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Organon der Heilkunst

Samuel Hahnemann, 6. Auflage, Ausgabe 1921

 

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EINLEITUNG
Hinblick auf das bisherige Mediciniren, Allöopathie und Palliativ-Curen der bisherigen alten Arzneischule.

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Grundlagen der bisherigen Therapie


Doch glaubte die bisherige Arzneischule, weil's ihr doch wohl verständiger deuchtete, wo möglich einen andern, geraden Weg zu suchen, als Umwege einzuschlagen, noch Krankheiten direkt aufzuheben durch Wegschaffung der (angeblichen) materiellen Krankheits-Ursache - denn der gewöhnlichen Arzt-Schule war es fast unmöglich, sich bei Ansicht und Beurtheilung einer Krankheit und eben so wenig bei Aufsuchung der Cur-lndication von diesen materiellen Begriffen loszumachen und die Natur des geistigkörperlichen Organism's für ein so hoch potenzirtes Wesen anzuerkennen, daß die Abänderungen seines Lebens in Gefühlen und Thätigkeiten, die man Krankheiten nennt, hauptsächlich, ja fast einzig durch dynamische (geistartige) Einwirkungen bedingt und bewirkt werden könnten.

Durchaus sah die bisherige Schule jene durch die Krankheit veränderten Stoffe, die turgescirenden sowohl, als die sich absondernden, innormalen Stoffe für Krankheits-Erreger, wenigstens, wegen ihrer angeblichen Rückwirkung, als Krankheits-Unterhalter an und thut letzteres bis auf diese Stunde noch.

Daher wähnte sie Causal-Curen zu verrichten, indem sie diese eingebildeten und vorausgesetzten, materiellen Ursachen der Krankheit hinwegzuschaffen sich bemühte. Daher ihr emsiges Fortschaffen der Galle durch Erbrechen bei gallichten Fiebern, ihre Brechmittel bei sogenannten Magen-Verderbnissen *, ihr

* Bei einer schnellen Magen-Verderbniß, mit stetem, widerlichem Aufstoßen nach verdorbenen Speisen, gewöhnlich mit Niedergeschlagenheit des Gemüths bei kalten Füßen und Händen, u.s.w. ging der gewöhnliche Arzt bisher nur auf den entarteten Magen-lnhalt los: ein tüchtiges Brechmittel soll ihn rein herausschaffen. Gewöhnlich erreicht er diese Absicht mit weinsteinsauerm Spießglanze, mit oder ohne Ipecacuanha. Ist denn aber der Kranke darauf sogleich gesund, munter und heiter? O nein! Gewöhnlich ist eine solche Magenverderbniß dynamischen Ursprungs, durch Gemüths - Störungen (Gram, Schreck, Aerger), Verkältung, Anstrengung des Geistes oder Körpers unmittelbar auf's Essen, - selbst oft nach mäßigem Speise-Genuß erzeugt. Diese dynamische Verstimmung zu heben, sind diese beiden Arzneien nicht geeignet, und eben so wenig das dadurch hervorgebrachte revolutionäre Erbrechen. Und Brechweinstein und Ipecacuanha haben dann noch überdieß aus ihren anderweiten eigenthümlichen Krankheit-Erregungs-Symptomen Nachtheile für das Befinden des Kranken hinzugefügt, und die Gall-Abscheidung ist in Unordnung gekommen, so daß, wenn der Leidende nicht ganz robust war, er noch mehre Tage sich auf diese angebliche Causal-Cur übel befinden muß, trotz aller dieser gewaltsamen Herausschaffung des vollständigen Mageninhalts. - Wenn aber der Leidende, statt solcher heftigen und stets nachtheiligen Ausleerungs-Arzneien, nur ein einziges Mal in hochverdünnten Pulsatille-Saft (an ein Senfsamen großes, damit befeuchtetes Streukügelchen) riecht, wodurch die Verstimmung seines Befindens im Allgemeinen und seines Magens insbesondre gewiß aufgehoben wird, so ist er in zwei Stunden genesen, und hat er dann ja noch einmal Aufstoßen, so ist es geschmack- und geruchlose Luft - der Mageninhalt ist nicht mehr verdorben, und bei der nächsten Mahlzeit hat er wieder seinen vollen, gehörigen Appetit; er ist gesund und munter. Dieß ist wahre Causal-Cur, jenes aber eine eingebildete, ist nur eine schädliche Strapaze für den Kranken.

