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Lehrbuch der Gynäkologie

Otto Küstner, 4.Auflage 1910

 

IV. ABSCHNITT.
Die Krankheiten der Tuben, Ovarien und benachbarten Gewebsabschnitte.

Kapitel XVIII.
Die Krankheiten der Ovarien. Neubildungen der Ovarien.
Von Bernhard Kroenig.

Seite: 4/10Zurück (II. Proliferierend)[ Einleitung | I. Nichtproliferierend | II. Proliferierend | Kystadenome | Epitheliale Geschwülste | Stromagene Geschwülste | Klinik und Prognose | Diagnose | Therapie | Parovarialcysten ]Weiter (Epitheliale Geschwülste)


I. Die proliferierenden Kystadenome des Ovariums.


Alle proliferierenden Kystome des Ovariums müssen heute Mitogenetisch zurückgeführt werden auf solide Zellstränge bezw. schlauchförmige epitheltragende Drüsen, welche entweder Abkömmlinge der im embryonalen Ovarialgewebe vorkommenden Epithelballen sind, oder hervorgegangen sind aus schlauchartigen Einstülpungen des Follikel- oder Keimepithels. Dadurch, daß die soliden Epithelschläuche in sich Sekret bilden, weiten sie sich zu Cysten aus. Die Tumoren, welche so gebildet werden, können eine enorme Größe entweder dadurch erreichen, daß sich verschiedene epitheliale Schläuche von vornherein cystisch umbilden, oder dadurch, daß von einer Hauptcyste aus sich das auskleidende Epithel wiederum in das unterliegende Stroma als epithelialer Drüsenschlauch ausbuchtet, welcher seinerseits durch Sekretbildung sich zur Tochtercyste erweitert; die einkammerige Cyste wird so zur multilokularen Cyste.

Die Mehrkammerigkeit ist bei den Kystadenomen das Gewöhnliche. Bei zunehmendem Wachsen der verschiedenen Cysten treten die Wandungen mehrerer Cysten miteinander in direkten Kontakt, die Cystenwand schmilzt schließlich durch den Druck ein und zwei Cysten konfluieren miteinander; so entstehen in den großen Cystenräumen Spangenbildungen.

Das auskleidende Epithel in den Cysten ist entsprechend der Entstehung aus Drüsenschläuchen durchweg einschichtig. Es zeigt meist starke Proliferationsfähigkeit und treibt entweder zentrifugal epitheliale Sprossen vor, welche, wie oben erwähnt, ihrerseits zu Tochtercysten führen können, oder aber das Epithel stülpt sich nach dem Innern des Lumens proliferierend vor, nimmt den bindegewebigen Teil, auf welchem es aufsitzt, mit und gibt damit zu Zottenbildungen im Inneren der Cyste Veranlassung, welche entsprechend ihrer Entstehung mit einschichtigem Cylinderepithel ausgekleidet sind. Nach Gebhard kann man den einen Typus mit nach außen gerichteter Wachstumstendenz als evertierenden, den andern mit nach innen gerichteter Wachstumstendenz als invertierenden bezeichnen. Man könnte dementsprechend die Kystadenome des Ovariums in solche von glandulärem und solche von papillärem Typus einteilen, doch läßt sich diese alte Klassifizierung nicht mehr aufrecht erhalten, da in jedem Adenokystom beide Wachstumstendenzen vorhanden sein können. Immerhin läßt sich nicht verkennen, daß in einer Gruppe von Geschwülsten der glanduläre Typus, in einer andern Gruppe, welche sich durch eine Reihe besonderer Merkmale, wie wir später sehen werden, auszeichnet, der papilläre Typus vorherrscht.

Die neuere Klassifizierung der Kystadenome, nach der Art des Inhaltes der Cyste, ist im allgemeinen vorzuziehen, um so mehr, weif die Sekretform meist mit einer bestimmten Gestaltung der auskleidenden Zellen Hand in Hand geht.

