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Alte medizinische Bücher im Internet

Lehrbuch der Gynäkologie

Otto Küstner, 4.Auflage 1910

 

IV. ABSCHNITT.
Die Krankheiten der Tuben, Ovarien und benachbarten Gewebsabschnitte.

Kapitel XVI.
Die Krankheiten der Tuben. Tubengravidität, Tubenneubildungen.
Albert Döderlein.

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Verlauf udn Symptome


Die Symptomatologie dieser Vorgänge ist bei der Verschiedenartigkeit der Vorkommnisse nicht einheitlich, es sind aber nicht prinzipielle, sondern nur graduelle Unterschiede, die den Wechsel der Erscheinungen bedingen. Gemeinsam ist den meisten Fällen, daß bei im geschlechtsreifen Alter - unter 71 unserer Kranken war die jüngste 20, die älteste 41 Jahre alt - stehenden Frauen die Periode einmal, seltener mehrmals ausgeblieben ist. so daß bei den Kranken selbst der Verdacht oder die Gewißheit Platz greift, daß sie schwanger sind, zumal wenn die üblichen initialen Schwangerschaftserscheinungen auftreten.

Solange das Ei intakt ist und ungestört wächst, hat die Kranke keinerlei Empfindungen von der ektopischen Insertion, wenn überhaupt, glaubt sie sich uterin schwanger. Erleidet sie nun einen äußeren Fruchtkapselaufbruch (Tubenruptur) oder bei innerem eine sehr abundante Blutung, so tritt ganz plötzlich und unvorbereitet die Katastrophe ein. Die Kranke bricht plötzlich zusammen, wird unter zunehmender Anämie bewußtlos. Blässe des Gesichtes, kleiner, fadenförmiger Puls, Lufthunger bezeugen die drohende Lebensgefahr. Noch bevor ein Arzt zur Stelle ist, kann die Kranke verblutet sein. Ja, ich habe wiederholt Fälle gesehen, daß bei in der Klinik befindlichen Kranken, bei denen alles schon zur Operation vorbereitet war, plötzlich abundante, abdominelle Blutungen auftraten, so daß wir schon nach wenigen Minuten zu spät mit der Operation kamen.

Uebersteht die Kranke die Attacke, indem unter dem Sinken des Blutdruckes und vielleicht auch durch in den Riß sich eindrängende und diesen verstopfende Gewebsmassen, wie Chorionzotten, die Blutung sich vermindert und zum Stillstand kommt, dann schließt sich ein schweres Krankenlager an. Das in das Abdomen ergossene Blut sackt sich in den tiefsten Partien ab, gerinnt zum Teil, bleibt aber zum anderen Teil flüssig, überall zwischen den Dannschlingen sich verteilend. Auch wenn es sich nicht zersetzt, was übrigens relativ selten vorkommt, treten sehr lebhafte Schmerzen auf. Diesen akut einsetzenden, stürmisch und katastrophal verlaufenden, äußerst lebensgefährlichen Ereignissen gegenüber stehen jene unter dem Bilde des Tubenabortus verlaufenden Fälle, bei welchen wir der modernen Auffassung zufolge inneren Fruchtkapselaufbruch annehmen, der unter Umständen sogar den Kranken selbst kaum oder gar nicht zum Bewußtsein und ohne ärztliche Intervention zur spontanen Ausheilung kommen kann. Es ist wohl denkbar, daß ganz junge, nur wenige Tage entwickelte Eier sich in Eikapselhämatome umwandeln, Tubenmolen werden, ohne daß Blut, wenigstens nicht in fühlbarer oder nachweisbarer Menge, in die Peritonealhöhle austritt. Dann deuten vielleicht nur geringfügige Störungen in der Menstruation, denen gar kein Gewicht von der Frau beigelegt wird, auf das Ereignis hin, dessen günstiger frühzeitiger Ausgang die Frau vor schwerer Erkrankung bewahrte.

