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Neue Heilwissenschaft

Louis Kuhne, Leipzig 1896

 

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Rheumatismus und Gicht, Ischias, Schiefwerden, Verkrüppelungen, kalte Hände und Füsse, heisser Kopf, deren Entstehung, Wesen und Heilung.
Von Louis Kuhne.

Seite: 6/6Zurück (Kalte Hände)[ Einleitung | Gelenkrheumatismus | Gicht | Ischias | Kalte Hände | Schiefwerden ]


Schiefwerden


Jetzt komme ich nun zum Schiefwerden.

Aus meinen Darlegungen haben Sie gesehen, dass alle bis jetzt Ihnen vorgeführten Krankheitsformen sich auf eine gemeinsame Ursache zurückführen lassen. Vielleicht werden Sie aber trotzdem staunen, wenn ich an Gicht und Rheumatismus die eingangs bereits genannten krankhaften Veränderungen im Körper, wie hohe Schulter, hoher Rücken, Verkrümmungen, Schiefwerden u. s. w. unmittelbar anreihe. Und doch haben diese, wie ich Ihnen zeigen werde, mit den genannten Krankheiten eine gemeinsame Ursache; nämlich die Belastung des Körpers mit Fremdstoffen und vermehrte Ablagerung derselben an einzelnen Körperstellen. Häufig treten. diese Krankheiten vereint auf. Wenn wir nach den Ursachen der Krankheitserscheinungen fragen, so werden Sie selbst erwidern: Die Veränderungen können nur durch Ablagerung von Fremdstoffen entstanden sein, sie sind gewissermaassen ein Gichtzustand im. grossen Maasstabe. Darin haben Sie auch das Rechte getroffen. In welcher Weise aber die Ablagerung erfolgte und wie sie allmählich nach einer bestimmten Stelle ihren Weg nahm, das will ich Ihnen an der Hand einiger Abbildungen erläutern. Die Erfahrung zeigt, dass es lange dauert, ehe die Fremdstoffe grosse Auswüchse und Veränderungen am Körper hervorzubringen vermögen; es gehören Jahre dazu. Mitunter schafft sich der Körper auch durch akute Krankheit wieder Luft und scheidet dabei so viel Fremdstoffe aus, dass die Auswüchse und Körperveränderungen zeitweilig wieder verschwinden, sodass Jahrzehnte vergehen können, bis aus den ersten Anfängen die ausgebildete Verwachsung fertig geworden ist. Dieselben Fremdstoffe also, die bei dem einen Pocken, dem anderen Typhus, dem dritten Diphtheritis u. s. w. hervorrufen, bringen, sobald der Körper nicht mehr die Lebenskraft hat, durch akute Fieberkrankheiten sich ihrer zu entledigen, dieses Schiefwerden und die Verkrüppelung zustande. Die Krankheitsstoffe wählen sich besondere Ablagerungs-Sammelorte, meist solche, wo sie dem Organismus möglichst wenig hinderlich sind, und wo sie möglichst aus dem fortwährenden Getriebe abseits liegen; so kann die Krankheit selbst, wenn die Ablagerungen an einer Stelle erfolgten, an der keine wichtigen Organe liegen, recht wenig lästig sein.

Die äusseren Veränderungen fallen allerdings nach und nach auf, und man sucht nach allen möglichen Erklärungen. Meist soll der Beruf schuld sein, der eine einseitige Beschäftigung verlangt, oder eine besondere Angewohnheit, z. B. schiefes Sitzen. Gewiss tragen sie etwas bei, aber sie helfen. nur den Weg bestimmen, tragen also nur zu jener Form bei, welche die Veränderung annimmt. Bei völlig gesunden Personen können durch einseitige Stellungen nie Verkrümmungen eintreten, sobald sie, dem Gefühle der Ermüdung folgend, dem Körper wieder Zeit zum Ausruhen geben.

