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Meine Wasserkur

Sebastian Kneipp, 49. Auflage 1894

 

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Krankheiten
O-S.
Von Sebastian Kneipp.

Seite: 12/18Zurück (Schleimfieber)[ Ohrenkrankheit | Ohrensausen | Rheumatische Zustände | Rothlauf Gesichtsrose | Rückgrat | Ruhr | Säuferwahnsinn | Scharlachfieber | Schlaflosigkeit | Schlaganfälle | Schleimfieber | Schweiß | Schwermuth | Schwindel | Schwindsucht | Staar | Steinleiden | Stimme, Verlust derselben ]Weiter (Schwermuth)


Schweiß.


"Ja, das ist ein Kreuz, dieser Fußschweiß, der sich nun schon so lange an meine Sohlen heftet und mich überallhin auf der Ferse verfolgt!" So klagen manche, ja sehr Viele. "Was ist doch das?" fragen sie, "häufig ganz kalte Füße, dann wieder ein Brennen und Stechen, und - dieser Geruch!"

Wahr ist's; aber noch größeres Kreuz, die traurigsten Folgen bringt nicht selten, sogar meistens vertriebener Fußschweiß. Mir ist ein Herr bekannt, dem gerathen wurde, er solle täglich ein paar mal die Füße mit kaltem Wasser waschen; der Schweiß werde schon nachlassen. Freilich der Fußschweiß ließ nach, er hörte zuletzt ganz auf. Die Folgen? Die letzten Dinge wurden ärger als die ersten; eine lästige und gefährliche Krankheit rächte den vertriebenen Fußschweiß. Jeden Vernünftigen frage ich: Ist's denn auch anders möglic?^ Wer den Fuchs aus seinem Erdverstecke treiben will, darf die Höhle, das Fuchsloch, doch nicht zustopfen. Einen solchen Jäger würden die Spatzen auspfeifen, und die Hasen würden ihm zum Spott Männchen machen.

Der Fußschweiß besteht in nichts Anderem als in faulen Säften, welche auch die Gefäße. die sie anfüllen und verpesten, halbfaul machen. Dieses die Ursache des schrecklichen Geruches, der Menschen, selbst Thiere aus dem Hause treibt, den Fußschwitzern zur großen Plage gereicht und sie zu gemiedenen Menschen macht.

Was ist da zu thun? Ein Kleid, das in Theer gefallen ist und weithin üblen Geruch verbreitet, wird Niemand zu reinigen suchen, indem er von Zeit zu Zeit es mit einem Schwamme abwischt. Die Wäscherin wird eine gute Lauge machen, das schmutzige Stück einbeizen und so den harzigen Theer ausziehen. Ein guter Wäscher des Fußschweißes wird sein, wer alle faulen und fauenden Säfte, so tief dieselben dringen mögen, auflöst und aus- und abwäscht resp. ausleitet. Nebenbei muß er die Haut und die Gefäße, soweit sie durch Fäulniß gelitten haben, heilen und kräftigen.

Am besten und sichersten werden beide Füße ganz eingewickelt in Tücher, die in Heublumenabsud oder in Absud von Fichtenreisern getaucht sind. Diese Umschläge saugen die faulen Stoffe auf, und die beiden Kräuter haben zugleich kräftigende und heilende Wirkung. Man nehme 5-6 solcher Wickel innerhalb zehn Tagen; hernach vierzehn Tage lang täglich ein warmes Fußbad (das bis an die Waden hinaufreicht) von je zehn Minuten mit dreimaligem Wechsel und jedesmaliger kalter Abwaschung (höchstens eine Minute dauernd). Schließlich wird ausreichen in der Woche ein obenbeschriebener Fußwickel .oder ein solches Fußbad. Nach gestillten Fußschweißen ist'S vortressrich, zuweilen eine Viertelstunde im nassen Grase barfuß zu gehen. Wer das nicht kann, gehe vor dem Schlafengehen einige Minuten in seinem Zimmer barfuß auf und ab. Man follte nicht glauben, wie vorteilhaft, wie erfrischend, kräftigend und abhärtend die frische Lust auf so entblößte, dem Wollstrumpfzwange entrissene und einige Minuten der goldenen Freiheit sich freuende Füße wirkt. Uebung macht den Meister!

