gänzliche Ertödtung aller Muskel-Reizbarkeit und vollendete Lähmung; - mit Aderlässen wollte man langwierigen Blutandrang nach dem Kopfe und nach andern Theilen hin, z. B. bei Herzklopfen, wegnehmen, aber es erfolgte darauf stets größere Blut-Anhäufung in diesen Organen, stärkeres, häufigeres Herzklopfen u.s.w. - die lähmige Trägheit der Körper- und Geistesorgane, mit Besinnungslosigkeit gepaart, welche in vielen Typhus-Arten vorherrschen, weiß die gemeine Arzneikunst mit nichts Besserm zu behandeln als mit großen Gaben Baldrian, weil dieser eins der kräftigsten, ermunternden und beweglich machenden Arzneimittel sei; ihrer Unwissenheit war aber nicht bekannt, daß diese Wirkung bloß Erstwirkung ist und daß der Organism nach derselben, jedesmal in der Nachwirkung (Gegenwirkung) in eine desto größere Betäubung und Bewegungslosigkeit, das ist, in Lähmung der Geistes- und Körper-Organe (selbst Tod) mit Gewißheit verfällt; sie sahen nicht, daß gerade diejenigen Kranken, die sie am meisten mit dem hier opponirten, anthipathischen Baldrian fütterten, am unfehlbarsten starben. - Der Arzt alter Schule *

* M. S. Hufeland in seinem Pamphlet: die Homöopathie S. 20.


frohlockt den kleinen, schnellen Puls in Kachexien schon mit der ersten Gabe von dem in seiner Erstwirkung den Puls verlangsamernden Purpur-Fingerhut, auf mehrere Stunden langsamer erzwungen zu haben, aber bald kehrt dessen Geschwindigkeit verdoppelt zurück; wiederholte, nun verstärkte Gaben bewirken immer weniger und endlich gar nicht mehr Minderung seiner Schnelligkeit, vielmehr wird er in der Nachwirkung nun unzählbar; Schlaf, Eßlust und Kraft weichen und der baldige Tod ist unausbleiblich, wenn nicht Wahnsinn entsteht. Wie oft man, mit einem Worte, durch solche entgegengesetzte (antipathische) Mittel, in der Nachwirkung die Krankheit verstärkte, ja oft noch etwas Schlimmeres damit herbeiführte, sieht die falsche Theorie nicht ein, aber die Erfahrung lehrt es mit Schrecken.


§60


Entstehen nun diese, vom antipathischen Gebrauche der Arzneien sehr natürlich zu erwartenden, übeln Folgen, so glaubt der gewöhnliche Arzt sich dadurch zu helfen, daß er, bei jeder erneueten Verschlimmerung, eine verstärktere Gabe des Mittels reicht, wovon dann ebenfalls nur kurz dauernde Beschwichtigung *

* Alle gewöhnlichen Palliative für die Leiden des Kranken haben (wie man hier sieht) zur Nachwirkung eine Erhöhung derselben Leiden und die ältern Aerzte mußten daher die Gaben verstärkt wiederholen, um eine ähnliche Minderung hervorzubringen, die dennoch nie von Dauer war, nie hinreichte, um eine verstärkte Rückkehr des Leidens zu verhindern.

Aber Broussais, während er vor 25 Jahren die unsinnige Mischerei mehrerer Droguen in den Recepten der Aerzte bestritt und ihr in Frankreich ein Ende machte (was ihm die Menschheit billig verdankt), führte durch sein sogenanntes physiologisches System (ohne der schon damals verbreiteten, homöopathischen Heilkunst zu achten) eine, die Leiden der Kranken wirksam mindernde und (was die bis dahin üblichen Palliative nicht vermocht hatten) die verstärkte Rückkehr aller ihrer Leiden dauerhaft hindernde Curart ein, die sich auf alle Krankheiten der Menschen erstreckte. Unfähig, die Krankheiten mit milden, unschuldigen Arzneien wirklich zu heilen und Gesundheit herzustellen, fand Broussais den Ieichtern Weg, die Leiden der Kranken auf Kosten ihres Lebens nach und nach immer mehr und mehr zu stillen und endlich mit dem Leben ganz auszulöschen; eine Curart, die leider seinen kurzsichtigen Zeitgenossen genügte. - Je mehr der Kranke noch Kräfte hat, desto auffallender sind seine Beschwerden, desto lebhafter fühlt er seine Schmerzen. Er wimmert, er stöhnt, er schreit, er ruft um Hülfe, stärker und stärker, so daß die Umstehenden nicht schnell genug zum Arzt eilen können, um ihm Ruhe zu verschaffen. Broussais hatte nur nöthig, die Lebenskraft des Kranken herabzustimmen, immer mehr und mehr zu mindern und siehe! je öfterer er ihm zur Ader ließ und durch jemehr Blutegel und Schröpfköpfe er ihm den Lebenssaft aussaugen ließ (denn fast an allen Leiden sollte, nach ihm, das unschuldige, unersetzliche Blut, schuld sein!) desto mehr verlor der Kranke die Kraft, Schmerzen zu empfinden, oder durch heftige Klagen und Gebehrden seinen verschlimmerten Zustand auszudrücken. Der Kranke scheint nun um desto ruhiger, je schwächer er geworden ist; die Umstehenden freuen sich seiner scheinbaren Besserung und eilen, wenn die Krämpfe, die Erstickung, die Angst-Anfälle, oder die Schmerzen sich erneuern wollen, wieder zu den Mitteln, welche schon so schön beruhigt hatten und Aussicht auf abermalige Beruhigung geben; (in langwierigen Krankheiten und wenn der Kranke noch etwas kräftig war, hatte er sich schon die Nahrung entziehen und Hunger-Diät halten müssen, um das Leben desto erfolgreicher herabzustimmen und den beunruhigenden Zuständen ein Ziel zu setzen). Der schon so sehr geschwächte Kranke fühlt sich unfähig, gegen die fernere Schwächung durch Aderlaß, Blutegel, Blasenpflaster, warme Bäder u.s.w. zu protestiren oder sie zu verwehren.