Oft habe ich beobachtet, wie Landbewohner, welche den ganzen Tag in gekrümmter Stellung arbeiteten, sobald sie sich gelegentlich aufrichteten, eine schöne gerade und aufrechte Stellung zeigten. Wären diese Menschen nicht gesund gewesen, ihre Haltung würde sicherlich durch die Fremdstoffe beeinträchtigt worden sein. Im Anfange sucht man Verwachsungen in der Regel mit Hilfe des Schneiders oder der Schneiderin vor anderen Personen zu verbergen, doch auf die Dauer ist dies nicht mehr möglich.

Die Formen der Verwachsung können ausserordentlich verschieden sein, und diese Verschiedenheiten werden eben durch Beschäftigung, Gewohnheiten, Lage während des Schlafes und zum grossen Teil durch angeborene Anlage hervorgebracht. Sie werden vielleicht nicht zwei finden, bei denen die Formen ganz gleiche sind, doch kann man gewisse Grundformen unterscheiden, die ich Ihnen in nachstehenden Abbildungen vorführen will.

Fig. A zeigt Ihnen einen annähernd normal gebauten Menschen, bei dem das Ebenmaass der Glieder sofort in die Augen fällt. Da ist nichts zu lang und nichts zu kurz, nichts zu dick und nichts zu dünn, alle Gliedmaassen zeigen die richtige Proportion.

Fig. B giebt ein anderes Bild. Sie erkennen sofort die Veränderungen auf der linken Seite: unten eine Verlängerung, oben eine Erhöhung des Rumpfes, die erstere war viel früher vorhanden, weil die Fremdstoffe vom Unterleibe ausgehen und daher, auch in diesem die Veränderung immer zuerst vor sich geht; es hat dann sicher noch Jahre gedauert, ehe sich die Schulter auch hob. Hätten die Angehörigen die untere Verlängerung rechtzeitig gemerkt und die Folgen gekannt, so würden sie gewiss nicht mit der Einleitung einer geeigneten Kur gewartet haben. Freilich einen Vorwurf kann ich niemandem damit machen, denn die bisherigen Heilmethoden waren nicht im entferntesten im stande, diese Krankheiten zu heilen, erkannten dieselben sogar meist nicht als Krankheiten an. Ein so Verwachsener war eben ein Krüppel, und damit war die Sache abgemacht; wie aber diese Verkrüppelungen zustande gekommen, aus welchen Ursachen sie hervorgegangen, das hat wohl bis jetzt noch niemand klar erkannt. Meine neue Heilweise steht diesen Kranken nicht mehr so hilflos gegenüber wie die bisherigen Methoden, und der Weg der Heilung durch diese Methode hat in den verschiedensten Fällen den Beweis ihrer Richtigkeit erbracht. Ich habe mir immer erst aus meiner Praxis meine Theorie gebildet.


Fig. A.
Fig. B.

Die Fremdstoffe waren in diesem Körper eben besonders auf der linken Seite abgelagert, die Ausdehnung war hier genau so zustande gekommen wie in der Flasche mit dehnbaren Wandungen, in welcher die Gärungsmasse nur auf der linken Seite lagerte. Die Stoffe beanspruchen einen vergrösserten Raum, und da sonst kein Ausweg da ist, drücken sie durch ihr beständiges Drängen gegen die Wandungen und dehnen dieselben allmählich aus. Liegt nun die Gärungsmasse, wie hier, nur auf der linken Seite,. so wird auch nur diese ganz besonders ausgedehnt.

Durch meine neue Diagnose, die Gesichtsausdruckskunde, hätte man diese Krankheit bereits in ihren ersten Anfängen mit Leichtigkeit feststellen und dann die geeigneten Wege einschlagen können, um die Ursache dieser linksseitigen Belastung, die Fremdstoffe, aus dem Körper herauszuschaffen. Denn Jahre lang, bevor noch überaupt unten eine Verlängerung des linken Rumpfes eingetreten, war eine vermehrte linksseitige Belastung am Halse schon festzustellen, und nachdem wir die Einheit aller Krankheiten kennen und wissen, dass dies Schiefwerden ebenfalls nur durch dieselben Fremdstoffe hervorgerufen wurde, durch welche bei anderen Typhus, Diphtherie u. s. w. entsteht, so ist es ein Leichtes, auch solchen Verkrüppelungen vorzubeugen und sie zu heilen.

