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Lehrbuch der Gynäkologie

Otto Küstner, 4.Auflage 1910

 

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IV. ABSCHNITT.
Die Krankheiten der Tuben, Ovarien und benachbarten Gewebsabschnitte.

Kapitel XVI.
Die Krankheiten der Tuben. Tubengravidität, Tubenneubildungen.
Albert Döderlein.

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Diagnose


Die Diagnose ist zwar je nach dem Stadium, in dem man die Krankheit trifft, mehr oder weniger sicher zu stellen, bietet im allgemeinen aber keine großen Schwierigkeiten.

Von größtem Wert ist stets die Anamnese, die in dem Ausbleiben der Menstruation den wichtigsten Fingerzeig gibt. Nur in wenigen Fällen erreicht schon im 1. Schwangerschaftsmonat die Entwickelung des Eies ihr frühes Ende, meistens findet sich ein Menstruationstermin übergangen. Sehr anschaulich wird dies in den KALTENBACHschen Blutungsbildern wiedergegeben, wovon Fig. 239 ein Beispiel darstellt. Die oft zuerst nicht ganz klaren Blutungsverhältnisse müssen durch genaueres Befragen festgestellt werden, was besonders notwendig wird, wenn man die Frau erst in der späteren Zeit der Krankheit zu sehen bekommt, wo ihr Erinnerungsvermögen nicht mehr ganz zuverlässig ist. Abgesehen von diesem einheitlichen Kardinalpunkt, baut sich die Diagnose auf sehr verschiedene Erscheinungen auf, je nach dem Stadium, in dem uns die Tubenschwangerschaft entgegentritt. Das 1.Stadium, eine im 1. oder 2. Schwangerschaftsmonat befindliche lebende Tubenschwangerschaft in noch ungestörter Entwickelung zu diagnostizieren, wird man nur ganz selten Gelegenheit haben. Die Frauen haben keine Veranlassung, in diesem 1. Stadium ärztlichen Rat einzuholen. Aber auch wenn man Gelegenheit hätte, kombiniert zu untersuchen, würde man die weiche Anschwellung in der Tube nicht tasten können. Die Schwangerschaftserscheinungen deuten wohl auf eine stattgehabte Konzeption hin. Der Uterus erweist sich aber von einer Weichheit und einer dem 2.-3. Schwangerschaftsmonat entsprechenden Größe, so daß man zunächst auch palpatorisch keinen Grund findet, eine ektopische Eiinsertion zu vermuten.


Fig. 239. Typisches Blutungsbild bei Tubengravidität mit innerem Fruchtkapselaufbruch und Bildung einer Haematocele retrouterina. X Operation, Heilung.


Um so häufiger wird die ärztliche Hilfe und die diagnostische Kunst im 2. Stadium, der Berstung des Eies, erbeten, wo ja oft genug augenblickliche Lebensgefahr droht. In den Fällen von plötzlicher, starker, innerer Blutung besonders bei äußerem Fruchtkapselaufbruch, der bisher sogenannten "geplatzten Bauchhöhlenschwangerschaft", drängen die äußerst prägnanten Symptome die Diagnose geradezu entgegen. Ausbleiben der Menstruation legt schon der Kranken die Vermutung eingetretener Schwangerschaft nahe, plötzlich traten mit oder ohne Schmerz im Leibe rasch zu beängstigender Höhe anschwellende Verblutungserscheinungen und anämische Zustände ein, ohne daß ein Blutverlust nach außen bemerkt wird. Der Leib ist aufgetrieben, in dessen abhängigen Partien freier Erguß nachweisbar, die vorher blühend gesunde Frau wird in kürzester Zeit totenbleich, bewußtlos, pulslos.

Die Diagnostik ist hier vor leichtere Aufgaben gestellt als die Therapie, die Erzählung der Angehörigen genügt fast meist schon, um den Arzt durchschauen zu lassen, was vorliegt. Auch bei innerem Fruchtkapselaufbruch können die Erscheinungen sich akut zusammendrängen, so daß man sich schon vor der Untersuchung ein Bild von der Natur der Erkrankung machen kann. Entwickelt sich aber der Zustand langsamer, chronischer, dann kommt der Diagnostik ein nicht zu übersehender, auch von den nicht Geübten unschwer zu erhebender Touchierbefund zu Hilfe. Bleibt das Ei als Fruchtkapselhämatom und Mole in der Tube, dann hat seine Konsistenz bald an Härte so gewonnen, daß wir leicht neben dem Uterus, aber mit diesem durch einen Stiel in Verbindung, einen mehr oder weniger beweglichen Tumor tasten können. Ich verweise auch hier zur Illustration auf den in Fig. 23ü abgebildeten Fall. Hat sich aber eine Haematocele retrouterina gebildet, dann stößt der touchierende Finger im hinteren Scheidengewölbe auf den dieses abflachenden oder sogar vordrängenden Tumor, der die Scheiden wände geradezu zusammenpressen kann. Seine Konsistenz ist je nach dem Alter des Blutergusses weich bis festweich bis derb; im Gegensatz zu eingewachsenen Kystomen oder Fibroiden, die eventuell differentielldiagnostisch in Frage kommen, hat der Tumor keine scharfe Konturierung, er gießt vielmehr die hintere Beckenhälfte aus und ist ganz unbeweglich. Nur alte, kapsuläre Hämatocelen konturieren sich besser und werden etwas verschieblich. Die Portio vaginalis ist nach vorn und oben disloziert, oft so hoch über der Symphyse, daß man Mühe hat, bis zu ihr zu touchieren und sie aufzufinden. Das Corpus uteri liegt, wenn heraustastbar, der Vorderwand des Tumors auf, meist etwas seitlich verschoben.