Ein selbst mit schwer verdaulichen Speisen überfüllter Magen erfordert wohl nie ein arzneiliches Brechmittel. Die Natur weiß hier den Ueberfluß am besten durch Ekel, Uebelkeit und Selbst-Erbrechen, allenfalls mit Beihülfe mechanischer Reizung des Gaumen-Vorhangs und Rachens, durch den Schlund wieder von sich zu geben, und dann werden die arzneilichen Nebenwirkungen der medicinischen Brechmittel vermieden - etwas Kaffee-Trank befördert den Rest im Magen vollends nach unten hin.

Wäre aber nach arger Üeberfüllung des Magens die Reizbarkeit des Magens zum Selbsterbrechen nicht zureichend oder verschwunden, so daß alle Neigung dazu, unter großen Schmerzen des Epigastriums, erlösche, so wird in diesem gelähmten Zustande des Magens ein solches Brechmittel bloß eine gefährliche oder tödtliche Eingeweide - Entzündung zur Folge haben, während eine öfter gereichte kleine Menge starken Kaffee-Tranks die gesunkene Reizbarkeit des Magens dynamisch erhoben und ihn allein in den Stand würde gesetzt haben, seinen, auch noch so übermäßigen Inhalt von oben oder unten auszufördern. Auch hier ist jene vorgebliche Causal-Cur am unrechten Orte.

Selbst die in chronischen Krankheiten nicht selten aufschwulkende, ätzende Magensäure wird, mit großer Beschwerde und dennoch vergeblich, heute mit einem Brechmittel gewaltsam ausgeleert und morgen, oder doch die nächsten Tage durch gleich ätzende Magensäure, und dann gewöhnlich noch in größerer Menge, ersetzt, während sie von selbst weicht, wenn ihr dynamischer Ursprung durch eine sehr kleine Gabe hochverdünnter Schwefelsäure, oder, wenn sie schon oft sich zeigte, besser, durch Gebrauch auch den übrigen Symptomen in Aehnlichkeit angemessener, antipsorischer Mittel in feinster Gabe heilkräftig aufgehoben wird. Und so giebt es mehre angebliche Causal-Curen der alten Schule, deren Lieblings-Bestreben ist, das materielle Produkt der dynamischen Verstimmung mit beschwerlichen Vorkehrungen mühsam und mit Nachtheil hinwegzuräumen, ohne die dynamische Quelle des Uebels zu erkennen und sie homöopathisch sammt ihren Ausflüssen zu vernichten, und so verständig zu heilen.


ihr fleißiges Auspurgiren des Schleims, der Spul- und Madenwürmer bei der Gesichts-Blässe, der Eß-Gier, dem Leibweh und den dicken Bäuchen der Kinder **,

** Umstände, welche bloß auf Psora-Siechthum beruhen und durch (dynamische) milde, antipsorische Mittel leicht geheilt werden, ohne Brechen oder Laxiren.


ihr Aderlassen bei Blutflüssen ***,

*** Ungeachtet fast allen krankhaften Blutflüssen bloß eine dynamische Verstimmung der Lebenskraft (des Befindens) zum Grunde liegt, hält dennoch die alte Schule eine Blut-Uebermenge für ihre Ursache und kann sich nicht enthalten, Aderlässe vorzunehmen, um den vermeinten Ueberfluß dieses Lebenssaftes fortzuschaffen; den ganz offenbar übeln Erfolg aber, das Sinken der Kräfte und die Hinneigung oder gar den Uebergang zum Typhösen sucht sie auf die Bösartigkeit der Krankheit zu schieben, mit der sie dann oft nicht fertig werden kann - genug sie glaubt, wenn auch nun der Kranke nicht aufkommt, eine Cur nach ihrem Wahlspruche, causam tolle, vollführt und, nach ihrer Art zu reden, alles mögliche für den Kranken gethan zu haben, es erfolge nun was da wolle.