Daß auf solche, oft wiederholte Minderung und Erschöpfung der Lebenskraft, Tod erfolgen müsse, merkt der seines Bewußtseins immer weniger und weniger mächtige Kranke schon nicht mehr und die Anverwandten werden durch einige Minderung, auch der letzten Leiden des Kranken, mittels Blutabzapfens und lauer Bäder so eingeschläfert, daß sie sich verwundern, wie der Kranke unvermuthet ihnen so eben unter den Händen wegsterben konnte. „Da man jedoch, weiß Gott! den Kranken auf seinem Krankenlager anscheinend nicht mit Heftigkeit behandelte, da der kleine Lanzet-Stich bei jedem Aderlaß nicht eben schmerzhaft und die Gummi-Auflösung in Wasser, (eau de gomme, fast die einzige Arznei, die Broussais erlaubte) nur milde von Geschmack und ohne sichtbare Wirkung ist, auch die Blutegel nur etwas beißen und die vom Arzte verordnete Menge Blut ganz in der Stille abziehen und so die lauen Wasserbäder doch auch nur besänftigen können, so muß die Krankheit wohl gleich von vorne herein tödtlich gewesen sein, so daß der Kranke, trotz aller Bemühungen des Arztes die Erde verlassen mußte." So trösteten sich die Anverwandten und vorzüglich die Erben des selig Verstorbnen.

Die Aerzte in Europa und anderwärts ließen sich diese so bequeme Behandlung aller Krankheiten über Einen Leisten gar wohl gefallen, da sie ihnen alles Nachdenken (die mühsamste Arbeit unter der Sonne!) ersparte und sie dabei bloß zu sorgen hatten, „die Erinnerungen des Gewissens zu besänftigen und sich etwa damit zu trösten, daß sie nicht Urheber dieses Systems und dieser Curart wären, daß alle übrigen Tausende von Broussaisten eben so thäten und daß vielleicht auch mit dem Tode Alles vorbei sei, wie es ihnen ihr Meister öffentlich gelehrt hatte." So wurden viele Tausend Aerzte jämmerlich verführt (uneingedenk der Donnerworte des ältesten unserer Gesetzgeber: „Du sollst kein Blut vergießen, denn das Leben ist im Blute") mit kaltem Herzen das warme Blut ihrer heilungsfähigen Kranken in Strömen zu vergießen und so mehr Millionen Menschen (Broussaisch) allmäIig ihres Lebens zu berauben, als stürmisch in Napoleons Schlachten fielen -. Mußte vielleicht, nach der Fügung Gottes, jenes System Broussais ’s, das Leben der heilbaren Kranken medicinisch zu vernichten, vorausgehen, um der Welt die Augen zu öffnen für die einzig wahre Heilkunst, die Homöopathie, worin alle heilbaren Kranken Genesung und Wiederbelebung finden, wenn diese schwerste aller Künste, von einem unermüdeten, scharfsinnigen Arzte, rein und gewissenhaft ausgeübt wird ?


und bei dann noch nöthiger werdenden, immer höherer Steigerung des Palliativs, entweder ein anderes, größeres Uebel, oder oft gar Unheilbarkeit, Lebensgefahr und Tod erfolgt, nie aber Heilung eines etwas älteren oder alten Uebels.


§61


Wären die Aerzte fähig gewesen, über solche traurige Erfolge von opponirter Arzneianwendung nachzudenken, so würden sie schon längst die große Wahrheit gefunden haben, dass im geraden Gegentheile von solcher antipathischen Behandlung der Krankheitssymptome, die wahre, dauerhafte Heilart zu finden sein müsse; sie würden inne geworden sein, daß, so wie eine den Krankheitssymptomen entgegengesetzte Arznei-Wirkung (antipathisch angewendete Arznei) nur kurzdauernde Erleichterung und nach ihrer Verfließung stets Verschlimmerung zur Folge hat, nothwendig das umgekehrte Verfahren, die homöopathische Anwendung der Arzneien nach ihrer Symptomen-Aehnlichkeit eine dauernde, vollständige Heilung zuwege bringen müsse, wenn dabei das Gegentheil ihrer großen Gaben, die allerkleinsten gegeben würden. Aber weder hiedurch, noch dadurch, daß kein Arzt je eine dauerhafte Heilung in ältern oder alten Uebeln bewirkte, wenn sich in seiner Verordnung nicht von ungefähr ein vorwirkendes homöopathisches Arzneimittel befand, auch nicht dadurch, daß alle schnelle, vollkommne Heilung, die je von der Natur zu Stande gebracht worden (§. 46), stets nur durch eine ähnliche, zu der alten hinzugekommene Krankheit bewirkt ward, kamen sie in einer so großen Reihe von Jahrhunderten, auf diese einzig heilbringende Wahrheit



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Dieses Buch ist ein altes Fachbuch, der Inhalt entspricht nicht dem aktuellen Stand der Medizin. Angegebene Therapien entsprechen höchstens dem Stand der Medizin zum angegebenen Druckdatum. Dasselbe gilt für eine ggf. angegebene Rezeptur für ein Medikament. Diese entsprechen nicht dem heutigen Stand der Medizin und sind unter Umständen sogar körperlich schädigend. Die Zubereitung von Rezepturen und die Anwendung derselben gehört in die Hände erfahrener Ärzte und Apotheker.
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