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Lehrbuch der Gynäkologie

Otto Küstner, 4.Auflage 1910

 

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IV. ABSCHNITT.
Die Krankheiten der Tuben, Ovarien und benachbarten Gewebsabschnitte.

Kapitel XV.
Die Krankheiten der Tuben. Bildungsanomalien, Entzündungen.
Von Albert Döderlein.

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Pathologische Anatomie.


Durch die große Verschiedenheit der in Betracht kommenden Entzündungserreger, wie nicht minder durch die Verschiedenheit der Immigrationswege erklärt es sich, daß wir nicht immer die gleichen Veränderungen in der Tube auftreten sehen. In erster Linie müssen wir eine Endosalpingitis und eine Salpingitis interstitialis unterscheiden.


Fig. 232. Doppelseitige Pyosalpinx mit ausgedehnten perisalpingitischen und perioophoritischen Verwachsungen. Vaginale Radikaloperation.

Die Endosalpingitis wird durch in das Lumen der Tube eingewanderte Spaltpilze erzeugt, als deren Prototyp auch der überwiegenden Häufigkeit zufolge der Gonococcus gelten mag. Die durch ihn erzeugten Veränderungen setzen in der Oberfläche der Schleimhaut ein, indem die Kokken in die Cylinderepithelien eindringen oder zwischen ihren Spalten in das interstitielle Gewebe einrücken. Die Cylinderepithelien verlieren ihre Wimperhaare, gehen dann selbst zugrunde, die Oberfläche der in den Zustand akuter Entzündung, kleinzelliger Infiltration geratenden Schleimhaut zeigt hier und dort noch veränderte Reste kümmerlicher Epithelien, bietet in der Hauptsache aber und schließlich überall das Bild unbedeckten Granulationsgewebes dar, wobei die reichlich verzweigten Schleimhautfalten mehr und mehr verschwinden oder miteinander verkleben, so daß abgeschlossene Hohlräume entstehen. Salpingitis pseudofollicularis (MARTIN). Die Wandung der Tube verdickt sich durch Einlagerung von Entzündungsprodukten, an einzelnen Stellen, so besonders am Isthmus uterinus, treten bis haselnußgroße, zirkuläre, harte Verdickungen in der Tubenwand auf, Salpingiti s isthmica nodosa. In das Tubenlumen wird eiteriges Sekret produziert, das teils nach dem Ostium uterinum, teils auch nach dem Ostium abdominale zu sich verteilt. An letzterem kommt nun alsbald und in dem Maße, als das reizende, bakterien- und leukocytenreiche Sekret zufließt, die den serösen Häuten und ganz besonders dem Peritoneum eigene Neigung zu abkapselnden Verwachsungen zur Geltung. Die Tubenfransen verkleben rasch und lückenlos mit ihrer Umgebung, Beckenperitoneum, Ovarium, Darmwand, Uterusperitoneum, kurz mit allem, was in ihrer Nachbarschaft liegt, und die freie Kommunikation des Tubenlumens mit der Bauchhöhle ist aufgehoben. Der Zweck eines derartigen Abschlusses ist so klar, daß er sich uns unmittelbar aufdrängt, es ist die Beschränkung der Erkrankung auf möglichst kleine Gebiete der Bauchhöhle dadurch, daß der weitere Zufluß bakterienhaltiger, infektiöser Sekrete verhindert ist.
Außer durch das Festkleben des Ostiums mit seiner Umgebung kann auch eine andere Mechanik des Tubenverschlusses eintreten, nämlich durch Verkleben der Peritonealflächen der Fransen unter gleichzeitigem Einwärtsrollen "Inversio ostii tubarum abdominalis", so daß dann der Verschluß ein direkter wird, während er im ersteren Falle ein indirekter genannt werden kann. Die Folge des Verschlusses ist in jedem Fall ein Anstauung des sich in den Tubenkanal ergießenden Eiters, der wohl noch durch das Ostium uterinum einen Abfluß hätte, aber auch hier durch die auftretende Induration und die dadurch bewirkte Stenosierung zurückgestaut wird.


Fig. 233. Pyosalpinx.

Allmählich wandeln sich dann die ihrer Mündungen beraubten Tuben in bis zu Faustgröße und darüber anschwellende, allseitig in der Beckenhöhle fest verlötete Eitersäcke um, Pyosalpinx, Sactosalpinxpurulenta oder apostematosa, wodurch Veränderungen vollkommen irreparabler Art erzeugt sind.

