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Lehrbuch der Gynäkologie

Otto Küstner, 4.Auflage 1910

 

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VII. ABSCHNITT.
Allgemeine Diagnostik.

Kapitel XXVI.
Allgemeine Symptomatologie.
Von Otto Küstner.

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Dysmenorrhoe


Schmerzen in der Genitalsphäre um die Zeit der Menstruation nennen wir Dysmenorrhoe.

Die ältere Klassifizierung der verschiedenen Formen der Dysmenorrhoe ist nicht unberechtigt: man kannte die Dysmenorrhoea inflammatoria, congestiva, nervina, ovarica usw. Diese, wenn auch nicht nach einheitlichen Gesichtspunkten gemachte Klassifizierung sagt unter allen Umständen, daß recht verschiedene Erkrankungen des Genitaltraktus Dysmenorrhoe zu erzeugen imstande sind. Und weil damit wenigstens die Mannigfaltigkeit des Charakters der Dysmenorrhoe gekennzeichnet ist, so würde ich, wenn ich eine Klassifizierung für nötig erachtete, diese für besser halten, als die spätere, nach welcher man nur zwei Arten der Dysmenorrhoe kennt, die kongestive und die mechanische.

Der Bezeichnung „mechanische Dysmenorrhoe" liegt die Vorstellung zugrunde, daß das Menstrualblut entweder in ungewöhnlicher Menge oder hinter besonders engem Orificium sich staue und es zu seiner Austreibung besonders energischer Kraftanstrengung des Uterus bedürfe. Diese fände ihren Ausdruck in Schmerzen, d. h. in schmerzhaften Wehen. Sims, der Vater dieser Theorie, sah besonders in pathologischer Enge der Cervix, vermeintlicher Knickung des Uterus nach vorn und in der Exfoliation eines Teiles der Uterusschleimhaut (Dysmenorrhoea membranacea, vgl. Kap. XII) die Ursachen für die schmerzhaften Uteruskontraktionen während der Regel, wie denn diese Symptome in gesteigertem Maße bei Verschlüssen des Uterus und der Vagina schon lange vor Sims bekannt waren. Für die Anteflexion hat Schultze erwiesen, daß trotz bestehender Schmerzen bei der Menstruation die Cervix gewöhnlich eine vollständige Durchgängigkeit aufweist; und ob eine Cervix 3 oder 4 mm im Durchmesser hat, das sollte für die Erzeugung eines so prägnanten Symptoms auch nicht ausschlaggebend sein können.

Die schärfere Kritik in der Beurteilung krankhafter Prozesse im Bereiche des Genitaltraktus, die vervollkommnete Diagnostik lassen es jetzt zweifellos erscheinen, daß der Dysmenorrhoe meist ein Entzündungszustand, zugrunde liegt. Meist handelt es sich um Oophoritiden, Salpingitiden, die Kombinationen dieser Affektionen oder um entzündliche Zustände des Uterus.

Von diesem Standpunkte aus können die dysmenorrhoischen Erscheinungen eine einheitliche Deutung erfahren. Die Fluxion, welche vor und während der Periode zu den Genitalien hin stattfindet, läßt schmerzende entzündliche Prozesse schmerzhafter und latente schmerzhaft werden. So bei Krankheiten der Ovarien, der Tuben. Bei entzündlichen Erkrankungen des Uterus kommt zu der Fluxion noch ein Moment, welches Schmerzen zu steigern oder zu erzeugen vermag, das sind die Kontraktionen. Wie jeder Uterusinhalt durch die Muskelkraft des Organes ausgetrieben oder sein Entweichen dadurch unterstützt wird, so geschieht es auch mit dem Menstrualblut. Ist der Uterus gesund, so erfolgen die Kontraktionen ohne Schmerzen; ist er entzündet, so tun die Kontraktionen weh, ebenso wie es im Wochenbett bei den Nachwehen der Fall ist.

Der Variabilität der zugrunde liegenden Affektionen entsprechend sind die Sensationen, welche man als Dysmenorrhoe bezeichnet, verschieden, ohne daß man aus ihrem Charakter zu einer anatomischen Differentialdiagnose berechtigt wäre. Mitunter sind es Schmerzen kurz vor Eintritt der Blutung, welche mit diesem prompt aufhören; andere haben die Schmerzen nur während, andere vor und während der Blutung. Die einen haben nur ein dumpfes, brennendes oder nagendes Gefühl im Becken, bei anderen strahlen die Schmerzen weiterhin aus und werden in entfernteren Teilen des Rückens empfunden. Bei den einen ist der Schmerz kontinuierlich, bei anderen intermittierend, bei wieder anderen wechseln Exazerbationen mit Remissionen ab; noch andere können die Schmerzen präzis als empfindliche Uteruskontraktionen bezeichnen.

