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Meine Wasserkur

Sebastian Kneipp, 49. Auflage 1894

 

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Krankheiten
O-S.
Von Sebastian Kneipp.

Seite: 10/18Zurück (Schlaflosigkeit)[ Ohrenkrankheit | Ohrensausen | Rheumatische Zustände | Rothlauf Gesichtsrose | Rückgrat | Ruhr | Säuferwahnsinn | Scharlachfieber | Schlaflosigkeit | Schlaganfälle | Schleimfieber | Schweiß | Schwermuth | Schwindel | Schwindsucht | Staar | Steinleiden | Stimme, Verlust derselben ]Weiter (Schleimfieber)


Schlaganfälle.


Paulus hat der Schlag gerührt. Die rechte Seite ist zur Hälfte gelähmt, der Mund schrecklich verzogen, das rechte Auge eingefallen, der Augendeckel gelähmt, mit der gebrochenen Sprache auch aller Muth gebrochen. Der rasch gerufene Arzt erklärte, es lasse sich vorlaufig nichts machen, man müsse abwarten, ob nicht ein zweiter Schlag folge; indessen könne der Kranke täglich etwas Bitterwasser trinken. Mit dieser Antwort gab sich der Patient nicht zufrieden; sofort machte er Versuche mit dem Wasser, und in 12 Tagen war er wieder hergestellt. Dieses geschah vor 13 Jahren, und der rüstige, wenn auch ältere Herr hielt noch manches Jahr seine Vorlesungen.

Wie kam die Heilung zu Stande? Wird das zu Eintracht zusammenwirkende Räderwerk einer Uhr durch was immer durch Fall, Schlag oder Stoß verschoben und in seiner Ordnung gestört, so tritt ein Stillstand ein. Alle Rädchen bis zum kleinsten mögen unverletzt sein; aber es ist vielleicht etwas dazwischen gekommen, oder sie spannen und drücken sich gegenseitig, und so kann es nun einmal nicht weiter gehen. Man muß sie neu zurechtrichten oder den Störenfried herausnehmen, dann werden alle Theile in gewohnter Untertänigkeit dem Ganzen dienen. Gerade so kann es gehen mit dem lebendigen Uhrwerk des menschlichen Körpers. Ein innerer Störenfried, vielleicht eine jener Anstauungen, wie sie im Alter, in welchem die Räder, d.i. die Organe, ohnedieß fast von selbst aus den Fugen gehen wollen, so leicht vorkommen, hat den Mund, das Auge, die Zunge u.s.w., diese seinen Rädchen, zwar nicht verletzt, aber aus ihrem ordentlichen und angewiesenen Platze weggetrieben. Entferne den Friedensstörer, und alles wird wieder in Ordnung und Frieden kommen. Ich will mithelfen.

Ein Kopfdampf mit folgendem Guß wird in den oberen Partieen des Körpers auflösend wirken, ein Fußdampf in den unteren Partieen. Der Kranke nehme alsdann ein warmes Bad im Wechsel mit kaltem Bade oder kalter Abwaschung. Auch diese Anwendung wird lösend wirken und den Blutandrang zum Gehirn vermindern. Sind so die Anstauungen gehoben und der Blutlauf geordnet, dann öle man die ganze Maschine durch eine kräftige, nahrhafte Kost, - ja nie zu viel auf einmal, - vermeide aber sorgfältig alles Reizende, wie starke Weine, Spirituosen, Gewürze u.s.w. Auch alle geistigen Reizmittel (Anstrengungen, Ausregungen) sollen weislich vermieden werden.