und vorzüglich alle Arten der Blut-Entziehungen ****

**** Ungeachtet es vielleicht nie einen Tropfen Blut zu viel im lebenden menschlichen Körper gegeben hat, so hält dennoch die alte Schule eine angebliche Blut-Uebermenge für die materielle Hauptursache aller Blutflüsse und Entzündungen, die sie durch Ader-Oeffnungen (blutige Schröpfköpfe) und Blutegel zu entfernen und auszuleeren habe. Dieß hält sie für ein rationelles Verfahren, für Causal-Cur. In allgemeinen Entzündungs-Fiebern, im hitzigen Seitenstiche sieht sie sogar die coagulable Lymphe im Blute, die sogenannte Speckhaut für die materia peccans an, welche sie durch wiederholte Ader- Oeffnungen möglichst fortzuschaffen strebt, ungeachtet diese nicht selten bei erneuertem Blutlassen noch zäher und dicker zum Vorschein kommt. So vergießt sie Blut, wenn das Entzündungs-Fieber sich nicht legen will, oft bis zum nahen Tode, um diese Speckhaut, oder die vermeintliche Plethora wegzubringen, ohne zu ahnen, daß das entzündete Blut nur Produkt des akuten Fiebers, nur des krankhaften, immateriellen (dynamischen) Entzündungs-Reizes und letzterer die einzige Ursache dieses großen Sturmes in dem Adersystem sei, durch die kleinste Gabe einer homogenen (homöopathischen) Arznei aufzuheben, z. B. durch ein feines Streukügelchen zur Gabe, mit decillionfach verdünntem Akonit-Safte befeuchtet, unter Vermeidung vegetabilischer Säuren, so daß das heftigste Seitenstich-Fieber mit allen seinen drohenden Zufällen, ohne Blut-Verminderung und ohne die mindesten Kühlmittel schon in wenigen, höchstens in 24 Stunden in Gesundheit übergegangen und geheilt ist (eine Probe seines Blutes dann aus der Ader gelassen zeigt nun keine Spur von Speckhaut mehr), während ein sehr ähnlicher Kranker, nach jener Rationalität der alten Schule behandelt, nach mehrmaligem Blutlassen, wenn er ja noch mühsam, nach unsäglichen Leiden, vor der Hand dem Tode entrinnt, dann oft noch viele Monate durchzusiechen hat, ehe er, abgezehrt, wieder auf die Beine kommt, wenn ihn nicht indeß (die öftere Folge einer solchen Mißhandlung) ein typhöses Fieber, oder Leukophlegmasie oder eiternde Lungensucht hinrafft.

Wer den ruhigen Puls des Mannes eine Stunde vor Antritt des dem hitzigen Seitenstiche stets vorangehenden Frostschauders gefühlt hat, kann sich unmöglich des Erstaunens erwehren, wenn man ihn zwei Stunden darauf, nach Ausbruch der Hitze, bereden will, die vorhandene ungeheure Plethora mache ein vielmaliges Aderlassen dringend nothwendig, und fragt sich, welches Wunder die vielen Pfunde Blut, die nun weggelassen werden sollen, binnen dieser zwei Stunden in die Adern des Mannes gezaubert haben möchte, die er vor diesen zwei Stunden in so ruhigem Gange gefühlt habe? Nicht ein Quentchen Blut kann mehr in seinen Adern nun rollen, als er in gesunden Zeiten, und so auch vor zwei Stunden hatte!

Der Allöopathiker entzieht also mit seinen Aderlässen dem am hitzigen Fieber Erkrankten keine lästige Blutuebermenge, weil dergleichen gar nicht vorhanden sein konnte, sondern beraubt ihn der zum Leben und Gesundwerden unentbehrlichen, normalen Blutmenge und sonach der Kräfte - ein großer Verlust, den Arztes-Macht nicht wieder zu ersetzen vermag! - und steht dennoch in dem Wahne, eine Cur nach seinem (mißverstandenen) Wahlspruche: Causam tolle, vollführt zu haben, während doch hier die Causa morbi am wenigsten eine, nicht existierende Blut-Uebermenge sein konnte, sondern die einzige, wahre causa morbi ein krankhafter, dynamischer Entzündungs-Reiz des Blut-Systems war, wie die schnelle und dauerhafte Heilung des gedachten, allgemeinen Entzündungs-Fiebers durch eine oder zwei, unglaublich feine und kleine Gaben des diesen Reiz homöopathisch aufhebenden Aconit-Saftes beweist und in jedem solchen Falle beweist.