Körperschweiße, ungesunder.
Nicht bloß Fußschweiße gibt es, es gibt auch ungesunde Körperschweiße. Ein Herr von Stand schwitzte jede Nacht so, daß am Morgen die ganze Matratze durchnäßt war und das Kopfkissen und das Oberbett trieften, ein nächtliches schweres Kreuz, das ihn immer mit Angst vor dem Schlafengehen erfüllte. Zu dieser Last gesellte sich noch eine zweite, nicht geringe Unannehmlichkeit. Bei der größten Sorgfalt und der sorgfältigsten Einhüllung und Vermummung nämlich konnte der Herr im Winter des ewigen Katarrhs nie los werden. Dazu das stete Schwitzen; man roch die Kleider selbst schon von Weitem. Ein lästiges Uebel in der That! Und nun das Mittel aus der Apotheke? An schnelle Heilung darf bei diesem Leiden nie gedacht werden, nur an allmählige Kräftigung, Stärkung des durch so vieles Schwitzen entkräfteten Körpers und an fortgesetzte Ausleitung der krankhaften Säfte. Ungeduldig darf so ein Patient nicht werden. Der unsrige hat bewiesen, was bei Ausdauer und Pünktlichkeit die Anwendung von Wasser vermag. Als Lohn seiner Treue erhielt er die volle Gesundheit wieder. Doch das genügt mir nicht, sagt ein barscher Leser. Wenn ich so ein Leiden bekomme, was müßte ich thun? Ziehe dreimal in der Woche, so gebe ich ihm zur Antwort, den spanischen Mantel an. Hindert dich während des Tages dein Beruf, so lege ihn beim Schlafengehen als Nachthemd um auf 1,5-2 Stunden. Wasche dich zwei- bis dreimal wöchentlich, oder wenn du, wie unser Patient, schlaflose Nächte hast, zwei bis dreimal in der Nacht vom Bette aus! Solltest du gerade im Schweiß sein, so wasche dich doppelt kräftig, aber schnell, gehe gleich wieder, ohne dich abzutrocknen, zu Bett und decke dich gut zu; habe indessen, wenn möglich, das Bett nicht in einem ganz kalten Zimmer! Merke Dir gut: mit dem spanischen Mantel mußt du die Anwendungen beginnen. Und wenn du seine wohlthätigen Wirkungen erfahren hast, wirst du - es ist dein eigenster Vortheil - schon aus Dankbarkeit es nicht verabsäumen, ihn wöchentlich wenigstens einmal auf 1,5-2 Stunden zu tragen. Auch eine einmalige Ganzwaschung in der Woche als weitere Zugabe sollte dir den Wasserappetit nicht verderben. Eine große Zahl von Leuten könnte ich nennen, die nach Ablegung des Vorurtheils, "man könne sich durch solche Anwendungen nur schaden," aus wasserscheuen Individuen ebenso große Wasserfreunde geworden sind. Wie stemmt sich das Schoßhündchen, und wie winselt und keucht es, wenn ich's ins Wasser werfen will! Wie viel solcher Helden habe ich gesehen! Doch die früher nur "hundelten" (eine verpönte Art des Schwimmens), sind allmählig prächtige und gewandte Schwimmer geworden.

Viel- und Leichtschwitzen.
Es gibt Naturen, die sehr leicht und viel in Schweiß kommen, die bei jeder, selbst der geringsten Anstrengung wie im Schweiß gebadet und deßhalb, abgesehen von der Mattigkeit und Müdigkeit, den Katarrhen, Erkältungen, Entzündungen ec. recht ausgesetzt sind.

Ein Beamter, der mich eines schönen Tages aufsuchte, klagte mir, er sei eben nicht gesund, er leide viel an schwerem Athem, und die Aerzte halten ihn für leber- und nierenleidend. Das größte Unglück aber bestehe darin, daß er keine Medizin ertragen könne; jeden Löffel voll müsse er stets wieder herausbrechen. "Das größte Glück, wollen Sie sagen," unterbrach ich den Herrn, dessen Leiden sich durch einen scharfen, peinlichen Schweißgeruch schon verrathen hatte. Und ich begann als Wahrsager zum Staunen des Beamten: "Sie schwitzen viel beim Gehen, auch Morgens beim Ausstehen." "Ja, so ist's! Woher wissen Sie das?" Statt der Antwort gab ich den Rath, er möge sich eine Badewanne mit kaltem Wasser anfüllen lassen. Wenn er, in Schweiß gebadet, heimkomme, dann solle er sich rasch ausziehen, bis an die Magengegend sich in diese Wanne setzen und den Oberkörper schnell und kräftig abwaschen; das Ganze dürfe höchstens eine Minute dauern. Schnell, ohne abzutrocknen, solle er seine Kleider wieder anziehen und auf seinem Zimmer circa eine Viertelstunde sich Bewegung machen. "Was," rief der Herr Beamte aus, "Ew. Hochwürden treiben bittern Spott mit mir! Gott bewahre! Da würde mich ja augenblicklich der Schlag treffen! Wie oft bin ich vor der geringsten Vernässung und Verkältung gewarnt worden, und Sie heißen mich in eine Badewanne steigen, in kaltes Wasser!" Ich blieb ruhig, aber ich mußte alle Beredsamkeit ausbieten, dem Herrn das Unschädliche dieses Verfahrens begreiflich zu machen. Unter Anderem fragte ich ihn. "Wenn Sie so im Schweiße nach Hause kommen, schwitzend, daß Ihnen das salzige Wasser über Gesicht und Stirne rinnt und die Finger aneinander kleben, haben Sie Furcht und nehmen Sie den geringsten Anstand, sofort die Hände und das Gesicht zu waschen?" "Nein, das thue ich jedesmal." "Haben Sie je den geringsten Nachtheil verspürt?" Der Herr besann sich - er fürchtete meine Folgerung - sagte alsdann aber ein kräftiges: "Nein." "Nun gut," erwiderte ich, "lassen Sie diese Wohlthat auch einmal dem ganzen schwitzenden Körper zukommen; versprechen Sie mir, es auch nur einmal zu thun." Nach kurzem Schweigen gab er das Versprechen. Nach 14 Tagen begegnete ich ihm wieder. "Nun, leben Sie noch? Wie ist's gegangen?" "Wie dankbar bin ich Ihnen, Herr Pfarrer!" sprach er. "Alle Furcht ist mir nun benommen. Kann ich's denn nun öfter so machen? Es thut gar so gut!" Ja, es that gar so gut: alle Armseligkeiten und körperlichen Uebelstände wurden allmählig beseitigt. Der Herr lebt noch; er wird zur 80 Jahren nicht mehr weit haben. Wären Alle, denen ich schon freundschaftlich gerathen, so folgsam gewesen (leider ist oft Spott und Hohnlachen der Lohn), sie hätten sich selbst viele bittere Stunden und das zu frühe, schmerzensvolle Ende ihres Lebens erspart, sie lebten vielleicht heute noch. Die Conservirung eines Gebäudes ist nicht schwer, wenn man jedes Jahr das Ganze durchmustert und jeden Fehler an Dach- und Mauerwerk gleich ausbessert. Die täglichen Launen, verkehrten Stimmungen und Unaufgelegtheiten sind Schäden am Mauerwerk unseres oft recht armseligen Seins und wie viele hundert solcher Launen und Unaufgelegtheiten schleppt der beladene Mensch mit sich jede Woche, wie viele tausend jeden Monat und jedes Jahr!

