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Meine Wasserkur

Sebastian Kneipp, 49. Auflage 1894

 

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Wasser-Anwendungen
Dämpfe
Von Sebastian Kneipp.

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1. Der Kopfdampf.



Kleines Holzgefäß zur Anwendung des Kopfdampf


Die Anwendung des Kopfdampfes erheischt einige kleinere Vorbereitungen. Zu dessen Vornahme nämlich sind nothwendig ein kleines Holzgefäß (s. Fig. 7), mehr tief als weit, mit Oehren, auf welche man bequem die Hände stützen kann, und einem gut abschließenden Deckel; sodann zwei Stühle und zum Zudecken des Behandelten eine größere Wolldecke. Von den Stühlen dient der eine höhere zum Sitzen, der zweite niedrigere als Untergestell des Holzgefäßes (Schaff, Schafferl, Kübel, Gelte).
bild-8-354 Anwendung des Kopfdampfes


Wenn all die genannten Gegenstände bereit stehen, wird das auf den niedrigeren Stuhl gestellte Holzgefäß bis zu Dreivierttheilen angefüllt mit strudelndem Wasser und mit dem Deckel und einem feuchten Tuche gut verschlossen, damit bis zum Gebrauche möglichst wenig Dampf entweiche. Der Patient hat den ganzen Oberkörper bis zu den Beinkleidern entblößt und über diese als abschließende Binde ein trockenes Tuch gelegt, um den niederrinnenden Schweiß aufzuhalten und das Naßwerden der Beinkleider zu verhindern. Er setzt sich auf den größeren Stuhl und stützt die flachen Hände auf die Oehren des Holzgefäßes, den Oberkörper über das Gefäß hinneigend (s. Figur 8), Oberkörper und Gefäß werden sodann mit der großen Wolldecke locker, aber nach allen Seiten hin derart eingehüllt, daß auch nicht durch die kleinste Oeffnung Dampf entweicht. Jetzt erst entfernt der Behandelnde, dem Behandelten gerade gegenüber befindlich und von unten her die Wolldecke etwas lüftend, in die Höhe hebend, den abschließenden Deckel mit dem angefeuchteten Tuche; der Dampf dringt ungehindert wie ein glühender Strom auf Kopf, Brust, Rücken, auf den ganzen Oberkörper ein und beginnt feine auflösende Arbeit.

Wer zur Aufsicht und Bedienung beigegeben ist, sorge wohl dafür, daß schwächere Patienten, denen der Rücken leicht wehe thut, bequem sitzen, eine gute Stütze im Rücken haben u.s.w. Dagegen achte er nicht auf Klagen und die verschiedenartigsten Ausrufe wie: ich halte es nicht ferner aus, mich muß der Schlag treffen u.a.

Im ersten Augenblicke mag Mancher ob der ungewohnten Glühtemperatur erschrecken; doch bald hat er sich an das tropische, das heiße Klima gewöhnt und schnell einige kleinere Vortheile gefunden. Beim ersten Anstürme der hitzigen Wolken suche er eine mehr aufrechte Stellung einzunehmen, den Kopf zu heben, nach verschiedenen Richtungen zu wenden u.s.w. Mit dem Angewöhnen und dem Nachlassen der Hitze kehrt der Oberkörper in die vorgeschriebene, gebückte Stellung zurück.

Zu befürchten hat man absolut nichts. Ich kenne nicht einen Fall, in welchem der Kopfdampf, genau nach Vorschrift angewendet, im Geringsten geschadet hätte. Ich habe denselben den verschiedensten Personen in den verschiedensten Krankheiten applizirt und stets gute Erfolge erzielt. Schaden zugefügt haben nie die Dämpfe, wohl aber jene Selbstklugen sich selbst, welche ohne alle Vorsicht und Regel thaten, wie es ihnen gut dünkte, nicht wie die Ordnung es vorschrieb. Eine Anwendung dauert 20—24 Minuten. Der Patient soll während der ganzen Dauer nicht nur willig mit seinem Kopfe herhalten, er soll auch nach Vermögen Augen, Nase, Mund öffnen und an Dampf einströmen lassen, was und wie viel er nur ertragen kann.