Wir trennen nach Art des Inhalts das Kystadenoma pseudomucinosum von dem Kystadenoma serosum, wobei gleich zu erwähnen ist, daß die Geschwülste mit pseudomucinhaltigem Sekret vorwiegend Geschwülste mit glandulärem. Typus aufweisen, während die Geschwülste mit serösem Cysteninhalte mehr papillären Typus tragen.


A. Das Kystadenoma pseudomucinosum.

Diese so benannte Geschwulst ist die häufigste Form aller Ovarialgeschwülste; sie tritt meist einseitig auf, ist gewöhnlich gut gestielt, nur

selten zwischen den Blättern des Lig. latum entwickelt. Die Pseudomucinkystome bilden Geschwülste von glatter, etwas knollig vorgetriebener


Fig 242 Cystadenoma pseudomucinosum (Kystoma glanduläre).<7b> Schnitt durch eine kleinzystische Partie, welche scheinbar solide Stellen enthält.

Oberfläche und prallcystischer Konsistenz. Sie liegen, solange ihre Größe es erlaubt, im kleinen Becken, neben, hinter, selten vor dem Uterus mit welchem sie durch den aus Tube, Ligamentum ovarii proprium und Ligamentum latum bestehenden Geschwulststiel verbunden sind. Sie haben das Ovarium in der Regel so vollständig in sich aufgenommen, daß von dem normalen Parenchymbestandteile des Eierstocks kaum Reste mehr nachweisbar sind. Der Inhalt der einzelnen Cysten besteht gewöhnlich aus einer mehr oder weniger zähen Flüssigkeit, in welcher sich chemisch das sogenannte Pseudomucin, ein Körper, der sich von dem Mucin durch seine Reaktion gegenüber der Essigsäure unterscheidet, feststellen läßt. Die Größe der einzelnen Cysten in einer Geschwulst ist sehr wechselnd; meist bilden sie große Hohlräume, doch kommen auch Geschwülste mit kleincystischen Partien vor. Der Cysteninhalt ist als ein Sekretionsprodukt der die Cystenwände auskleidenden Epithelien anzusehen. Diese haben charakteristischen Bau; sie bilden cylindrisch geformte Zellen mit basal gestellten Kernen. Das Protoplasma der Zellen ist verschieden, je nachdem sich die Zellen im Zustande der Ruhe oder der beginnenden Sekretion befinden; im letzteren Falle sind sie nach Art der Becherzellen gestaltet, indem sich an dem distalen Ende eine optisch von dem übrigen Protoplasma differenzierte Masse vorfindet.


Fig. 243. Cystadenoma pseudonmcinosum (Kystoma glanduläre), epithelbekleidete Hohlräume in bindegewebigem Stroma. Aus Küstners Grundzüge etc.

Papillenbildungen können in den Pseudomucinkystomen vorkommen, sind aber besonders in den größeren Kystomen äußerst selten. Die Farbe des Cysteninhalts ist sehr verschieden, je nach der Beimengung mit Blut und Leukocyten, meist weißlichgelblich, oft aber auch grünlich bis schwarz.

Klinische Bedeutung der Pseudomucinkystome. Die Pseudomucinkystome sind an und für sich wohl als gutartige Neubildungen anzusehen; dadurch aber, daß sie beständig wachsen, kann schließlich der Tod des Individuums durch Verdrängung der Nachbarorgane, durch Eintreten von Appetitlosigkeit und verminderte Nahrungsaufnahme herbeigeführt werden. Es tritt bei übergroßen Kystomen infolge der starken Abmagerung der Trägerin eine Art Kachexie auf, welche sich von der Krebskachexie durch das Fehlen jeder Metastasenbildung unterscheidet. Die Kachexie äußert sich bei diesen Kranken auch im Gesichtsausdruck, welcher als eine Art spezifischer für Ovarialkystome bezeichnet werden darf und seit langem als Facies ovarica bekannt ist.

