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Lehrbuch der Gynäkologie

Otto Küstner, 4.Auflage 1910

 

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IV. ABSCHNITT.
Die Krankheiten der Tuben, Ovarien und benachbarten Gewebsabschnitte.

Kapitel XV.
Die Krankheiten der Tuben. Bildungsanomalien, Entzündungen.
Von Albert Döderlein.

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Verlauf und Prognose.


Die allgemeine Meinung geht dahin, daß alle Tubenentzündungen, namentlich die häufig vorkommenden gonorrhoischen und septischen, solange nicht schwere Wandveränderungen oder Verwachsungen eingetreten sind, völlig ausheilen können, so zwar, daß auch die Funktion der Eileiter weiterhin nicht gestört ist. Es wird nicht leicht möglich sein, Gegenbeweise gegen diese herrschende Anschauung zu erbringen, doch scheint mir aber auch der positive Beweis hierfür nicht über allen Zweifel gegeben zu sein. Die Schwierigkeit liegt an der objektiven Feststellung der "katarrhalischen" Salpingitis, unter welchem nicht ganz unbestreitbaren Begriff man funktionellsekretorische Störungen der Tubenschleimhaut ohne anatomische Läsionen versteht. Ob virulente, pathogene Keime, wie Gonokokken und Streptokokken, durch eine derartige Reaktion des Organs abgeschlagen werden können, so daß eine Restitutio ad integrum folgt, kann deshalb nicht zweifelsfrei festgestellt werden, weil die direkte Gewinnung von Tubensekret nur einem besonders günstigen Zufall zu verdanken wäre. Ohne bakteriologische Untersuchung aber bleibt die Diagnose eines Tubenkatarrhs immer eine unbeweisbare Annahme, und die folgende Wiederkehr der Gesundheit des Organs kann nicht bedingungslos den Schluß des tatsächlichen Ablaufes einer derartigen Infektion rechtfertigen.

Sind aber erst in der befallenen Tube greifbare Veränderungen entstanden, ist namentlich der Tubenverschluß mit konsekutiver Eiterfüllung und Verwachsung des Organs eingetreten, so ist natürlich eine völlige Ausheilung, ein Wegsamwerden des Tubenkanals und Freiwerden des Organs, spontan wenigstens, ausgeschlossen. Wer auf dem Sektionstisch oder, wozu wohl jetzt häufiger die Gelegenheit sich bietet, bei Operationen diese Veränderungen oftmals gesehen, wer erfahren hat, wie schwer sich solche Adhäsionen selbst mit direkter Gewalt lösen lassen, wer weiter sich durch mikroskopische Untersuchung überzeugen konnte, welche tiefgreifenden Veränderungen und Zerstörungen in Schleimhaut und Wandung der Tube eintreten, dem wird eine völlige Ausheilung wirklicher Entzündungen der Tuben nicht mehr annehmbar erscheinen.

Meine Erfahrung hat mich belehrt, daß gonorrhoische Endosalpingitis so wenig wie die tuberkulöse Salpingitis zur spontanen Ausheilung kommt, so daß Restitutio ad integrum folgt. Ich habe jung verheiratete, gleich nach Eingehen der Ehe gonorrhoisch infizierte Frauen gesehen, welche sich mehr als 10 Jahre mit der gonorrhoischen Salpingitis und Pyosalpinx von einem Gynäkologen zum anderen, von einer Kur zur anderen unter Durchwanderung aller Bäder durchgeschleppt haben, um schließlich doch dem Messer zu verfallen. Ist es einmal innerhalb der Tube zur Entzündung und Eiterproduktion gekommen, so ist das Schicksal besiegelt. Durch Pelveoperitonitis verschließt sich das Ostium, die Tube füllt sich mit Eiter, verwächst im Becken, die Schleimhaut geht zugrunde, und das Verlorene kann nicht wieder ersetzt werden. Ich glaube, daß auch die septischen endosalpingitischen Prozesse gleich ungünstig liegen. Die puerperalen Erkrankungen laufen ja in der Regel gemäß den Eigenschaften der Streptokokken im Beckenbindegewebe ab.
Die hier sich auftürmenden Exsudate kommen im Laufe der Zeiten völlig zum Schwund und zur Heilung bis zur Restitutio ad integrum, da keine Gewebszerstörung stattgefunden hat. Etabliert sich die Entzündung aber auf und in der Tubenschleimhaut, so wird ebenso wie bei endoovariellen Abscessen die Krankheit ungleich schlimmer als bei Lokalisation in den Lymphgefäßen des Beckenbindegewebes. Die vereiterten Organe sind zu schwer geschädigt, um heil werden zu können.

Auch die tuberkulösen Entzündungen der Tube halte ich für eine sehr bösartige, hartnäckige Erkrankung, ohne dabei bestreiten zu wollen, daß ausnahmsweise mit wenig Veränderungen der Prozeß zum Stillstand kommen kann, wie HEGAR in einem Falle beobachtete.