Nun, verehrte Zuhörer, Sie haben heute zum erstenmal kennen gelernt, wie das Schiefwerden und die Verkrüppelungen im Körper zustande kommen. Ich will Ihnen nun an weiteren solchen Fällen zeigen, wie alle diese Formen dieselbe Ursache haben.

Fig. C zeigt Ihnen einen Körper, bei dem beide Rumpfseiten ausgedehnt sind. Sie werden vielleicht zunächst nur das dunkle Gefühl haben, dass der hier dargestellte Körper das rechte Ebenmaass vermissen lässt. Ein Vergleich mit Fig. A zeigt Ihnen aber sofort, dass hier der gesamte Rumpf zu ausgedehnt ist. Namentlich ist das untere Rumpfende zu lang, weshalb denn die Beine und der Hals zu kurz geworden sind und letzterer beinahe in den Schultern steckt. In diesem Falle hat nicht nur eine einseitige Belastung des Rumpfes mit Fremdstoffen stattgefunden, sondern eine gleichmässige; infolgedessen ist denn auch der ganze Rumpf auf beiden Seiten gleichmässig durch die Stoffe ausgedehnt.
Es kommt in diesen Fällen vor, dass die Stoffe auch durch den Hals nach dem Kopfe drängen, und dann ist auch jedesmal eine abnorme Kopfbildung damit verbunden, wie Sie solche vielfach beobachten können. Ich erinnere Sie hier an das Beispiel von der Flasche, auf die wir einen Gummikopf gesetzt hatten. Die Veränderungen am Kopfe sind ganz ähnlich zustande gekommen wie in jener Flasche.


Fig. A.
Fig. C.

Aber auch das gerade Gegenteil von dieser Erscheinung können Sie oft genug beobachten, nämlich zu lange Beine und Arme und einen verhältnismässig viel zu kurzen Rumpf dazu. Die Entstehungsursache ist auch hier dieselbe, nur dass die Fremdstoffe in diesem Falle schon frühzeitig den Weg nach diesen Extremitäten einschlugen, weshalb denn der Rumpf schon lange Jahre nicht mehr in der Ausdehnung gleichen Schritt mit den Gliedmaassen halten konnte.

Niemand ahnt wohl, dass wir durch unsere einfache Methode in allen solchen Fällen das volle Ebenmaass wieder herstellen können. Freilich gehört dazu meistenteils jahrelanges konsequentes Anwenden meiner Kur, bis solche chronischen Zustände sich wieder ausgleichen, und da, wo der Organismus schon zu alt, wo also die erforderliche Lebenskraft dazu nicht mehr vorhanden ist, findet eine völlige Heilung nicht mehr statt.


Fig. D.

Fig. D giebt uns eine Form, die leider in der Gegenwart sehr verbreitet ist; die Ablagerungen haben eine Erhöhung des Rückens bewirkt, die gleichzeitig eine normale Entwickelung der Brust verhindert, so dass dieselbe auffallend flach gestaltet ist. Es hat fast den Anschein, als ob das, was hinten im Rücken zuviel, auf der Brust zu wenig sei. Die Brust nimmt sofort an Umfang zu, sobald der Rücken von seiner Last befreit wird. Selbstverständlich war auch hier der Rumpf schon ' lange vorher stark belastet gewesen, weshalb Sie mit dieser Erscheinung stets einen zu starken oder harten Leib verbunden sehen. Mitunter rührt diese Belastung aus den ersten Lebensjahren, oder sie trat schon vor der Geburt ein, und so kommt es, dass wir bereits Kinder im Alter von 4—5 Jahren mit deutlich gerundetem Rücken und flacher Brust einhergehen sehen. In dieser Zeit ist Hilfe am leichtesten und schnellsten zu bringen, weil ein noch jugendlicher Körper bei unserer Kur oft in einem Monat solche" Fortschritte macht, die ein älterer kaum in einem Jahre erreicht. Es hat dies seinen Grund in der grösseren Lebenskraft der Jugend. Wie man aber dahin gelangen kann, schon die ersten Anfänge dieser Missgestaltungen wahrzunehmen, habe ich Ihnen bereits gesagt: das ist nur durch meine Gesichtsausdruckskunde möglich.