Ein Pfarrer wurde vom Schlage getroffen. Eine Hand, ein Fuß, die eine Seite waren total gelähmt, die Sprache und alle Besinnung geschwunden. Mehrere Tage hindurch wurden ärztliche Mittel angewendet ohne Erfolg. Der Arzt erklärte zuletzt, die eine Seite sei lahm und bleibe lahm, die andere Seite werde durch einen zweiten Schlag auch gelähmt werden und damit das Leben zu Ende sein. Ein Versuch mit Wasser, dachte ich, kann also aus keinen Fall etwas schaden. Gedacht, Methan. Der kalte Fuß und der kalte Arm wurden kräftig mit kaltem Waffer ge-waschen; zwei warme Fußbäder mit kräftigen W a f ch u n g e n 0 er Füße und vier Waschungen des Oberkörpers waren die Anwendungen des zweiten Tages. Am dritten Tage schon konnte man bemerken, daß in beiden gelähmten Gliedern aoet, Gefühl und Leben sei. Das gab Muth. Dem u nbehilflichen Körper legten wir am vierten Tage mit Mühe einen Unterwickel um auf eine Stunde und stellten die halbtodten Füße zweimal in ein warmes Fußbad mit Asche und Salz So ging es 14 Tage fort. Nach 14 Tagen unterstützte uns der Kranke durch die wieder brauchbare gesunde Hand und den gesunden Fuß, und mit Freude zeigte er, wie er auch die gelähmte Hand schon etwas in die Höhe zu heben im Stande war. Es folgten nun Ganzwaschungen im Wechsel mit Kopf- und Fußdampf, wöchentlich je einer der Dämpfe und täglich eine Waschung des Ober- und Unterkörpers. So drei Wochen. Neue Kraft erfüllte den niedergeschmetterten Lebensbaum, der Appetit wuchs. Warmbäder im Wechsel mit kalten, in der Woche eins, wöchentlich ein Kopfdampf, ein Fußdampf und drei Halbbäder mit Waschung des Oberkörpers (eine Minute lang) füllten die folgenden drei Wochen aus. Den Schluß des Heilverfahrens bildeten Oberund Untergüsse im Wechsel mit dem spanischen Mantel. Freilich war's eine langwierige, schwere und recht anstrengende Arbeit; aber der Herr erholte sich insoweit, daß er täglich die heilige Messe lesen, die Kranken besuchen, Aemter halten, alle Schreibereien besorgen konnte. Das Einzige, was ihm nie wieder gegeben wurde, war das Predigen. Die Zunge hatte zu stark gelitten und konnte manche Worte nur mehr recht schwer aussprechen.

Ein Mann, 45 Jahre alt, wurde plötzlich vom Schlage getroffen. Die rechte Hand und der rechte Fuß waren ganz lahm und ohne alles Gefühl; der Appetit fehlte gänzlich. Dem Kranken wurden täglich der Oberkörper und die Füße mit halb Wasser und halb Essig ganz warm gewaschen. Dreimal täglich nahm der Kranke 30 Tropfen von Wermuth, Salbei und Bitterklee. Nach 14 Tagen hatten Hand und Fuß wieder die gehörige Wärme und das rechte Gefühl; auch war der Mann wieder im Stande, im Zimmer zu gehen. Der Appetit nahm zu, die gelähmte Seite bekam wieder nach und nach Kräfte, und nach einigen Tagen war der Körper wieder in Ordnung. Bemerkt sei hier, daß dieser Kranke viel Schnaps getrunken hatte und daher sein Uebel gekommen war. Zur vollständigen Heilung und Kräftigung gehören noch 8-10 Bäder von gesottenem Haberstroh oder auch von gesottenen Fichtenreisern. Die Wärme betrage 30 R 10-15 Minuten lang; darauf folge eine kräftige kalte Abwaschung oder ein kaltes Halbbad mit Waschung des Oberkörpers.

Eine allgemeine Bemerkung könnte vielleicht Manchem einmal dienen. Wird Jemand vom Schlage berührt, ist theilweise Lähmung eingetreten, so nehme man ungesäumt und zuerst kräftige kalte Waschungen vor auf Rücken, Brust und Unterleib, täglich zwei, drei bis viermal. In das Wasser kann etwas Salz oder Essig gemischt werden. - Ebenso wasche man die Füße und Arme, damit das Blut allseitig und gleichmäßig sich vertheile die Körperwärme eine allgemeine werde. Sämmtliche Waschungen (ich kann dieses nicht streng genug einschärfen) geschehen so schnell wie möglich; keine dauere über eine Minute.

Ist die Lähmung nur eine kleine, und vermag der Kranke zu sitzen, so ist ein Kopfdampf von 20 Minuten mit nachfolgender kräftiger Abwaschung des Oberkörpers die erste trefflichste Anwendung. Nach ungefähr 4-6 Stunden geschehe die zweite: Fußdampf, gleichfalls von 20 Minuten, mit folgender Abwaschung oder Unterguß. Diesen können sodann die oben angegebenen Waschungen folgen.

