Katarrh.
Die zahlreichsten Katarrhe entstehen dadurch, daß man vom Aufenthalte in der Kälte und im Freien, vielleicht gar schwitzend, schnell in einen ziemlich geheilten und warmen Raum kommt. Auch kalte Zugluft, der man einige Zeit ausgesetzt war, kann schnell einen Katarrh reifen. Gewöhnlich fühlt man fast sofort eine Verengung aus der Brust, im Halse, in der Nase. Es ist, als stecke einem ein kleiner Knödel im Halse. Uebersieht man diesen im Anfange des Katarrhs, so setzt er sich fest und breitet sich aus. Empfänglicher ist, wer zu warme Kleider trägt, wessen Körper und einzelne Organe in Folge dessen sehr verweichlicht sind. Gar nicht schwer wäre es (ich sage es kühn), von jedem Katarrh frei zu bleiben, wenn man seinen Körper nicht "barbarisch", sondern nur vernünftig abhärtete, wie dieses schon an so manchen Stellen betont wurde.
Wie muß man es anfangen, um verschont zu bleiben? Ein Beispiel soll uns darüber unterricbten Ich bin eine Stunde weit stets in ziemlich starkem Tempo gegangen. Es ist draußen "hübsch frisch", wie der Bauer die Hände reibend sagt; es hat gegen 12 Grad Kälte. Ich komme ohne Vermittlung in ein Zimmer von 14 Grad Wärme. Dieser plötzliche Temperaturwechsel von 26 Grad kann ja nicht ungerächt sich vollziehen, er muß Gefahr bringen. Am besten hätte ich gethan, ich wäre die letzten 5-20 Minuten obiger Stunde um ein Weniges langsamer gegangen und dann noch einige Minuten in dem kühlen Hausflur geblieben, stets in einiger Bewegung. So hatte die durch das rasche Gehen erhöhte Wärme etwas abnehmen und der Schweiß sich verlieren können. Der Wechsel der Lust wäre so vermittelt und, wenn ich auch im Innern des Zimmers noch einige Zeit aus- und abgegangen wäre, völlig gefahrlos gewesen.
Spürst du die Folgen deiner Unvorsichtigkeit, den kleinen Knödel im Halse, wohlan, gehe nochmals in's Freie und mache dir eine leichte Bewegung in der frischen Luft! Diese wird in einer halben Stunde alles Ueberflüssige im Halse auflösen und entfernen.
Die Heiserkeit ist nichts Anderes als die Ausdehnung des Katarrhs in den Sprechorganen. Das silberne Glöcklein gibt, wenn unterbunden, keinen Klang, die herrlichste Stimme bei durch Geschwulst belasteten Sprechorganen keinen Ton. Man hebe den Katarrh, und seine Gefährtin, die Heiserkeit, wird ihm ohne Säumen folgen!
Folgende Bemerkung noch dürfte Manchem einen Dienst erweisen. Es gibt Leute, die Anlage haben, viel zu hüsteln. Jede Kleinigkeit, z.B. ein Kitzel der frischen Luft, ruft dieses Bellen hervor; es thut nicht wohl und thut nicht weh. Solche Menschen husten Jahre lang ohne den geringsten Schmerz. Gewöhnlich ist ein derartiger Zustand von den Eltern geerbt und dann schwer zu entfernen. Er hat indessen gar keine Bedeutung, rühre nun das Hüsteln aus dem Halse, rühre es von tiefer gelegenen Organen her. Solche Leute mag das Sprichwort trösten: Wer lang hustet, lebt lang. Andere Erbtheile dagegen sind nicht so unschuldig, oft recht ernst und bedenklich und aller Beachtung werth. Dahin gehören z.B. die in irgend einer Familie oder Verwandtschaft herrschende Abzehrung, Schwindsucht u.s.w.
Da gilt der Grundsatz: Principiis obsta! Gleich den ersten Anfängen entschieden und wirksam entgegentreten mit aller Umsicht und Vorsicht! Sonst kostet es Opfer früher oder später, leider oft recht früh. Ein kleiner vernachlässigter Katarrh kann, wo es sich in einer Familie um Schwindsucht handelt, der Borkenkäfer werden, der die stärkste Tanne, den kräftigsten Körper ruinirt und stürzt, in's Grab bringt. Vorsicht also! Durch kluges Verfahren können selbst ererbte Leiden ohne weitere schwere Folgen recht in die Länge gezogen werden.
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