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Lehrbuch der Gynäkologie

Otto Küstner, 4.Auflage 1910

 

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V. ABSCHNITT.
Die Krankheiten der Harnröhre und Blase.

Kapitel XXI.
Blasenscheiden- und Blasenuterusfisteln.
Von Otto Küstner.

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Modifikationen der operativen Therapie


Als besondere Methoden sind beschrieben und mögen Erwähnung finden:

1) Lappenplastik. Man setzt auf den einen Rand der angefrischten Fistel rechtwinkelig zwei 1-3 cm lange Schnitte auf und unterminiert vom Fistelrande und von diesen Schnitten aus die Scheidenschleimhaut. So wird dieser Fistelrand mobilisiert und kann vis-a-vis vernäht werden. Unter den Lappen legt man einige verlorene Catgutnähte. Anderenfalls entlehnt man von der seitlichen oder der hinteren Scheidenwand breitgestielte Lappen.

2) Man begnügt sich, zunächst nur den Teil der Fistel zu schließen, wo eine Vereinigung gut möglich ist. Den Rest der Fistel schließt man in späteren Sitzungen, nachdem die Heilung der ersten Operation beendet ist.

3) Sind die Ränder der Fistel fest auf dem absteigenden Schambeinast aufgewachsen, so löst man sie vor der Operation ab. Das geschieht von einem supra-symphysären Querschnitt aus (Schauta, Fritsch, Frank, ich), stumpf mit dem Finger oder mit Messer und Raspatorium. Handelt es sich, wie oft in derartigen Fällen, um totale quere Abquetschung der Blase von der Urethra, so wird nach Mobilisierung der ersteren diese wieder an die oben angefrischte Urethra angenäht.

4) Bei immobiler, besonders hoch in der Scheide gelegener Fistel kann man sie nach Trendelenburg von dem Blaseninneren aus in Angriff nehmen. Hoher Steinschnitt. Breites Auseinanderziehen der Blasenwunde, Annähen der Blasen- an die Bauchwunde, um die Tiefe der Blase hochziehen zu können, dann Anfrischung und Naht der Fistel mit Catgut.

5) Implantation des Uterus in die Fistel nach Freund: Man verschließt den äußeren Muttermund durch Anfrischung und Catgutnaht, öffnet den Douglas, retroflektiert den Uterus, zieht ihn durch in die Vagina und näht seine ursprüngliche hintere resp. obere Wand in die angefrischte Fistel hinein, nachdem man ihn am Fundus "gelocht", d.h. durch Querschnitt eröffnet und die Uterusschleimhaut mit der Serosa vernäht hat. Durch dieses Loch menstruiert später die Genesene. Einige Operateure (Asch u. a.) zogen das Corpus uteri nicht durch den hinteren, sondern durch den vorderen Douglas.

Von diesen Methoden sind 1 bis 4 von mir mit Erfolg ausgeführt worden, besonders möchte ich für die TRENDELENBURGsche Operation vom Blaseninneren aus gegenüber einer ablehnenden Aeußerung Feitschs betonen, daß, wenn auch die Anfrischung wegen der großen Entfernung der Fistel von der Bauchwunde aus recht schwer sein kann, die Heilung einer mitunter nicht ideal erscheinenden Wunde doch gut von statten geht. Doch soll 1 ohne breite Ablösung der Blase nicht mehr ausgeführt werden, der Erfolg ist zu unsicher, kann aber mit breiter Ablösung der Blase überall da vorteilhaft Anwendung finden, wo die Deckung der isoliert vereinigten Blasenwunde anders nicht zu ermöglichen ist. 2 und 4 dürften bei Anwendung der Blasenabtrennung von der Scheide aus fast entbehrlich erscheinen, 3 mit dieser zusammen gelegentlich in Frage kommen.

Alle diese komplizierteren Verfahren haben sich mir in den letzten 8 Jahren, in denen ich über 50 tokogenetische (d.h. durch Geburten entstandene) Fisteln operiert habe, als völlig entbehrlich erwiesen, seitdem ich eine Methode zur Anwendung bringe, welche ich selbständig erdacht und ausgeführt, welche aber von Wolkowitsch zuerst als solche beschrieben worden ist. Mein Verfahren ist einfacher als das von Wolkowitsch, es besteht, kurz gesagt, in der Benutzung der Portio supravaginalis zum Fistelverschluß.


Fig.282. Blasenscheidenfisteloperation nach Küstner - Wolkowitsch. Schnittführung, wie der rote Strich zeigt.