Ohne scharfen Uebergang reihen sich hieran jene Fälle, wo es doch zu größerer Tumorenbildung in dem abgestorbenen Ei und in der Tube kommt (vgl. Fig. 238), wo aber Blutansammlungen in der Bauchhöhle fehlen, Tubenmole ohne Haematocele, von denen ich, wie oben bemerkt, unter meinem operativen Material 18 Fälle zu verzeichnen habe, ein Zeichen dafür, daß diese Kranken nach kürzerer oder längerer Zeit doch ärztliche Hilfe aufsuchen und zur Exstirpation des Tumors sich entschließen. Auch hier beherrscht die Unregelmäßigkeit, Dauer und Heftigkeit des Blutabganges aus dem Uterus das Krankheitsbild. Die Periode ist einmal ausgeblieben, die Frau kann sich schwanger gefühlt haben, im 2. bis 3. Schwangerschaftsmonat stellen sich Blutungen ein, mit oder ohne Beschwerden. Es wird von der Frau, vielleicht auch von der Hebamme und dem Arzt, zunächst ein uteriner Abortus vermutet, in welcher Annahme der Abgang einer eiähnlichen Masse, der Decidua uterina, noch mehr bestärkt. Die Blutung hört jedoch nicht auf, die gewöhnlich angewandten medikamentösen Mittel bleiben erfolglos, im Gegenteil, es blutet stärker, wochenlang, dazu treten dann mehr und mehr Leib- und Kreuzschmerzen , so daß sich die Frauen schließlich krank fühlen. Es werden sich zwischen dieser ersten und zweiten Gruppe Uebergänge finden, ebenso wie von der zweiten zur dritten, in welche ich die Fälle mit intraperitonealem Bluterguß, Haematocele oder seltener extraperitonealem, intraligamentärem Hämatom einrechne. Alle Erscheinungen werden hier ausgeprägter, die Anämie wird stärker, ja schließlich können sich hier Kollapszustände einstellen, die Blutergüsse können das ganze Becken erfüllen und noch weit hinaus in die Bauchhöhle reichen, so daß sowohl der Blutverlust im Krankheitsbilde ein aufdringlicher wird, als auch Verdrängungs- und Kompressionserscheinungen hinzutreten. Die Krankheit kann hier ganz akut einsetzen mit einer heftigen Blutungsattacke oder aber sie kann sich auch mehr chronisch einschleichen, um schließlich doch sehr heftige und bedrohliche Erscheinungen auszulösen. Auch hierbei findet Abgang uteriner Decidua statt, gelegentlich sogar unter heftigen Wehen, mit vaginalen Blutungen, die sich daran anschließend mit wechselnder Stärke, doch selten profus. meist in mehr kontinuierlichem Abgang dunkeln, flüssigen Blutes über Wochen hinaus erstrecken. Das Krankheitsbild wird also von den durch das Bersten des Eies veranlaßten und mit diesem einsetzenden Blutungen aus der Tube beherrscht, an die sich dann nach dem Absterben des Eies die mit der Lösung und dem Abgang der Decidua uterina auftretenden uterinen Blutungen anschließen. Ob die vaginalen Blutungen dann weiterhin nur im Uterus ihre Quelle haben, oder ob sich hiermit auch aus der Tube nach dem Uterus zu entleertes Blut vermengt, ist nicht zu unterscheiden, wohl aber möglich. In der Regel stellt nach dem Kapselriß das Ei seine weitere Entwickelung ein, der Embryo stirbt ab, in ganz seltenen Fällen entwickelt er sich aber weiter, sogar bis zum Ende der Zeit, sekundäre Bauchhöhlenschwangerschaft.

Meistens findet man bei den durch Operationen gewonnenen Präparaten nichts mehr vom Embryo, da ja, abgesehen von den sofort nach dem Riß zur Operation kommenden, frischen Fällen, welche die Ausnahmen darstellen, Wochen verstreichen, bis der Zustand erkannt wird; inzwischen ist der nur wenige Wochen entwickelte Embryo zerfallen. Das Ei kann in der Tube verharren, wird mehr und mehr in Blutkoagulis eingehüllt, zur Mole umgewandelt und kann wohl in loco resorbiert werden. In anderen Fällen wird es ganz oder teilweise in die Bauchhöhle ausgestoßen, selten bei interstitieller Gravidität in den Uterus und weiterhin nach außen.

Ist das Ei ganz gelöst oder nach Sistieren weiterer Entwickelung in eine Mole umgewandelt, dann hören allmählich die Blutungen aus seinem Bett schließlich auf und mit der Resorption der ergossenen Blutmassen und des Eies selbst beginnt die Heilung, die je nach der Größe des zu resorbierenden Materials kürzere und längere Zeit, meist jedoch Monate dauert.

Wir können somit 3 Stadien im Verlaufe einer Tubenschwangerschaft unterscheiden. Das I. Stadium betrifft die ohne pathologische Erscheinung sich vollziehende Einnistung und Entwickelung des Eies, das 2. Stadium stellt die durch inneren oder äußeren Fruchtkapselaufbruch erzeugte Katastrophe dar, die in der Regel das Ende der Entwickelung und den Beginn der Erkrankung oder auch den Tod der Kranken herbeiführt, und das 3. Stadium, dasjenige der Ausheilung, in welchem die Eiprodukte samt den gesammelten Blutmassen vom Organismus wieder aufgezehrt werden.




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Achtung!
Dieses Buch ist ein altes Fachbuch, der Inhalt entspricht nicht dem aktuellen Stand der Medizin. Angegebene Therapien entsprechen höchstens dem Stand der Medizin zum angegebenen Druckdatum. Dasselbe gilt für eine ggf. angegebene Rezeptur für ein Medikament. Diese entsprechen nicht dem heutigen Stand der Medizin und sind unter Umständen sogar körperlich schädigend. Die Zubereitung von Rezepturen und die Anwendung derselben gehört in die Hände erfahrener Ärzte und Apotheker.
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