Nach Umlauf der Zeit von 20—24 Minuten wird die Wolldecke entfernt und der ganze Oberkörper mit frischem Wasser kräftig abgewaschen. Der Patient macht sich zur Winterszeit im Zimmer, zur Sommerszeit im Freien Bewegung, bis die gehörige Trocknung und die normale Wärmetemperatur der Haut eingetreten ist.

Ich schulde an dieser Stelle noch einige wichtige und nicht zu übersehende Bemerkungen.

Der reine Wasserdampf wirkt auf manche Augen, ebenso beim Einathmen auf den Magen zuweilen nicht ganz günstig. Deßhalb mische ich dem heißen Wasser stets Kräuter bei. Zunächst empfehle ich Fenchel, der sich vortrefflich bewährte. Ein Löffel gemahlener Fenchel reicht aus für eine Anwendung. Auch Kräuter von Salbei, Schafgarbe, Minze, Hollunder, Spitzwegerich, Lindenblüthen thun treffliche Dienste. Und wenn dir auch diese abgehen, so nimm eine Hand voll Brennesseln oder Heublumen und mische sie bei; das Kräutchen mag verachtet sein, sein Dienst ist dennoch gut.

Bei gewöhnlichen Menschen thut der Dampf bald seine Wirkung; den meisten derselben rinnen schon nach den ersten fünf Minuten die Schweißtropfen von der Stirne, nach 8 — 10 Minuten perlen sie hervor aus allen Poren.

Es gibt jedoch Patienten — es sind in der Regel blutarme Individuen mit wenig Naturwärme — bei denen der Dampf nicht so leichte Arbeit hat. Man hilft nach, indem man im Herde ungefähr den sechsten Theil eines Ziegelsteines glühend macht und denselben ca. 10 Minuten nach Beginn der Anwendung in das Dampfbad bringt. Es braust gewaltig, und die Wolken steigen von Neuem dichter und lebhafter auf.

Unmittelbar nach beendigtem Kopfdampf, der wie die folgende Abkühlung im Winter stets in erwärmten Räumen vorzunehmen ist, soll man es nie wagen, in's Freie zu gehen ohne vorherigen kalten Abguß, wodurch die durch den Dampf geöffneten Poren wieder geschlossen werden. Zur Winterszeit verbleibe man vor solchem Austritt in's Freie noch ungefähr eine halbe Stunde im gewärmten Zimmer, in demselben auf- und abgehend. Ohne diese Vorsicht könnte man sich leicht nicht nur einen Katarrh, sondern unter Umständen eine schwere, tödtliche Krankheit zuziehen. Der genannte kalte Abguß ist auf mehrfache Weise möglich. Die einfachste Art, welche ich besonders bei schwächeren, fremder Hilfe bedürfenden Personen empfehle, besteht darin, daß man mit einem Handtuche und frischem Wasser den Patienten rasch abwäscht. Bei Kopfgeschwülsten, Ausschlägen am Kopf, Ohrenfließen, überhaupt bei Leiden, welche große Ausscheidungen aus dem Kopfe verlangen, muß beim ersten und zweiten Kopfdampfe diese Art des Abgusses, vielmehr Abwaschens stattfinden. Die Folgen des Versäumnisses, wie heftiges Ohrensausen u.s.w., wären, wenn auch nicht gerade gefährlich, doch unangenehm. Bei den folgenden Anwendungen, nach bereits erfolgten größeren Ausscheidungen aus dem Kopfe, kann die zweite Art des Abgusses, der eigentliche Abguß an die Stelle der Waschung treten. In Form des Obergusses werden 1—2 Gießkannen kalten Wassers über die bedampften Stellen langsam gegossen, den Kopf, d. i, die Haare ausgenommen; die Brust wird kräftig gewaschen. Das weitere Verhalten ist dasselbe wie nach den Güssen, d. i. nach sorgfältiger Abtrocknung des Gesichtes und der Haare zieht man, ohne den übrigen Körper abzutrocknen, rasch die Kleider an und gibt sich in Bewegung oder in Handarbeit bis zur völligen Trocknung und normalen Erwärmung des Körpers.