Das macht man folgendermaßen: Man zieht die Portio mit Hakenzangen nach unten oder fixiert sie wenigstens mit einer solchen, wenn Narbenbildung in der Vagina eine Dislokation nicht gestattet, und führt hart vor ihr einen Querschnitt, als wenn man die Totalexstirpation des Uterus oder eine vordere Kolpotomie machen wollte (Fig. 282). Von den Enden dieses Schnittes aus führt man einen zweiten Schnitt in einem Bogen nach unten (in Fig. 282 oben) um die Fistel herum. Jetzt beginnt man (vgl. Fig. 283) von dem vor der Portio liegenden Schnitt aus die cervikale Partie des Uterus in beträchtlicher Ausdehnung abzulösen, doch nicht so weit, daß man die vordere Plica peritonei eröffnet; alsdann vertieft und verbreitert man durch Gewebsspaltung, natürlich ohne die Blasenwand zu perforieren, den Bogenschnitt, welcher in der Scheide seitlich und unten um die Fistel herumgeführt wurde, so, daß zum mindesten eine 1 cm breite Wunde entsteht, wie Fig. 283 zeigt.


Fig.283. Blasenscheidenfisteloperation nach Küstner-Wolkowitsch. Von dem Schnitte aus wird 1. in seinem oberen Bereiche die Blasenwand in großer Ausdehnung von der Portio vaginalis, 2. in seinem übrigen Bereiche die Blasenwand von der Scheide bis zur Breite von mindestens 1 cm abgelöst.

Darauf näht man die großen Wundflächen aufeinander, wie es Fig. 284 darstellt. Es sind, da sich die Wunden gut aufeinanderlegen, verhältnismäßig nur wenig Nähte nötig.

Wenn, wie die Figg. 282 und 283 zeigen, eine nicht unbeträchtliche Inkongruenz zwischen den zu vereinigenden Wundflächen besteht, so ist die Gewebsverschieblichkeit in der Nähe der Portio bedeutend genug, um eine korrekte Vereinigung ermöglichen zu lassen.

Ich lasse die Suturen tief durchgreifen, so daß oft nur eine einzige Schicht von wenigen Nähten ausreicht. Isolierte Naht der Blasenwand mit Catgut ist nicht nötig, ja vielleicht, wie Hannes nahe legt, nicht einmal vorteilhaft. Man könnte damit gelegentlich bei einer sehr großen Fistel eine Uretermündung schnüren.


Fig.284. Blasenscheidenfisteloperation nach Küstner-Wolkowitsch. Nahtlegung. Es genügen meist nur wenige Drahtnähte zum sicheren Verschluß von sogar großen Fisteln.

Zu allen ungünstig gelegenen Genitalfisteln schafft ein ausgiebiger SCHUCHARDTscher Hilfsschnitt bequemen Zugang (vgl. Kap. XIV). Reicht das nicht aus und ist die Verziehbarkeit des Uterus sehr gering, so umschneidet man die Portio völlig; man kann auch noch weiter gehen, die unteren Partien der Ligamenta lata unterbinden und abtrennen, kann eventuell auch den Douglas eröffnen. Das mobilisiert dann die Cervix so, daß sie bequem von der Blase abgetrennt und ohne Spannung auf den gegenüberliegenden wund gemachten Fistelrand aufgenäht werden kann.

Nach derselben Methode sind auch die Blasen-Cervix-Scheidenfisteln zu operieren, d.h. diejenigen Fisteln, bei welchen die vordere Muttermundslippe und ein Teil der vorderen Cervixwand mit verloren gegangen sind. Bei diesen, oft recht schwierigen Fisteln sind die erwähnten Hilfsschnitte häufiger erforderlich.

So habe ich, wie oben erwähnt, über 50 Blasenscheidenfisteln, darunter doch viele recht komplizierte, en suite im wesentlichen mit je nur einer Operation geheilt; nur in 4 Fällen bedurfte es einer zweiten Operation, welche dann definitiv zum Ziele führte.

Auch bei unserer Methode wird ein Teil des Uterus und zwar die untere Cervixpartie mit zum Fistelverschluß herangezogen. Das ist das Charakteristische derselben, und darin beruht ihre Ueberlegenheit. Aber sie verstümmelt die Frau nicht, wie die FREUNDsche Methode, sondern beläßt ihr voll funktionierende, für den Geschlechtsverkehr voll geeignete Genitalien. Weitere Vorteile bestehen in folgendem: Sie schafft sehr breite Anfrischungsflächen. Die obere Anfrischungsfläche, welche bei komplizierten Fisteln oft sehr schwierig anzulegen ist, gelingt leicht und sicher.

Die Verziehbarkeit der Wundränder ist bedeutend, sie ermöglicht ohne besonderen Kraftaufwand den Nahtverschluß.


Fig.285. Skenescher Pferdefuß ans Glas. Das kolbige, mit mehreren Löchern versehene Ende liegt in der Blase und verhindert das Herausgleiten; an das andere Ende kommt der Gummischlauch, welcher in die Ente führt. Zweckmäßiger Dauerkatheter.

Es sind nur wenig Nähte nötig.

Die Operation macht jede Lappenplastik überflüssig, da ja ein so umfänglicher, leicht verschieblicher, gut ernährter "Lappen", wie die von der Blase gelöste Cervix ist, aus keinem Teile der Scheide herausgeschnitten werden kann.