Man hüte sich besonders Anfangs vor ganzen Wickeln; die Naturwärme ist zu Schwach und kann nicht ersetzt werden. Mir ist ein Fall bekannt, in welchem ein Arzt den Kranken durch Einwickelungen retten und heilen wollte. Der erste Wickel that gut. Beim zweiten Wickel blieb der Kranke kalt, und der ganze Körper wurde blau. Nur durch Wärmezufuhr konnte er wiederum zurecht gebracht werden.

Ein Mann wird vom Schlage getroffen. Eine Seite ist ganz gelähmt, ebenso die Zunge. Derselbe ist im bewußtlofen Zustande. So blieb er 10 Tage - behandelt von einem Arzte; der erklärte, es lasse sich nichts mehr machen, ein zweiter Schlaganfall werde nicht mehr lange ausbleiben. - Auf dringendes Bitten machte ich den Versuch und ließ allererst einen Kopfdampf anwenden. Der Kranke lag im Bett; aus einem Schemel wurde ein mit strudelndem Wasser (ein paar Hände voll Heublumen daran) halb gefülltes Gefäß aufgestellt, der Oberkörper an den Rand des Bettes gebracht und mit einer Decke zugedeckt, so daß der Dampf unter der Decke auf den Oberkörper und Kopf drang. Der Kranke kam in 10 Minuten in Schweiß und schwitzte so ungefähr 15-20 Minuten am ganzen oberen Körper, daß das Wasser tropfenweise herunterlief. Gleich darauf wurde der Oberkörper und Kopf mit frischem Wasser und Essig daran kräftig gewaschen und der Patient zum Ruhen in's Bett hineingebracht. Am selben Tage wurde die Waschung ohne Dampf nochmals vorgenommen. Am zweiten Tage wurde ein Fußdampf angewendet (25 Minuten lang) im bewußtlosen Zustande. Der ganze Körper kam in den größten Schweiß und wurde darauf wieder gewaschen. Am dritten Tag folgte Kopfdampf, am vierten Fußdampf; am fünften Tage kam wieder Bewußtsein und Leben in die Seite, der gelähmte Arm und Fuß konnte wieder bewegt werden. An den nächsten drei Tagen wurde er täglich zweimal mit Wasser und Essig gewaschen am ganzen Körper. Jetzt kehrte auch die Sprache theilweise zurück; bis zur vollkommenen Wiedererlangung derselben gingen drei Wochen vorbei. Von da an wurden dreierlei Anwendungen vorgenommen. a) Ganzwaschen, b) Ober- und c) Unteraufschläger abwechselnd Vormittags und Nachmittags. In wenigen Tagen hatte sich der Kranke so erholt, daß jeden Morgen ein Knieguß und Nachmittags ein Oberguß vorgenommen werden konnte. Neben diesen Anwendungen wurde gewechselt mit einer Ganzwaschung. Als der Kranke zum Gehen gekommen, wurden Halbbäder und Oberguß mit Knieguß - im Wechsel jeden halben Tag - genommen.

Die Heilung war so glücklich, daß der Herr jetzt volle 17 Jahre seit dem erlittenen Schlaganfalle noch rüstig seinen Beruf versieht.
Anmerkung. "Bei jedem Schlaganfalle soll sobald als möglich ein mit der Wasserkur schon gut vertrauter Mann (am besten ein Arzt) gerufen werden. Nur ein Erfahrener kann für den gegebenen Fall das Rechte treffen. Bis zum Eintreffen solcher Hilfe kann und soll ohne Ausnahme, ohne Bedenken die Waschung des Rückens, der Brust, des Unterleibes, der Füße und der Händer der Reihe nach kalt und kurz vorgenommen werden. Diese Theilwaschungen sollen in 2-3 Stunden wiederholt werden.



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Achtung!
Dieses Buch ist ein altes Fachbuch, der Inhalt entspricht nicht dem aktuellen Stand der Medizin. Angegebene Therapien entsprechen höchstens dem Stand der Medizin zum angegebenen Druckdatum. Dasselbe gilt für eine ggf. angegebene Rezeptur für ein Medikament. Diese entsprechen nicht dem heutigen Stand der Medizin und sind unter Umständen sogar körperlich schädigend. Die Zubereitung von Rezepturen und die Anwendung derselben gehört in die Hände erfahrener Ärzte und Apotheker.
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20. 4. 1945
Johannes Sobotta (1869-1945) bekannt geworden durch seine anatomischen Zeichnungen stirbt 76-jährig.

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