Wer nach dem Kopfdampfe Gelegenheit hat, rasch ein kaltes Vollbad von höchstens einer Minute zu nehmen, macht seine Sache gleichfalls gut durch Benützung solcher Gelegenheit.

Die Wirkungen dieser Anwendung sind bedeutende; sie erstrecken sich auf die ganze Hautfläche des Oberkörpers, deren Poren sie öffnen, sodann auf das Innere des Körpers, indem sie in der Nase, in den Luftröhren, in der Lunge u.s.w. auflösen und ausleiten. Bei Erkältungen durch Nässe oder raschen Temperaturwechsel, bei Kopfleiden, Ohrensausen, rheumatischen und krampfhaften Zuständen im Genick und auf den Schultern, bei Enge auf der Brust, bei noch nicht vorgerücktem Schleimfieber, lauter Begleiter und Begleiterinnen der verschiedenen Katarrhe, thut der Kopfdampf vorzügliche Dienste. Zwei Anwendungen innerhalb drei Tagen bringen in der Regel vollständige Heilung. Beginnende Katarrhe hebt gewöhnlich ein einziger Kopfdampf auf und aus, sie mögen sitzen, wo sie wollen.

Wer einen aufgedunsenen Kopf, einen unverhältnißmäßig vollen Hals, angeschwollene Halsdrüsen hat, nehme wöchentlich zwei bis drei solcher Dämpfe. Bei Augenentzündungen, welche von Kälte, Erkältungen u.s.w. herrühren, und bei Triefungen thue man ebenso. Der letztere Patient darf noch größeren Erfolg hoffen, wenn er am Abende des Tages, an welchem er dem Kopfe den Dampf gibt, seinen Füßen ein viertelstündiges warmes Fußbad mit Asche und Salz verabreicht.

Bei Congestionen, selbst nach Schlaganfällen habe ich den Kopfdampf mit den günstigsten Erfolgen angewendet. Man läßt sich bei diesen freilich heikeln Fällen von der Meinung täuschen und beängstigen, als ziehe so ein Dampf noch vollends alles Blut in den Kopf. Die Furcht ist unbegründet. Indessen habe ich selbst die Praxis, — und ich rathe dieselbe in den genannten zwei Fällen einem Jeden an, — die Anwendung stets auf 15—20 Minuten zu beschränken und dem Dampfe auf den Kopf thunlichst bald einen Dampf auf die Füße folgen zu lassen.

Da der Kopfdampf stark auflösend wirkt und allzu reichliche Schweißbildung leicht allzusehr schwachen konnte, so darf diese Anwendung nicht zu oft vorgenommen werden. Als Regel soll gelten, daß man die Zahl 2 in der Woche nicht überschreite. In seltenen Fällen, in welchen ganz besondere Auflösungen und Ausscheidungen nothwendig sind, kann eine Woche hindurch der Kopfdampf jeden zweiten Tag zur Anwendung kommen, jedoch mit verkürzter Dauer (Minimum (geringste Zeit) 15 Minuten, Maximum (längste Zeit) 20 Minuten).



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Achtung!
Dieses Buch ist ein altes Fachbuch, der Inhalt entspricht nicht dem aktuellen Stand der Medizin. Angegebene Therapien entsprechen höchstens dem Stand der Medizin zum angegebenen Druckdatum. Dasselbe gilt für eine ggf. angegebene Rezeptur für ein Medikament. Diese entsprechen nicht dem heutigen Stand der Medizin und sind unter Umständen sogar körperlich schädigend. Die Zubereitung von Rezepturen und die Anwendung derselben gehört in die Hände erfahrener Ärzte und Apotheker.
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23. 4. 1963
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