In diesen Fällen kommt dann noch ein nicht gerade immer, aber doch meistens eintretendes und nicht selten direkt zu beobachtendes Phänomen hinzu, der Abgang der uterinen Decidua, die sich durch stärkere vaginale Blutung und wehenartige Schmerzen kundgibt und, wenn in toto ausgestoßen, einen 3-zipfligen Ausguß der Uterushöhle darstellt, an dem die 3 Ostien wohlerkennbar sind. Die eventuelle mikroskopische Untersuchung nimmt den letzten Zweifel.

Fieber fehlt, ein gegenüber Entzündungen wichtiges differentielles Zeichen, sofern nicht ein Zersetzen des ergossenen Blutes eingetreten ist, was relativ selten vorkommt.

So wünschenswert es für die Wahl der Therapie wäre, das 2.Sadium des Kapselaufbruches mit den sich oft über längere Zeit hinziehenden und sich wiederholenden Blutungsattacken gegen das 3. grenzen, wo das Ei gelöst oder in eine Mole verwandelt zur Ruhe kommt und keine weiteren Blutschübe erfolgen, so unmöglich wird dies in praxi, sind doch Fälle genügend klar und häufig beobachtet, wo später zu dem inneren Kapselaufbruch noch der ungleich gefährlichere äußere hinzukam, dem die anscheinend schon über die schlimmste Zeit hinweggekommene Kranke rasch erlag. Immerhin bieten sich auch hierfür einige Anhaltspunkte, die uns allerdings nicht in zu große Sicherheit wiegen dürfen. Ist längere Zeit seit der 1. Attacke verstrichen, ohne daß neue Stürme sich einstellen, beruhigen sich die Schmerzen, wandelt sich die vaginale Blutung in bläulichschwärzlichen Ausfluß um, dem kein helles Blut mehr beigemischt wird, konsolidiert sich der Bluttumor derart, daß er unter deutlicher Verkleinerung härter wird, dann gewinnt von Tag zu Tag die Annahme, daß das 3. Stadium glücklich erreicht ist, an Wahrscheinlichkeit.

Je nach dieser Diagnose des Stadiums richtet sich in erster Linie die Prognose und sodann die Therapie.

Im allgemeinen ist die Prognose jeder Tubengravidität immer ernst zu stellen, die Frau steht mit einem Fuß im Grabe, droht doch immer die Gefahr der inneren Verblutung. Vermag man nun auch in keinem Fall diese Katastrophe auszuschließen, so ereignet sie sich doch seltener, als man dies früher vermutete. Die Statistik ergibt auf 8-10 Fälle von der Verlaufsart eines Tubenabortus einen mit Tubenwandruptur. Die unter dem Bild des Tubenabortus ablaufenden Fälle bedrohen das Leben viel weniger, die Frauen gehen aber auch hier schwerer, langdauernder Krankheit entgegen, deren spontane Ausheilung viele Wochen und Monate währen kann.

Von meinen 71 Fällen starben 5 Frauen, gleich einer Mortalität von 7 Proz.




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Dieses Buch ist ein altes Fachbuch, der Inhalt entspricht nicht dem aktuellen Stand der Medizin. Angegebene Therapien entsprechen höchstens dem Stand der Medizin zum angegebenen Druckdatum. Dasselbe gilt für eine ggf. angegebene Rezeptur für ein Medikament. Diese entsprechen nicht dem heutigen Stand der Medizin und sind unter Umständen sogar körperlich schädigend. Die Zubereitung von Rezepturen und die Anwendung derselben gehört in die Hände erfahrener Ärzte und Apotheker.
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20. 4. 1945
Johannes Sobotta (1869-1945) bekannt geworden durch seine anatomischen Zeichnungen stirbt 76-jährig.

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