Windpocken (Varicellae).
Tafel 67, Fig. 110; 68, Fig. 113; 69, Fig. 114.
Varicellae.
Die Varicellen, Windpocken, sind eine typische, isoliert oder epidemisch auftretende Infektionskrankheit hauptsächlich des Kindesalters, die von der Variola durchaus zu trennen ist. Unter mäßigem Fieber tritt ein Exanthem von größerer oder geringerer Ausbreitung auf, bei dem wir aus Flecken oder Papeln bald Bläschen mit wasserhellem Inhalt auf gar nicht oder leicht entzündlicher Basis sich entwickeln sehen. Der Rand der Bläschen ist nicht selten zackig, nach kurzem Bestände trocknen dieselben zu dunklen Borken ein; da in der Regel mehrere Nachschübe folgen, finden wir bei den Varicellen alle Stadien des Exanthems nebeneinander vor (Fig. 114). Innerhalb 8 - 14 Tagen heilen die Bläschen ohne Narben ab; der Prozeß, der nicht nur die äußere Haut, sondern auch die Lippen (Fig. 110) und die Schleimhaut befällt, hat nur selten eine Nephritis im Gefolge.
Varicellae (in adulto).
Abweichungen kommen besonders bei Erwachsenen vor, wo unter hohem Fieber stärkere, ja gelegentlich konfluierende Eruptionen auftreten (Fig. 113). Durch Sekundärinfektion kann es zur Ulzeration und Narbenbildung kommen.
Varicellae (in infante).
Die
Diagnose ist in typischen Fällen leicht, nur in abnorm verlaufenden Formen kann die Differentialdiagnose gegenüber Variolois und Variola in Frage kommen, welch letztere in der Regel durch den gutartigen Verlauf der Varicellen auszuschließen sind. Bei pustulösen Syphiliden dürften stets noch andere Erscheinungen der Syphilis nachweisbar sein.
Die
Prognose ist günstig.
Die
Therapie besteht in Bettruhe, bei ausgedehnten Fällen in Schutzverbänden behufs Verhütung des Kratzens und sekundärer Infektion; unter Betupfen mit Alkohol trocknen die Blasen rasch ein.
Anm. 114. Moulagen der Lesserschen Klinik in Berlin (Kolbow).
Anm. 110. Moulage aus der Kinderklinik des Qeheimrates Heubner in Berlin (Kolbow).
Anm. 113. Moulage der Neisserschen Klinik in Breslau (Kröner); 43jährige Patientin erkrankte vor 5 Tagen unter hohem Fieber und schweren Allgemeinerscheinungen. Daß es sich um Varicellen handelte, wurde dadurch erwiesen, daß der behandelnde Arzt an typischen Windpocken erkrankte.