Die Fremdstoffe können mitunter auch einen recht unregelmässigen Weg einschlagen und von einer Seite nach der anderen und wieder zurück wandern. In Fig. E sehen wir dies dargestellt. Wir nehmen wahr, wie hier die Hauptablagerungen dieser Stoffe besonders auf der linken Seite stattgefunden haben, wie dann aber in der Mitte der freie Weg durch irgend eins der dort lagernden Organe gehemmt und nach der rechten Seite hinübergelegt wurde, dann aber wieder nach der linken Seite herübergeht. Sie sehen deutlich die Ausdehnung der ganzen linken Seite nach unten und oben und in der Mitte den Zug nach rechts herüber. Eine Verkrümmung der Rückenwirbelsäule hat hier auch bereits stattgefunden. Es ist dies eine in ihren Anfängen sicher ererbte Belastung. Wollte man, um das Ebenmaass herzustellen, Geradehalter oder sonstige maschinelle Bandagen zum Geradeziehen anwenden, so würde man damit nur den Patienten quälen, aber in keinem Falle eine Heilung erzielen. Die Stoffe bedürfen einmal Raum, und oft genug ist es mir in meiner Praxis vorgekommen, dass da, wo man z. B. einen krummen Rücken mit Gewalt hereingezwungen hatte, nun auf einmal die Fremdstoffe auf der Brust ihre Ablagerungsstelle nahmen. Man hatte es also wohl erreicht, von hinten diese Stoffe fort zu bekommen, aber nur mit dem Erfolge, dass sie vorn zum Vorschein gekommen waren. Den Raum, welche die, Stoffe brauchten, konnte man ihnen nicht nehmen, nur den Ablagerungsort vermochte man zu verändern.


Fig. F.

Fig. F stellt uns eine Person dar, bei welcher die Fremdstoffe mitten auf dem Rücken eine Lagerstätte bezogen und den Körper völlig krumm gedrückt haben. Diese Erscheinung ist seltener, da die Stoffe in der Regel bis nach dem Ende drängen. Zu diesem Fall werde ich Ihnen weiter unten ein schlagendes Beispiel aus meiner Praxis bringen, wie Fig. G und H zeigen.

Ihnen allen werden bei dieser Gelegenheit die armen buckeligen Menschen, welche durch diese Verkrüppelung geradezu entstellt werden, in den Sinn kommen. Meist ist eine völlige Verkrümmung der Wirbelsäule bei denselben eingetreten. Fast ausschliesslich liegt hier eine erbliche Belastung vor. Bevor ich aber zu einzelnen Krankheitsfällen übergehe, muss ich noch einer besonderen Verwachsung gedenken.

Es kommt oft vor, dass die Stoffe noch durch den Hals dringen und im Kopfe sich ablagern. Ich erwähnte schon früher, wie der kalte Kopf davon herrührt. Bei Kindern führt dies leicht zu einer unnatürlichen Ausdehnung des Kopfes. Der unverhältnismässig grosse Kopf ist immer ein Zeichen schwerer chronischer Krankheit. Sehr häufig tritt eine solche Ausdehnung des Kopfes bereits vor der Geburt ein, die erste Folge davon ist eine schwere Geburt. Das Volk selbst hat aber auch bereits beobachtet, dass Kinder mit grossem Kopfe leicht sterben. Heute haben Sie den Grund erfahren, den Ihnen bisher noch niemand gesagt haben dürfte. Die Erklärung dieser Belastung habe ich Ihnen bereits früher an der Flasche mit Gummikopf gegeben.