So schießt auch die alte Schule bei Behandlung der Lokal-Entzündungen fehl mit ihrem örtlichen Blutlassen, vorzüglich durch die jetzt mit Broussaisischer Wuth angesetzte Menge Blutegel. Die anfänglich davon erfo]gende, palliative Erleichterung wird durch schnellen und vollkommenen Heil-Erfolg keineswegs gekrönt, sondern die stets zurückbleibende Schwäche und Kränklichkeit des so behandelten Theiles (auch oft des übrigen Körpers) zeigt genugsam, wie fälschlich man die örtliche Entzündung in einer örtlichen Plethora suchte und wie traurig die Folgen solcher Blutentziehungen sind, - während dieser bloß dynamische, örtlich scheinende Entzündungs-Reiz durch eine gleich kleine Gabe Aconit, oder, nach den Umständen, von Belladonna schnell und dauerhaft getilgt und das ganze Uebel, ohne solch unmotivirtes Blut-Vergießen, gehoben und geheilt werden kann.


als ihres Haupt-lndikats bei Entzündungen, die sie jetzt, eines bekannten Pariser blutgierigen Arztes Vorgange (wie die Schafe dem Leithammel selbst in die Hände des Schlächters) folgend, fast in jedem krankhaft afficirten Theile des Körpers anzutreffen und durch eine oft tödtliche Zahl Blutegel entfernen zu müssen wähnt. Auf diese Weise glaubt sie ächte Causal-lndicationen zu befolgen und rationell zu kuriren. Ferner glaubt auch die alte, bisherige Arzneischule durch Abbindung von Polypen, durch Ausschneidung, oder mittels erhitzender Local-Mittel erkünstelte Vereiterung der kalten Drüsen-Geschwülste, durch Ausschälung der Balg-(Speck-Honig-) Geschwülste, durch Operationen der Pulsader- Geschwülste, der Thränen- und Mastdarm-Fisteln, durch Entfernung der skirrhösen Brust mittels des Schnitts, der Amputation eines knochenfräßigen Gliedes, u.s.w., den Kranken gründlich geheilt und Causal-Curen verrichtet zu haben, und glaubt es auch, wenn sie ihre Repellentia in Anwendung bringt, die alten, jauchenden Schenkel-Geschwüre (allenfalls mit Beihülfe gleichzeitiger, das Grund-Siechthum nicht mindernder, bloß schwächender Abführungs-Mittel) durch adstringende Umschläge, durch Blei-, Kupfer- und Zink-Oxyde austrocknet, den Schanker wegbeizt, die Feigwarzen örtlich zerstört, die Krätze mit Salben von Schwefel, Blei-, Quecksilber- oder Zink-Oxyden von der Haut vertreibt, die Augen-Entzündungen mit Auflösungen von Blei oder Zink unterdrückt und durch Opodeldok, flüchtige Salbe, oder Räucherungen mit Zinnober oder Bernstein die ziehenden Schmerzen aus den Gliedmaßen verjagt; sie glaubt da überall das Uebel gehoben, die Krankheit besiegt und rationelle Causal-Curen ausgeführt zu haben. Aber der Erfolg! die darauf, bald oder spät, doch unausbleiblich erscheinenden Metaschematismen, die sie dadurch veranlaßt (doch dann für neue Krankheiten ausgiebt), welche allemal schlimmer, als das erstere Uebel sind, widerlegen sie zur Genüge und könnten und sollten ihr die Augen öffnen über die tiefer liegende, immaterielle Natur des Uebels und seinen dynamischen (geistartigen), bloß dynamisch zu hebenden Ursprung.



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25. 4. 1873
Geburtstag von Félix d' Hérelle (1873-1949), einem kanadischen Mikrobiologen, der 1917 die Bakeriophagen (Viren, die Bakterien infizieren) entdeckte.

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