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Neue Heilwissenschaft

Louis Kuhne, Leipzig 1896

 

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Behandlung und Heilung von Wunden ohne Medikamente und ohne Operationen.
Von Louis Kuhne.

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Schusswunden.


Die Behandlungsart der Schusswunden ist die gleiche wie diejenige der Stich- und Schnittwunden. Dennoch möchte ich sie, eingedenk ihrer Bedeutung bei einem Kriege, noch einer besonderen Besprechung unterziehen. Besonders für Soldaten ist es ausserordentlich wertvoll zu wissen, was sie bei solchen Verwundungen zu thun haben. Wie oft wird die versäumte Zeit, welche verstreicht, bis Hilfe kommt und kommen kann, zur Todesursache oder wenigstens zur Ursache einer Amputation! Wenn Verwundete stundenlang liegen müssen, bis ihnen irgendwelche Hilfe geleistet werden kann, so darf es wahrlich nicht Wunder nehmen, dass bei vielen Verwundungen, noch dazu wenn sie später, der antiseptischen Behandlung unterliegen, der Brand und mit ihm gewöhnlich die Notwendigkeit einer Amputation hinzutritt. Bei der allgemeinen Hilflosigkeit und Unkenntnis über das Wesen des Lebens, über die Art und Weise, wie überhaupt Heilungen von Wunden durch den Organismus selbst bewirkt werden, kennt man dann eben keine anderen Hilfsmittel mehr als jene Amputationen. Die Schulmedizin heilt, wie ich auf Grund langjähriger Erfahrungen ohne Scheu aussprechen darf, durch Amputationen keine Wunden, sie schlägt vielmehr damit viel tiefere Wunden und drückt dem Betreffenden den Stempel ihrer Behandlungsweise für die ganze Lebenszeit auf. Sie löscht Feuer mit Feuer und stiftet viel Unheil. Die landläufige und medizinische Ansicht über Geschosssplitter und Kugeln ist die, dass solche, sofern sie im Körper stecken geblieben, unbedingt aus demselben entfernt werden müssen, wenn nicht der letztere empfindlichen Schaden erleiden soll. Das ist ein ungeheurer Irrtum, der schon vielen Tausenden das Leben gekostet. Bei der Schwere der Geschosse oder der Geschoss-Splitter ist es oft ungemein schwierig, sie ohne eine noch grössere Verwundung und Zerreissung von Körperbestandteilen aus dem Körper zu entfernen. Bekanntlich sind die inneren Teile des Körpers so schlüpfrig, dass sich die Geschosse leicht an ihnen vorbeidrängen und an den Stellen, wo sie sich durchbohren, stets nur eine kleine Öffnung entstehen lassen, die gerade hinreicht, um der Kugel Durchlass zu gewähren. Es kommt dies daher, dass durch den Druck, den das gegen den Körper dringende Geschoss auf die Gewebe ausübt, dieselben vermöge ihrer Elasticität gespannt und etwas ausgedehnt werden. Es verhält sich dies genau so wie mit einem Gummi, den wir mit einer Schrotkugel durchschiessen. Wir werden finden, dass dadurch ein Loch entsteht, durch welches das Schrotkorn nicht eher wieder hindurch gelangen kann, als bis wir das Loch im Gummi wieder genügend weit ausgezogen haben.

Was beobachten wir nun, vorstehendes festhaltend, wenn die verletzten Teile anzuschwellen beginnen? Die Anschwellung pflegt sich meist sehr bald einzustellen, damit hört aber auch sofort die frühere Elastizität auf. Die verletzten Teile sind jetzt mit Blut und Heilungsmaterial überfüllt, und deshalb gespannt und straff. Wollte man jetzt die Kugel auf ihrem Hinwege zurückziehen, wie das, wenn irgend angängig, bei gewöhnlicher Behandlung angestrebt wird, so würde das ganz unausführbar sein, denn nicht nur die Eingangspforte der Wunde und ihr ganzer Lauf ist verschwollen, sondern auch die vorher sich leicht dehnenden Gewebe haben ihre ganze Spannkraft und Beweglichkeit eingebüsst. Also nur ein weiteres Zerreissen und Verletzen dieser Körperteile würde das Herausschaffen des Geschosses möglich machen. Welche unheilvolle Wirkung damit auf den Organismus ausgeübt wird, lässt sich leicht ermessen. Das Geschoss selber ist dem Körper weit weniger gefährlich als das übliche gewaltsame Entfernen desselben. Der Körper macht jenen grossen Fremdstoff, ihn zuerst in eine wässerige Masse hüllend, sehr bald völlig unschädlich. Die wässerige Umhüllung verwandelt sich mit der Zeit in eine feste Kapsel. Ferner bringt der Körper, sobald man ihm in keiner Weise durch antiseptische Giftbehandlung seine volle Lebenskraft raubt, solche fremde Körper sehr bald — zuweilen auch erst nach längerer Zeit — auf den geeignetsten, für den Körper passendsten Wegen zur Ausscheidung. So ist es ja schon so oft erlebt worden, dass ein Geschoss, welches beispielsweise an der Schulter stecken geblieben war, nach Monaten und Jahren unten am Gesäss oder an der Hüfte durch ein Geschwür herauskam.