Der Beweis für die vorgebrachten Behauptungen kann immer wieder nur durch die Heilung erbracht werden, welche sich auf diese Theorieen gründet. Freilich ist allen meinen Theorieen, wie ich Ihnen bereits sagte, die Praxis vorausgegangen, und erst aus dieser und meinen vielen Beobachtungen sind sie entstanden. Eine Reihe solcher Heilungen sind thatsächlich unter meiner Leitung erfolgt. Die Kur war dieselbe, wie bei den früher genannten Krankheitserscheinungen, und es mag wohl wunderbar klingen, wenn ich einen gekrümmten Rücken auf dieselbe Weise heilen will wie Husten und Schnupfen, aber wie kann ich es anders, wenn die Krankheitsursache dieselbe ist? Die Thatsachen haben auch bewiesen, dass ich recht habe, denn es schwinden alle Krankheitserscheinungen bei beharrlich durchgeführter Kur. Voraussetzung bleibt nur in allen Fällen, dass der Körper noch Lebenskraft genug hat und die Nervenverbindung nach keiner Seite unterbrochen ist, um den Heilungsprozess vorzunehmen, und ich wiederhole, was ich schon früher sagte: Es sind alle Krankheiten (richtiger die Krankheit in allen Formen) heilbar, aber nicht jeder Kranke.


Fig. G.

Fig. H.

Doch will ich Ihnen jetzt aus meiner Praxis einige Heilungen solcher Fälle vorführen.

Im Jahre 1889 kam in meine Sprechstunde eine Frau und brachte in einem Kinderwagen ihren 13 jährigen Sohn gefahren, der wegen einer schmerzhaften Verkrümmung des Rückgrats, auf dem sich, wie in Fig. 6 (Fig. G und H wurden nach der Natur aufgenommen) ersichtlich ist, ein bereits erheblicher Buckel gebildet hatte. Nur mit grösster Mühe konnte der Knabe an zwei Stöcken gehen und musste meistens gefahren werden. Ich fragte nun die Frau, was sie denn früher bereits dagegen angewendet hätte. Sie erzählte mir nun, dass das Leiden schon über zwei Jahre so störend sei, dass sie sich veranlasst gesehen hätte, ärztliche Hilfe zu suchen. Ein hiesiger Professor hatte den Knaben operiert und mit Streckbett, Eisenschienen-Verband und anderen Zwangsmitteln erbärmlich gequält, aber ohne jeden Erfolg. Medizinische und chirurgische Hilfe konnte hier nichts helfen, das hatte Frau H. deutlich erfahren, weshalb sie denn längere Zeit das Kind mit Hausmitteln weiter behandelte, bis sie zu mir kam. Ich erklärte ihr, wie hier die Krankheitsstoffe sich in dem Buckel eine Ablagerungsstätte ausgesucht hätten, und dass man, wenn das Leiden geheilt werden solle, allein auf Beseitigung dieser Stoffe bedacht sein müsse. Das leuchtete ihr ein und noch am selben Tage wurde meine Kur begonnen. Der Knabe nahm täglich drei Reibesitzbäder von je halbstündiger Dauer neben völlig reizloser Kost, und es musste dafür gesorgt werden, dass das Kind möglichst viel im Freien ausserhalb der Stadt sein konnte. Bei dem noch jugendlichen Körper traten die Fremdstoffe ausserordentlich rasch ihren Rückweg an, so dass der Erfolg ein überraschender war. Nach acht Tagen brauchte das Kind nicht mehr gefahren zu werden, sondern konnte allein mit seinen beiden Stöcken gehen. Nach weiteren vierzehn Tagen waren bereits beide Stöcke überflüssig, und die Haltung war eine viel geradere geworden. Noch zwei Wochen Kur, und der Knabe konnte wieder die Schule besuchen, die er seit längerer Zeit versäumen musste. Ein halbes Jahr hat das Kind diese Kur durchgesetzt und ist dadurch soweit gekommen, dass es wieder völlig gerade gehen kann, wie Fig. H zeigt.