Vielfach, ja meistens haben all' diese Dornen und Brennesseln, oder wie sie heißen, ihre Wurzel in kleinen Indispositionen Störungen des Körpers. Es sind Dachmoose oder Mauerfresser an der gebrechlichen Hütte deiner Seele, nicht gefährlich, aber lästig; sie rauben vielfach die Heiterkeit, die Fröhlichkeit, die innere Zufriedenheit. Manche können dem Körper und Geiste mit der Zeit auch schädlich werden, sie können Einem das Leben verleiden. Die einzige Anwendung, wie sie der Beamte machte, reicht oft aus, dem Menschen einen neuen Humor, eine andere Stimmung zu geben. Mancher verhöhnt vielleicht diese Bemerkung. Das ist mir gleich. Der Hohn benimmt ihr nicht die Wahrheit.

Noch eine Bemerkung schulde ich an dieser Stelle. Wohl kaum Etwas wird im Leben, selbst von einsichtsvollen Menschen, so sehr gefürchtet, als wenn sie im Schweiß das kalte Wasser anwenden sollen. Diese Meinung mag von der Wahrnehmung herrühren, daß Solche, die in Schweiß gebadet plötzlich an die Kälte kommen oder sich der frischen Lust, besonders der Zugluft aussetzen oder sich gar vernetzen, sich oft schon gründlich verdorben haben. Das gebe ich alles gerne zu. Es kommt eben hier wie sonst im Leben nicht allein und nicht in erster Linie auf das "Was", sondern auf das "Wie" an, wie die Leute die Anwendung mit Wasser vornehmen. Meine nach so langer Erfahrung und Uebung gewonnenen Grundsätze sind:
a) Wer naß ist durch Schweiß, Regen ec., darf sich nicht der Kälte oder Zugluft aussetzen; das würde sich rächen.
b) Wen friert, der soll ja nichts mit Wasser anfangen.
c) Wer vom Regen ec. durchnäßt worden, soll sich so rasch als möglich trocken umkleiden.
d) Wer aber schwitzt, sei es krankhaft oder durch Gehen oder durch Arbeit, darf ganz kurz (wie bei Beschreibung der Anwendung genau gesagt ist) ein kaltes Bad nehmen oder eine kalte Ganzwaschung vornehmen; er muß aber (ohne abzutrocknen) schnell trockene Kleidung anziehen und sich Bewegung machen, bis auch der Körper trocken ist. Dieses sollte doch einmal selbst die heißblütigsten Sanguiniker beruhigen und befriedigen!



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Achtung!
Dieses Buch ist ein altes Fachbuch, der Inhalt entspricht nicht dem aktuellen Stand der Medizin. Angegebene Therapien entsprechen höchstens dem Stand der Medizin zum angegebenen Druckdatum. Dasselbe gilt für eine ggf. angegebene Rezeptur für ein Medikament. Diese entsprechen nicht dem heutigen Stand der Medizin und sind unter Umständen sogar körperlich schädigend. Die Zubereitung von Rezepturen und die Anwendung derselben gehört in die Hände erfahrener Ärzte und Apotheker.
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20. 4. 1945
Johannes Sobotta (1869-1945) bekannt geworden durch seine anatomischen Zeichnungen stirbt 76-jährig.

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