Nicht auf Herausschaffung des Geschosses, sondern auf Verhinderung einer zu grossen Hitze und Stillung der Wunde muss hiernach in erster Linie hingewirkt werden. Den Weg dazu habe ich bereits angegeben. Es erscheint deshalb ratsam, dass jeder Soldat etwas Leinwand und eine Wollbinde mit sich führt, um sich die erste Hilfe sofort selbst angedeihen zu lassen. Wasser ist jedenfalls überall erhältlich, jedenfalls leichter als alle anderen Heilmittel. Sollte nichtdestoweniger kein Wasser aufzutreiben sein, so mag der Soldat sich irgend welche Kühlungsmittel beschaffen, wie Gras, Lehm, feuchte Erde oder dergleichen. Auch diese können, weil sie ebenfalls die Hitze benehmen, im Notfalle, sobald die Wunde fest verbunden ist, zur Kühlung Anwendung finden. Auf diese Weise vermag ein grosser Teil verwundeter Soldaten, die sich noch zu rühren vermögen, zunächst sich selbst die erste Hilfe zu leisten. Sie brauchen vor allen Dingen nicht die in solchen Fällen kostbare Zeit unnütz vorüberstreichen zu lassen. Nach diesen Erklärungen dürfte es eine grosse Hauptsache sein, dass jeder Soldat über diese Art naturgemässer, arzneiloser und operationsloser Wundbehandlung genau unterrichtet wird. Dann kann er nach einer Verwundung sofort selber sachgemäss handeln und braucht nicht unter hilflosem Gewimmer thatlos zu warten, bis der Arzt kommt. Auch werden Leichtverwundete dann in der Lage sein, den Schwerverletzten sofort beizustehen.

Während des deutsch-französischen Krieges 1870/71 und nach demselben habe ich genugsam Erfahrungen über den Nachteil der antiseptischen Wundbehandlung gesammelt und ihre verderblichen Folgen kennen gelernt. Es sei dafür ein Beispiel aus meiner Praxis mitgeteilt. Im Jahre 1883 kam ein Herr zu mir, der im Kriege 1870 einen Schuss durch den Unterleib erhalten hatte. Die Kugel war auf dem Rücken dicht am Rückgrat herausgekommen. Trotz aller anti-septischen Behandlung war die Wunde in 13 Jahren noch nicht völlig ausgeheilt, vielmehr eiterte sie fortwährend. War sie auch vorübergehend zugeheilt gewesen, immer wieder brach sie bei irgend einer Gelegenheit von neuem auf. Der Zustand des Patienten verschlimmerte sich immer mehr und machte ihm besonders das Gehen unmöglich. Wie ich durch meine Gesichtsausdruckskunde sofort erkannte, lag die Ursache dieser schweren Heilung allein in einer starken allgemeinen Belastung des Betreffenden mit Fremdstoffen und dem damit verbundenen chronischen Fieberzustande seines Körpers.
Eine örtliche Behandlung der Wunde wurde nicht im geringsten vorgenommen, sondern ich sorgte zunächst durch meine ableitenden Bäder, durch Anwendung meiner Dampfbäder und durch eine geeignete Diät für Beseitigung dieses chronischen Fiebers. Bereits innerhalb einer Woche war jene Wunde zugeheilt; sie ist auch bis heute nicht wieder aufgebrochen. Nach vierzehn Tagen konnte der Mann, froh über den schnellen Erfolg, wieder gehen. Auf meine Veranlassung setzte er dann meine Kur noch einige Zeit fort, bis schliesslich seine Belastung vollständig gehoben war.

Dass die antiseptische Behandlung eigentlich keine wirkliche Heilung, sondern nur ein Interimstadium erzielt, das mögen drei interessante Kurberichte beweisen, die ich jetzt hier folgen lasse.

Zwei Mädchen wurden beide an ein und derselben Maschine am Zeigefinger in gleicher Weise verletzt, Der Knochen des äussersten Gliedes zeigte sich mehrere Male zersplittert und zerbrochen, wogegen die anderen Gelenke unversehrt geblieben waren. Alter und Konstitution der Mädchen waren ebenfalls gleichmässig. Das erste ging zum Arzt und liess sich antiseptisch behandeln, während das zweite mein Verfahren gebrauchte. Der Arzt des ersten Mädchens hatte sofort die einzelnen Knochensplitter heraus operiert und mit Jodoform nicht gespart. Das Mädchen musste sehr viele Schmerzen ausstehen, bis schliesslich nach acht Wochen der Finger soweit zugeheilt war, dass es zur Not wieder arbeiten konnte. Leider war aber das äusserste Gelenk durch Herausnahme der Knochensplitter verkrüppelt, und der ganze Finger hatte dadurch eine entstellte Form bekommen. Bei jedem grösseren Witterungswechsel empfand das Mädchen ausserdem noch jahrelang recht bedeutendes Reissen in der alten Wunde, durch nichts anderes hervorgerufen, als durch die bei der falschen Behandlungweise direkt eingeführten Fremdstoffe (Jodoform). Auch blieb der Finger ohne Gefühl.