Wenn ich nun behaupte, dass die Fremdstoffe, welche das Leiden hervorbrachten, dieselben waren, welche bei anderen Personen Pocken, Scharlach, Diphtherie u. s. w. hervorriefen, so mussten sie auch durch dieselbe Methode zur Ausscheidung und dadurch der Körper zur Heilung gebracht werden, und das habe ich den Eltern an ihrem Sohne bewiesen.

An demselben Tage, an welchem dieser Knabe in meine Sprechstunde kam, war auch eine Frau mit abnormen Blutverlusten und ein Mädchen von neun Jahren mit grauenhaften Flechten bei mir, welche beide alle anderen Heilmethoden bis zum TZ vergeblich durchprobiert hatten. Beide machten dieselbe Kur wie der Knabe, und alle drei wurden durch dieselbe geheilt, das war aber nur möglich, wenn die Ursachen aller drei Leiden dieselbe war, was hierdurch bewiesen ist.

In einem anderen Falle gelangte ein Fünfziger durch vierjährige konsequente Durchführung meiner Kur dahin, dass sein zu langer Rumpf und der damit verbundene zu kurze Hals und die kurzen Beine wieder ausgeglichen wurden. Von Halbjahr zu Halbjahr kam es bei diesem Herrn so, dass seine Beinkleider immer wieder zu kurz wurden, während die Schultern des Rockes in die Höhe standen. Stets war er genötigt, seine Kleider demgemäss immer wieder und wieder bei seinem Schneider verändern zu lassen, bis sein Körper wieder ziemlich normal wurde.

Nach allen diesen Ausführungen hoffe ich nun, dass Ihnen die Einheit aller Krankheiten, d. h. ihre einheitliche Ursache, verständlich geworden ist. Die Beweise dafür können Sie täglich in meiner ausgedehnten Praxis kennen lernen.

Bevor ich nun dies Thema abschliesse, will ich Ihnen noch etwas über meine neue Diagnose, die Gesichtsausdruckskunde, mitteilen, weil dieselbe noch so vielseitig missverstanden wird, obgleich sie genau so einfach und natürlich ist wie alle meine anderen Entdeckungen.

Der Umstand, dass viele meiner Patienten erst bei mir, gewissermaassen als letztem Rettungsanker, Hilfe suchten, nachdem sie alle anderen Heilmethoden erfolglos erprobt hatten, hat mir oft einen tieferen Einblick in die Diagnose der gelehrten Herren verschafft, als viele wohl glauben mögen. Dazu nur einige Beispiele. In meine Sprechstunde kam einst ein grosser, starker, nach der allgemeinen Ansicht blühend aussehender Mann und klagte mir, dass er völlig arbeitsunfähig sei. Alle Ärzte (und er hatte deren viele konsultiert) hatten ihn genau untersucht, beklopft, befühlt und behorcht, und hatten ihm schliesslich erklärt, er wäre völlig gesund, sie könnten keine Krankheit an ihm finden, er bilde sich dieselbe nur ein. Er solle nur eine Reise machen, damit er auf andere Gedanken käme, und er würde dann sein Leiden nicht mehr merken. Gesagt, gethan; aber geholfen hatte dies Mittel nichts, und so war er zu mir gekommen. Ein Blick auf seinen Hals und Kopf und die Betrachtung des ersteren bei Drehung des Kopfes nach rechts und links zeigten mir deutlich die schwere Belastung des Körpers mit Fremdstoffen, von denen der ganze Mann über und über angefüllt war. Ich verordnete meine übliche Kur, und nach sechs Wochen hatte er so viel Fremdstoffe herausgeschafft, dass ich von ihm die freudige Mitteilung erhielt, er könne nun wieder den ganzen Tag hintereinanderweg arbeiten. Sie sehen, welche Diagnose hier zutreffender war. Solche Fälle, wie dieser, wo die betreffenden Patienten allseitig für gesundheitsstrotzend gehalten werden, obgleich sie sich selber schwer krank fühlen, und wo sie sich nur schwer dazu entschliessen mochten, einen Arzt zu konsultieren, weil sie aus wiederholter übler Erfahrung sich vor dem Vorwurf der nur eingebildeten Krankheit fürchten, kommen mir fast täglich in der Praxis vor, so dass ich gerade von dieser Seite die Unzulänglichkeit der bisherigen Diagnosen genügend kennen zu lernen Gelegenheit hatte.