Die Methode verdient alle Empfehlung. Sie soll bei jeder schweren Fistel gemacht, vor jeder anderen Methode versucht werden.

Die Nachbehandlung ist einfach. Man sorgt dafür, daß in den nächsten 14 Tagen die Wunde nicht die geringste Spannung erfährt, durch eine permanente Leere der Blase. Die Ausdehnungsfähigkeit der Blase hat bei langem Bestehen der Fistel so wie so sehr gelitten, man stelle sie nicht in der Zeit auf die Probe, wo man mit einem so schonungsbedürftigen Locus minoris resistentiae rechnen muß. wie eine frisch vereinigte Fistel ist. Ich lege in die Blase einen Glaskatheter, welcher mit einem Heftpflasterzügel an dem Mons pubis befestigt wird, und an welchem ein Gummischlauch angebracht ist; ein bloßer Gummischlauch oder ein elastischer Katheter, in die Blase gelegt, verstopft sich zu leicht mit dem von der katarrhalischen Blasenscheimhaut abgesonderten Schleim oder mit Uraten. Zweckmäßig ist auch der Skenesche "Pferdefuß", ein eigentümlich gestaltetes Glasrohr (Fig. 285).

Für die Fälle, in welchen die Fistel bis zur Urethra herabreicht, empfiehlt Stöckel beachtenswerterweise den Verweilkatheter nicht durch die Harnröhre, sondern durch eine zwischen Urethra und Symphyse neu anzubringende Fistel einzulegen. Letztere heilt nach Herausnahme des Katheters spontan zu. Diese Methode ist gut. Ich vereinfachte sie durch Benutzung eines Troikarts, dessen Kanüle ich als Verweilkatheter liegen ließ. Jetzt hat Stöckel einen gekrümmten Troikart mit olivenförmiger Anschwellung der Kanüle angegeben. Diese Methode hat so viel Vorzüge vor der Einführung von Katheter oder Pferdefuß durch die Urethra, daß ich sie jetzt prinzipiell nach allen Blasenfisteloperationen anwende. (Vgl. Fig. 287.)

Die Nähte entferne ich nicht vor 14 Tagen nach der Operation; schneidet wirklich die eine oder die andere durch und entsteht dadurch wieder ein Fistelchen, so schließt sich das nachher ohne Therapie sicher. Fisteln aber, welche durch Wiederaufreißen der Wunde entstehen, können sehr leicht Nachoperationen nötig machen.

Anderenfalls kann man mit Fritsch die Nähte ruhig liegen lassen, bis sie durchschneiden und nach Heilung der Fistel herausfallen.

War die Fistel groß, so hat der PAWLIKsche Vorschlag seine Berechtigung, daß man vorher von der Urethra aus beide Ureteren mit elastischen Kathetern sondiert und diese während der Operation liegen läßt. So kann man mit Sicherheit vermeiden, daß man einen gleichzeitig bestehenden Ureterdefekt übersieht, daß man bei der Operation in einen Ureter hinein anfrischt oder bei der Naht einen oder beide zuschnürt. Hat man Pawliks Vorschlag nicht befolgt, und treten kurz nach Beendigung einer Blasenfisteloperatiou urämische Erscheinungen auf, so muß man wenigstens die seitlichen Nähte sofort entfernen, und das ist gleichbedeutend mit Verzichtleistung auf den Erfolg der Operation. Bei der von mir jetzt geübten Methode der Fisteloperation mit ausgedehnter Blasenabschiebung von der Ceryix und besonders dann, wenn man dabei die Blasenwand nicht isoliert näht, ist die Gefahr, den Ureter zu schnüren, viel geringer als bei den alten Verfahren.


Fig.286. Urinal aus Kautschuk mit Beckengurt und Band zur Befestigung am Oberschenkel; es kann unten durch einen Hahn, welcher durch einen Gummiansatz gedeckt ist, verschlossen und geöffnet werden.





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Dieses Buch ist ein altes Fachbuch, der Inhalt entspricht nicht dem aktuellen Stand der Medizin. Angegebene Therapien entsprechen höchstens dem Stand der Medizin zum angegebenen Druckdatum. Dasselbe gilt für eine ggf. angegebene Rezeptur für ein Medikament. Diese entsprechen nicht dem heutigen Stand der Medizin und sind unter Umständen sogar körperlich schädigend. Die Zubereitung von Rezepturen und die Anwendung derselben gehört in die Hände erfahrener Ärzte und Apotheker.
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24. 4. 1899
Der Deutsche Bundesrat beschließt, Frauen zu den Staatsprüfungen der Medizin, Zahnmedizin und Pharmazie zuzulassen. Das nötige Studium konnten sie jedoch erst vom Wintersemester 1908/09 an preußischen Universitäten ableisten, da sie erst zu diesem Zeitpunkt voll eingeschriebenes Mitglid werden konnten, so daß sie bis zu diesem Zeitpunkt im Ausland studieren mußten.

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