Die zweite Patientin, die meine Methode gebrauchte, erzielte bei weitem bessere Resultate. Mein erstes Bestreben war, die auftretenden Schmerzen zu beseitigen. Das gelang mir bereits im Laufe des ersten Tages. Dabei wurde genau das früher beschriebene Verfahren, die nassen Leinwand-Umschläge und ableitende Bäder angewendet; letztere deshalb, weil das Mädchen auch sonst nicht unerheblich belastet war. Ohne irgend welches Zuthun ist jener Knochensplitter nach zwei Tagen herausgeschworen, ohne der Patientin besondere Schmerzen zu verursachen. Am sechsten Tage folgte das zweite grössere Stück. Nach vier Wochen war sie im stande, ihre Arbeit wieder aufzunehmen. Nach sechs Wochen war der Finger völlig ausgeheilt, ohne irgend welche Gefühllosigkeit, Verkrüppelungen oder Narben zu hinterlassen. Auch haben sich bis heute keinerlei Schmerzen bei Witterungswechsel eingestellt. Wer war also hier der bessere Heilkünstler, die Natur oder die Antisepsis? Immer wieder die Natur, nicht die Antisepsis, welche, Gift in die Wunden streuend, die Lebenskraft herabmindert. Das Verfahren heilt wohl, aber völlig unvollkommen.

Ein anderer, nicht weniger interessanter Heilbericht betrifft einen Mann, welchem im Jahre 1879 am linken Fussgelenke mehrere Sehnen- und Muskelbänder zerrissen worden waren. Der Patient musste acht Wochen liegend zubringen. Man behandelte ihn mit Salbe. Nachdem der Fuss geheilt war, blieb doch noch eine Anschwellung und eine Schwäche in demselben zurück. Diese machte sich dadurch bemerkbar, dass der Fuss beim Gehen öfters nach aussen überklappte und damit ein schmerzhaftes Gefühl für den Laufenden erzeugte. Da dieser Patient auch im allgemeinen innerlich erkrankt war, so wandte er meine Kur im März 1889 an und setzte dieselbe, da sie ihm sehr gut bekam, längere Zeit fort. Anfang Februar 1890 entzündete sich für einige Tage jene Stelle am Fusse wieder, derentwegen er vor Jahren acht Wochen liegen musste. Gleichzeitig traten Schmerzen ein, welche drei Tage anhielten. Da er nebenbei meine Kur gebrauchte, so waren schon am vierten Tage Entzündung und Schmerzen beseitigt, zu gleicher Zeit aber auch die frühere allgemeine Körperschwäche und das lästige Umklappen des Fusses. Aus diesem Falle geht recht deutlich hervor, wie jene vor 11 Jahren erhaltene Verletzung, damals nicht richtig geheilt durch mein naturgemässes Verfahren in der That zu wirklicher Heilung gelangte.

Ein gleich erfreuliches Resultat erzielte ein Militär, dem im Kriege die Kniescheibe zertrümmert worden war. Ungeachtet aller möglichen Mittel war er nicht geheilt worden. Das Bein war nicht ganz steif, aber doch in seiner freien Bewegungsfähigkeit wesentlich behindert. Dieser Fall verdient um so mehr Beachtung, als jener Patient 20 Jahre lang nach den Prinzipien der alten Naturheilkunde behandelt wurde, ohne jedoch den gewünschten Erfolg zu erreichen. Zwanzig Jahre nach seiner Verletzung gebrauchte jener Herr meine Bäder und zwar nicht wegen seines Knies, sondern um überhaupt deren Wert zu erproben. Nicht wenig war er erstaunt, als nach einiger Zeit die Kniescheibe sich wieder etwas zu entzünden begann, ein Beweis, dass man früher die Verletzung nicht richtig geheilt hatte. Unter Fortsetzung meiner Kur war jedoch die Entzündung in kurzer Zeit wieder gehoben. Noch grösser war aber sein Erstaunen, als sich nunmehr sein Bein wieder vollständig beweglich, völlig leistungsfähig zeigte.



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Dieses Buch ist ein altes Fachbuch, der Inhalt entspricht nicht dem aktuellen Stand der Medizin. Angegebene Therapien entsprechen höchstens dem Stand der Medizin zum angegebenen Druckdatum. Dasselbe gilt für eine ggf. angegebene Rezeptur für ein Medikament. Diese entsprechen nicht dem heutigen Stand der Medizin und sind unter Umständen sogar körperlich schädigend. Die Zubereitung von Rezepturen und die Anwendung derselben gehört in die Hände erfahrener Ärzte und Apotheker.
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Rückblick
26. 4. 1829
Geburtsdatum des Chirurgen Christian A.T.B. Billroth, der sich mit den von ihm entwickelten Magenoperationen verewigte (Billroth-I- und -II-Operation). Außerdem entwickelte der operative Techniken zur Kehlkopfentfernung und transvaginalen Uterusentfernung (Hysterektomie).

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