Noch ein anderer Fall. In meine Sprechstunde kam ein 18 jähriges Mädchen, welches stark an Bleichsucht litt. Die Ärzte hatten ihr gesagt, sie hätte nur etwas Bleichsucht, sonst wäre sie aber ganz gesund, sie solle nur Eisen einnehmen, dann würde sich ihr Leiden schon heben. Nun gut, Eisen hatte sie eingenommen, aber gewichen war die Bleichsucht in keiner Weise. Durch meine Gesichtsausdruckskunde stellte ich nun fest, dass von dem "ganz gesund" neben der Bleichsucht keine Rede sein konnte, denn auch ihr Körper war stark mit Fremdstoffen belastet. Alle die feinsten Blutgefässe, welche das Blut bis an die äusserste Haut heranführen sollen, waren derartig durch diese Stoffe verstopft, dass das Blut nur ungenügend bis zur äusseren Haut zirkulieren konnte, weshalb dieselbe fahl und bleich aussah. Der Grund dieses Leidens aber war eine schon seit langen Jahren ungenügende Verdauung, was mir die Patientin denn auch zugab. Dabei will ich noch bemerken, wie gerade eine normale Verdauung leider den allermeisten Menschen unbekannt ist und die Bedeutung einer solchen fast nirgends voll gewürdigt wird. Diese Erfahrung mache ich täglich in meiner Praxis. Ich verordnete diesem Fräulein dieselbe Kur wie dem vorigen Patienten, und bereits nach mehreren Monaten war das Leiden beseitigt und das Aussehen des Mädchens ein völlig verändertes. Sie sehen, wie die Diagnose der Schulmedizin hier ebenfalls nicht im stande war, den Krankheitszustand richtig zu erkennen. Denn die Bleichsucht war nur eine äussere Erscheinung der Erkrankung, diese selbst aber wurde durch die Fremdstoffe hervorgerufen, und diese waren wieder durch die ungenügende Verdauung im Körper zurückgeblieben. Das alles stellte ich mit einem Blick auf Kopf und Hals der Patientin fest, während es den Herren Vertretern der Schulmedizin völlig entgangen war.

Ein weiterer Kurbericht. Zu mir kam eine Frau aus New-York, welche an der hartnäckigsten Verstopfung litt. Kein Mittel wollte mehr helfen, und der Arzt hatte ihr gesagt, sie sollte sich nur zufrieden geben, selbst ganz gesunde Leute litten an Verstopfung, das müsse von selber wieder besser werden. Ich stellte fest, dass die Frau stark mit Fremdstoffen belastet war, die besonders im Leibe eine heftige chronische Fieberhitze erzeugten, welche alle Schleimabsonderungen der Eingeweide austrocknete und den Kot fast verbrannte, so dass derselbe fest und trocken in den Därmen steckte. Ich verordnete meine Kur, und in ganz kurzer Zeit, schon nach den ersten Bädern, wurde die innere Hitze nach aussen abgeleitet und Stuhl trat ein. Auch in diesem Falle sehen Sie wieder deutlich die völlige Unzulänglichkeit der bisherigen. Diagnose. Ich möchte fast behaupten, es giebt keinen unheilvolleren und doch dabei so verbreiteten Irrtum als den, dass auch ein völlig gesunder Mensch an Verstopfung leiden könne. Wie weit ist die Krankheitserkenntnis vom rechten Wege abgewichen! So weit, dass sie eigentlich nichts mehr sieht, als was auch jedes Kind sehen kann, nämlich nur äussere Erscheinungen, deren Bedeutung ihr fremd ist. Eine Verdauungsstörung ist, wie ich behaupte, die Mutter aller Krankheiten.