Der Inhalt dieser Eitertuben zeigt markante Unterschiede, je nach Art der Entzündungserreger, sowie nach Alter der Erkrankung. Den gonorrhoischen Eitertuben kommt dünnflüssiger bis rahmiger, gelbgrünlicher Eiter zu, in welchem nur in etwa 1/i der Fälle die Gonokokken noch nachweisbar sind; in den meisten Fällen sind die Gonokokken in diesem abgekapselten alten Eiter im Laufe der Zeiten wahrscheinlich an ihren eigenen Toxinen zugrunde gegangen. Mischinfektionen kommen hier wohl nicht vor, die Gonokokken finden sich, wenn überhaupt, dann allein. Die tuberkulöse Pyosalpinx ist ausgezeichnet durch zähen, käsigen Eiter, der mehr einem Atherombrei als einem Absceßeiter gleicht. Untersucht man bei solch käsigen Eitertuben die Wand sorgfältig in mikroskopischen Serienschnitten, so findet man die histologischen Beweise der Tuberkulose. Die Tuberkelbacillen vergesellschaften sich wahrscheinlich auch in der Tube wie in der Lunge mit Streptokokken, so daß hier Mischinfektionen glaubhaft erscheinen.

Die interstitielle Salpingitis setzt im Gegensatz zu der vorigen in der Wand der Tube zwischen den Muskellamellen ein, wahrscheinlich ihren Ausgang von den Lymphgefäßen nehmend. Es sind auch hier vorwiegend die pyogenen, die Lymphbahnen zum Fortkriechen liebenden Streptokokken und Staphylokokken. Schließlich verwischen sich die Krankheitsbilder, wie aus dem Gesagten hervorgehen dürfte, insofern die interstitielle Salpingitis auch zum Untergang der Schleimhaut, zu Verschluß der Tuben und Pyosalpinxsäcken führt, wie auch andererseits die Endosalpingitis in ihren späteren Stadien stets mit herdförmigen oder ausgebreiteten Erkrankungen der ganzen Dicke der Tubenwand kombiniert ist. Nicht selten führen diese interstitiellen herdförmigen Infiltrationen zu eiterigem Einschmelzen des Gewebes, also zu Wandungsabscessen, Salpingitis interstitialis disseminata (ZWEIFEL).

Den Inhalt der oft recht großen Tubensäcke kann außer Eiter auch Blut oder helles Serum bilden, Haematosalpinx, Sactosalpinx haemorrhagica und Hydrosalpinx, Sactosalpinx serosa.

Die häufigste Ursache zu Blutansammlung in einer Tube, Haematosalpinx, gibt die Tubargravidität ab. Der Vorschlag von VEIT, diese Form der Tubengeschwulst ebenso wie die auf dem Boden einer Neubildung entstandene Bluttube in besondere Kapitel zu verweisen, wird auch von mir als zweckmäßig befunden und befolgt.


Fig. 234. Pyosalpinx mit Pyoovarium aufgeschnitten. Die prall mit Eiter erfüllte Tube innig mit dem von Eiterherden durchsetzten, cystisch degenerierten Ovarium verwachsen. Exstirpation durch Laparotomie.

Unter den nicht auf Tubargravidität zurückzuführenden Ursachen zu Haematosalpinx ist in erster Linie die Atresie des Genitalrohres zu nennen. Mag diese am Hymen, in der Scheide oder Cervix sitzen, immer muß nach Eintritt der Pubertät und bei funktionsfähigem Uterus eine Menstrualblutansammlung hinter der Verschlußstelle erfolgen, welche zu Haematocolpos, Haematometra und schließlich Haematosalpinx führt. Nach den Anschauungen von NAGEL und VEIT sind alle Atresien bei gut entwickelten Genitalien erworben und nur jene in rudimentären Organen als Entwickelungsfehler aufzufassen. Damit wird auch der infektiöse Charakter der gestauten Sekrete und der durch diese ausgelöste Entzündungsreiz, der namentlich zur Verwachsung des Ostium abdominale tubae zwingt, erklärt. Daß aber das Blut allein, ohne Entzündungserreger, einen abdominellen Tubenverschluß erzeugen kann, darf nicht ganz in Abrede gestellt werden. Nach VEIT allerdings wäre die „gynatrietische Haematosalpinx" stets das Produkt einer Infektion der Tube, und das Vorkommen einer Haematosalpinx bei Atresie führe zu dem Schluß, daß die Atresie eine erworbene sein müsse.


Fig. 235. Hydrosalpinx. Exstirpation durch Laparotomie.