Sehr häufig sind dysmenorrhoische Beschwerden begleitet von Urinbeschwerden, häufigem, schmerzhaftem Harndrang, oft auch von hartnäckiger Obstipation. Bei anderen sind fernerliegende Organe beteiligt; Dyspepsie, Erbrechen, Migräne begleiten die Genitalsymptome.

Die dysmenorrhoischen Erscheinungen finden sich bei Individuen, welche in der menstruationsfreien Zeit schmerzfrei sind, häufiger bei solchen, wo dies nicht der Fall ist; im letzteren Falle stellt also die Dysmenorrhoe eine mehr weniger bedeutende Steigerung der fortwährend bestehenden Beschwerden dar.

Die rationelle Behandlung der Dysmenorrhoe besteht in der des ihr zugrunde liegenden Leidens, die symptomatische Therapie in Bettruhe, Anwendung von feuchter oder trockener Wärme, von Narcoticis, von Antipyrin, von Tinctura Gelsemii (3mal tägl. 10 Tr.) und eventuell lokalen Blutentziehungen.

Ein Punkt in der symptomatischen Behandlung bedarf noch einer Betonung. Gesagt ist, daß man die exklusive mechanische Auffassung der Dysmenorrhoe fallen lassen muß. Damit wird keineswegs verkannt, daß, wenn bestehende entzündliche Prozesse besonders zur Zeit der menstruellen Kongestion Schmerzen machen, diese Schmerzen um so stärker werden, je energischer der Uterus und je häufiger er sich zur Herausbeförderung des Blutes kontrahieren muß. An das Analogon aus dem Wochenbette war erinnert; die die Metritis und Pelveoperitonitis begleitenden empfindlichen Nachwehen werden um so empfindlicher, je energischer sie sind, je schwerer zu eliminieren der Inhalt des Uterus ist, also bei Placenta- und Eihautresten.

Man kann also die Dysmenorrhoe mildern und heilen, wenn man die Kontraktionen des Uterus beseitigt oder wenigstens möglichst entbehrlich macht, d. h. wenn man dem Uterusinhalt einen so leichten Abfluß verschafft, daß er ohne Kontraktionen oder ohne bedeutendere Kontraktionen entweichen kann. Und somit werden diejenigen Verfahren in der symptomatischen Behandlung dysmenorrhoischer Beschwerden immer ihre Berechtigung behalten, welche die Erweiterung und Weiterhaltung des Uterus, respektive der Cervix sich zur Aufgabe machen. In Betracht kommen die Dilatation der Cervix mit Quellmitteln oder metallenen Dilatatoren und die Discision der Cervix (vgl. Kap. XI). Nur sei ausdrücklich die Warnung betont, daß man auch diese kleinen Eingriffe niemals bei akut entzündlichen Affektionen des Uterus und der Adnexe vornehmen darf.

Interessant ist die Beobachtung von Fliess und Schiff, daß durch Bepinselung der vorderen Enden der unteren Nasenmuscheln und des Tuberculum septi mit Cocain in vielen Fällen die dysmenorrhoischen Schmerzen zu beseitigen und durch Aetzen dieser Stellen dauernd zu heilen sind (nasale Dysmenorrhoe). F. und S. nehmen an, daß die menstruelle Kongestion Anschwellung der Nasenschleimhaut, diese dann wieder retrograd Schmerzen in der Genitalsphäre erzeugt. Es fehlt nicht an Bestätigungen der Beobachtung (Opitz, Malherbe, Koblanck). Vielleicht handelt es sich um allgemeine Narkosenwirkung (Zweifel). Suggestive Wirkung ist nicht immer auszuschließen.

Daß gegen alle möglichen Anomalien der Menstruation, Menorrhagie, Metrorrhagie, Dysmenorrhoe die Röntgenbestrahlung Vertreter gefunden hat, bedarf nur der Erwähnung. Erwähnt muß aber auch werden, daß eine konsequente Anwendung der X-Strahlen das Parenchym der Keimdrüsen bis zur völligen Vernichtung schädigen kann. Analog ist die Wirkung auf die Hoden.




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Dieses Buch ist ein altes Fachbuch, der Inhalt entspricht nicht dem aktuellen Stand der Medizin. Angegebene Therapien entsprechen höchstens dem Stand der Medizin zum angegebenen Druckdatum. Dasselbe gilt für eine ggf. angegebene Rezeptur für ein Medikament. Diese entsprechen nicht dem heutigen Stand der Medizin und sind unter Umständen sogar körperlich schädigend. Die Zubereitung von Rezepturen und die Anwendung derselben gehört in die Hände erfahrener Ärzte und Apotheker.
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Johannes Sobotta (1869-1945) bekannt geworden durch seine anatomischen Zeichnungen stirbt 76-jährig.

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