Ein tüchtiger Arzt sagte mir einst, er hätte sich bei den vielen anatomischen Untersuchungen der Leichen oft darüber den Kopf zerbrochen, wie der Verstorbene gerade an dieser oder jener Krankheit gestorben sein konnte. Alle Körperteile und Organe waren im Innern völlig richtig und unverändert zu sehen, nirgends aber eine Spur von Krankheit. Ich sagte ihm darauf, dass der Unterschied zwischen seiner Diagnose und der meinigen eben darin bestehe, dass die Mediziner vorzugsweise an toten Körpern durch Sektionen zu lernen bestrebt seien, während sich meine Wissenschaft nur auf die Vorgänge an den lebenden Körpern erstrecke und deren Ursachen und Störungen zum Studium habe, wogegen alle Beobachtungen am Leichnam für mich wertlos seien. Zum besseren Verständnis führte ich ihm folgendes Beispiel dafür an.

Jemand geht, sich eine Nähmaschine zu kaufen. Er sieht eine ganze Anzahl der schönsten Maschinen stehen und sucht sich eine davon aus. Von aussen findet er keinen Tadel, alles sieht sauber gearbeitet aus bis ins kleinste Detail. Da macht ihn sein Freund darauf aufmerksam, die Maschine könne im ruhenden Zustande so gut aussehen, wie sie wolle, jeder Fehler daran werde erst ersichtlich, wenn sie gehe. Beim Gehen genügt auch der sonst völlig unsichtbare Fehler, um die ganze Maschine wertlos zu machen; er solle sie daher lieber beim Gehen prüfen. Ähnlich ist es mit der Erkenntniss der Vorgänge im menschlichen Körper. Ist derselbe unthätig, das bedeutet hier tot, so kann man ihm oft nicht im geringsten ansehen, wo es ihm fehlt. Am lebenden Körper macht sich jede Unregelmässigkeit sofort bemerkbar. Wer daher diese Unregelmässigkeiten (die Krankheit in allen Formen und ihre Erkenntnis) studieren will, kann das nicht am Leichnam durch Sektionen,. sondern nur durch Studien am lebenden Körper erreichen. Auf solchen Studien beruht meine Gesichtsausdruckskunde.

Nachdem ich nun die einheitliche Ursache der Krankheitsformen bewiesen zu haben glaube, wird es Ihnen einleuchten, dass die bei der modernen Schule übliche Diagnose über Namen und Sitz der Krankheiten völlig überflüssig und für die Heilung gänzlich wertlos ist, sogar leicht zu Irrtümern führen kann. Es kommt vielmehr nur darauf an, zu bestimmen, ob ein Körper überhaupt gesund oder krank, das heisst, ob er von Krankheitsstoffen frei oder damit belastet ist, und in welcher Weise diese Belastung vor sich gegangen, und wie lange die Zeit derselben gewährt hat, um die zur Heilung erforderliche Zeit einigermaassen bestimmen zu können. Denn sobald wir nur wissen, dass der Körper krank ist, wissen wir auch, was wir zu thun haben, um denselben gesund zu machen, so dass jeder Irrtum in der Behandlung eines Patienten von vornherein ausgeschlossen ist.



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Dieses Buch ist ein altes Fachbuch, der Inhalt entspricht nicht dem aktuellen Stand der Medizin. Angegebene Therapien entsprechen höchstens dem Stand der Medizin zum angegebenen Druckdatum. Dasselbe gilt für eine ggf. angegebene Rezeptur für ein Medikament. Diese entsprechen nicht dem heutigen Stand der Medizin und sind unter Umständen sogar körperlich schädigend. Die Zubereitung von Rezepturen und die Anwendung derselben gehört in die Hände erfahrener Ärzte und Apotheker.
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23. 4. 1963
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