Außerdem geben zu Blutungen in die Tube Anlaß Stieltorsionen, Gefäßerkrankungen, Verletzungen. Akute Infektionskrankheiten, wie Cholera, Typhus, Masern, sollen ebenso wie in der Uterusschleimhaut, so auch in derjenigen der Tube Hämorrhagien zu erzeugen vermögen. Die Entstehung der Hydrosalpinx hat man bisher so aufgefaßt, daß sie die Endstadien der Pyosalpinx darstelle, indem der Eiter nach Absterben der Bakterien, Aufhören der Entzündung und deren Produktion sich allmählich im Laufe der Jahre in Serum umwandle. MENGE hat gegen diese Auffassung mit Recht und Erfolg Front gemacht und zwar mit der Begründung, daß er niemals in den von ihm untersuchten Fällen Bakterien nachweisen konnte, besonders aber weil er nur ganz ausnahmsweise Entzündungsprodukte in der Wandung der Hydrosalpinx fand, dagegen in der Regel außerordentlich verdünnte, aber völlig intakte Wand mit zwar druckatrophischer, aber geweblich intakter Schleimhaut, welcher sogar noch wimpernde Cilien aufsaßen.

An die Stelle der früheren, nicht mehr haltbaren Entstellungserklärung der Hydrosalpinx setzt MENGE folgende, der ich durchaus beipflichte: In erster Linie werden es perisalpingitische, pelveoperitonitische Prozesse sein, erregt durch vom Uterus her auf dem Wege der Lymphbahnen eingewanderte, pyogene Keime, welche außer zahlreichen entzündlichen Verwachsungen an den anderen Beckenorganen auch im Bereiche des Ostium abdominale tubae eine adhäsive Entzündung erregen, welche schließlich zum Verschluß der gesunden Tube führt, Durch Sekretstauung in dieser verschlossenen, aber von einer normalen Schleimhaut ausgekleideten Tube entsteht die Hydrosalpinx.

Freilich setzt diese Hypothese eine weitere voraus, die bisher nicht bewiesen werden konnte, daß nämlich die gesunde Tubenschleimhaut sezerniert, oder daß perisalpingitische Reizungen eine seröse Transsudation in die Tube zu erzeugen vermögen, und weiterhin, daß solches Sekret nicht ohne weiteres durch das Ostium uterinum Abfluß hat. Da die Tubenschleimhaut wohl sehr faltenreich ist, aber keine Drüsen enthält, so darf die Sekretion nicht als selbstverständlich angesehen werden, und Tierexperimente, welche zum ßehufe des Studiums der Tubensekretion und etwaiger Sekretströmung ausgeführt wurden, lieferten keine eindeutigen Resultate, insofern die einen Autoren bei Verschluß des uterinen Endes der Tube, andere bei Abbinden des abdominalen Endes Hydrosalpinx entstehen sahen, während wiederum anderen dies nur gelang, wenn gleichzeitig Infektionserreger eingeführt worden waren.

Ob bei der Entstehung der Hydrosalpinx außer diesen mechanischen Momenten bakterielle Einflüsse einen Anteil haben, kann zur Zeit nicht entschieden werden.

Eine andere Entstellungsmöglichkeit der Hydrosalpinx erkennt MENGE bei den seltenen Fällen, in welchen sich entzündliche Veränderungen in der Tubenwand finden, wobei er annimmt, daß der Verschluß der Tube erst nach Aufhören des eiterigen Stadiums der Entzündung zustande gekommen ist, so daß nicht mehr Eiter, sondern nur noch Serum produziert wurde.

Verklebt das Tubenende mit dem Ovarium, so daß zwischen später sich eröffnenden Cysten oder geplatzten GRAAFschen Follikeln eine Kommunikation mit der Hydrosalpinx eintreten kann, dann entstehen jene kombinierten Tuben-Eierstocksgeschwülste, welche als Tuboovarialcysten längst bekannt sind. Es ist wohl annehmbar, daß relativ harmlose peritubare Blutungen, wie sie etwa beim Platzen GRAAFScher Follikel auftreten können, oder auch Blutergüsse bei frühzeitigem tubaren Abortus, vielleicht auch mechanische Momente, wie sie in Tumoren der Genitalien gegeben sind, bei der Organisation des ergossenen Blutes zu einem dauernden Verschluß des Ostium abdominale und so zu Hydrosalpinx Anlaß geben.




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Dieses Buch ist ein altes Fachbuch, der Inhalt entspricht nicht dem aktuellen Stand der Medizin. Angegebene Therapien entsprechen höchstens dem Stand der Medizin zum angegebenen Druckdatum. Dasselbe gilt für eine ggf. angegebene Rezeptur für ein Medikament. Diese entsprechen nicht dem heutigen Stand der Medizin und sind unter Umständen sogar körperlich schädigend. Die Zubereitung von Rezepturen und die Anwendung derselben gehört in die Hände erfahrener Ärzte und Apotheker.
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