Wenn ich somit die. Prognose einer - ich möchte besonders betonen - wohlcharakterisierten, klinisch sicher nachweisbaren Salpingitis mit ausgeprägten Folgezuständen, Verwachsung und Füllung, quoad valetudinem für ungünstig ansehe, so möchte ich andererseits die Prognose quoad vitam als günstig bezeichnen, von schweren Komplikationen , wie etwa bei septischen und tuberkulösen Prozessen, natürlich abgesehen. In der Tubenentzündung selbst mag nur ganz ausnahmsweise eine Lebensgefahr liegen; bei jenen Fällen von Cachexia gonorrhoica findet man außer der Tuben- und Uterusgonorrhoe weit ausgebreitete Zellgewebsexsudate, alle Beckenorgane und ihre Nachbarschaft sind ergriffen und so ein Komplex von Krankheiten im Unterleib geschaffen, der die Gefahr der einzelnen Organleiden übertäubt. Besonders schlimm ist die Vorhersage und der Verlauf, wenn große Pyosalpinxsäcke mit der Darmhöhle durch Fisteln kommunizieren. Durch immer erneute Darminfektion und Verjauchung der eröffneten Höhlen kompliziert sich hier der Prozeß lebensgefährlich, ähnlich wie man dies gelegentlich nach Punktion oder Läsion, oder sonst unvollständigen Operationen an Tubensäcken beobachtet. Auch die an sich nicht lebensbedrohliche Salpingitis tuberculosa kann durch gleichzeitige anderweite Tuberkulose, namentlich solche des Bauchfells, zu ernsten Sorgen für das Leben der Kranken Anlaß geben.

Die Prophylaxe der Salpingitis entbehrt nicht der praktischen Bedeutung, insofern wir wohl imstande sind, bei Frauen mit frischer Gonorrhoe die Neigung zur Aszendenz der Gonokokken zu bekämpfen. Aus diesem Grunde sind alle intrauterinen, ja schon intracervikalen Manipulationen vollkommen zu unterlassen, da durch unsere Aetzsonden, intrauterinen Spritzen, sowie durch etwaige Spülungen leicht eine Begünstigung für die Aszendenz geschaffen werden könnte. Man wird in solchen Fällen auch den Mann auf die schädlichen Folgen immer neuer gonorrhoischer Nachschübe und der mit dem Geschlechtsverkehr verbundenen Verschlechterung und Propagation der Entzündung der weiblichen Genitalien aufmerksam machen. Es ist dies namentlich bei jung Verheirateten von Wichtigkeit. Läßt sich der Mann ausheilen, lokalisiert sich inzwischen bei völliger Genitalruhe der Frau die gonorrhoische Infektion auf die Cervix, so kann auf diese Weise jene zur vollkommenen Zerstörung der Genitalien und Tuben führende, Sterilität und Siechtum nach sich ziehende schwerste Form der Gonorrhoe wirksam bekämpft sein.

Viel Unheil entsteht ferner, wenn bei vorhandenen Tubenerkrankungen operative Eingriffe am Uterus, wie Sondieren, Curettieren, Portioamputation, ausgeführt werden; besonders gefährlich ist hierbei auch die gewaltsame Aufrichtung fixierter Retrofiexionen in Narkose. Es sind genug Fälle bekannt, in welchen sich an solche, durch die in den Tubenveränderungen gelegenen Kontraindikationen geradezu verbotene Manipulationen eine allgemeine Peritonitis angeschlossen hat, bedingt durch Zerreißen der den Herd lokalisierenden Adhäsionen und Einfluß von Eiter in die Bauchhöhle. Bei jedem, auch dem scheinbar harmlosesten Eingriff an den Genitalien soll man sich über etwa vorhandene Erkrankung der Tuben, Verdickung, Verwachsung genau informieren. Daß natürlich auch bei gesunden Anhängen Operationen gefährlich werden, wenn Infektionen bei ihnen statthaben, bedarf keiner weiteren Ausführungen. Es genügt, darauf hinzuweisen, daß auch septische Mikroorganismen Pyosalpinx erzeugen.

Gegen die tuberkulöse Salpingitis ist die Prophylaxe wohl machtlos, es sei denn, das man gelegentlich einmal in der Lage wäre, auf die Gefahr des Geschlechtsverkehrs mit einem an Hodentuberkulose leidenden Manne aufmerksam machen zu müssen. Daß tuberkulöses Sperma in dieser Hinsicht sehr gefährlich ist, liegt auf der Hand.

Die oben erwähnten Experimente über Eintritt von in die Uterushöhle eingespritzten Lösungen in die Tuben erfordern prophylaktisch bei den intrauterinen Aetzungen größte Vorsicht. Wenig Flüssigkeit, möglichste Garantie für sofortigen Abfluß überschüssiger Masse durch den erweiterten Muttermund, langsames Vorschieben der Flüssigkeit unter geringem Druck wird stets die sorgfältigste Beachtung erfordern. Leicht kann sonst die gegen geringfügige Erscheinungen unternommene Behandlung furchtbare Folgen, alsbaldigen Tod oder schweres Krankenlager zur Folge haben.




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Dieses Buch ist ein altes Fachbuch, der Inhalt entspricht nicht dem aktuellen Stand der Medizin. Angegebene Therapien entsprechen höchstens dem Stand der Medizin zum angegebenen Druckdatum. Dasselbe gilt für eine ggf. angegebene Rezeptur für ein Medikament. Diese entsprechen nicht dem heutigen Stand der Medizin und sind unter Umständen sogar körperlich schädigend. Die Zubereitung von Rezepturen und die Anwendung derselben gehört in die Hände erfahrener Ärzte und Apotheker.
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26. 4. 1829
Geburtsdatum des Chirurgen Christian A.T.B. Billroth, der sich mit den von ihm entwickelten Magenoperationen verewigte (Billroth-I- und -II-Operation). Außerdem entwickelte der operative Techniken zur Kehlkopfentfernung und transvaginalen Uterusentfernung (Hysterektomie).

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