Trotz der Gutartigkeit der Pseudomucinkystome kann es besonders bei denjenigen Kystomen, welche sich durch einen sehr dicken gallertigen Inhalt und durch eine besonders dünne Wand des Tumors auszeichnen, zu einer Art Metastasenbildung im Bauchraum kommen, welche auf Implantation verschleppter Geschwulstzellen zurückgeführt werden muß. Durch das Platzen der dünnwandigen Cyste nach leichtem Trauma tritt der Cysteninhalt mit Zellen verbunden in die Bauchhöhle aus; diese Epithelien finden einen geeigneten Nährboden und können sowohl auf dem Peritoneum parietale wie viscerale zu Tochtercysten Veranlassung geben. Ein eigenartiges Krankheitsbild, welches zuerst von Werth als Pseudomyxoma peritonei beschrieben ist, entsteht dann, wenn eine besonders dicke Gallerte in den Bauchraum austritt und die Peristaltik der Därme dafür sorgt, daß sie überall im Bauchraum sich verteilt. Da die Gallerte in sich proliferationsfähiges Epithel trägt, so tragen auch die Implantationstumoren den gallertigen Charakter der Primärgeschwulst. Eröffnen wir dann das Abdomen, so finden wir die ganze Bauchhöhle mit gallertigen Massen angefüllt; diese haften dem Peritoneum meist so innig an, daß es unmöglich ist, sie vollständig zu entfernen; das Peritoneum befindet sich im Zustande der chronischen Entzündung, welche als eine Fremdkörperentzündung aufzufassen ist. Diese Gruppe der Pseudomucinkystome, welche Werth als Pseudomyxom bezeichnet hat, gibt infolgedessen auch keine günstige Prognose. Einmal liefert die bei der Operation zurückbleibende Gallerte einen sehr günstigen Nährboden und es kann das primäre Operationsresultat durch mehr oder weniger akute oder chronische jauchige Peritonitis vereitelt werden; aber selbst wenn es gelingt, den größten Teil der Gallerte und den primären Tumor zu entfernen, kann es, wenn auch oft erst nach Jahren, zu neuen mächtigen Ansammlungen von Geleemassen kommen, indem die Implantationsmetastasen durch erneute Sekretion des proliferierenden Epithels stark zugenommen haben. Auch jetzt kann man durch eine erneute Laparotomie und durch Entfernung der Gallerte den Frauen wieder helfen, doch gehen sie meist schließlich kachektisch zugrunde.

B. Das Kystadenoma serosum.

Bei dem Kystadenoma serosum ist der Cysteninhalt ein klarer, seröser, leicht fadenziehender, welcher so gut wie niemals Pseudomucin enthält. Entsprechend dem veränderten Inhalt ist auch das die Cysten auskleidende einschichtige Epithel insofern anders geartet, als es nur selten die Form der Schleim- oder Becherzellen annimmt (Fig. 244). Gewöhnlich ist es ein niedriges kubisches Epithel, welches in den meisten Fällen mit Flimmerhaaren bedeckt ist. Bei dem Kystadenoma serosum kommen starke Papillenbildungen im Innern der Cyste vor, so daß ein ganzer Cystenraum oft von einem mächtigen Zottenbaum ausgefüllt ist (Fig. 245). Manchmal ist die Proliferationsfähigkeit der Papillen eine so intensive, daß der Zottenbaum die gegenüberliegende Cystenwand durchbricht, und daß die papillären Exkreszenzen sich auf der Oberfläche der Eierstocksgeschwulst ausbreiten. Die papillären Wucherungen können dann auch den primären Tumor überschreiten; es findet eine Aussaat von Papillen auf dem Pelviperitoneum, ja auf dem ganzen Peritoneum parietale und viscerale der Bauchhöhle statt. Diese sekundären Papillombildungen auf dem Peritoneum lassen sich durch eine Operation natürlich nicht mehr entfernen, doch hat die Nachbeobachtung derartiger unvollkommen operierter Kranken ergeben, daß in vielen Fällen diese sekundären Papillome im Peritoneum nach Exstirpation des primären Ovarialtumors spontan zurückgehen; allerdings ist ebenso auch in vereinzelten Fällen beobachtet, daß sie nach Entfernung des primären Tumors selbständig weiterwachsen, ja daß sie dann sekundär carcinomatös degenerieren können.

Fig. 244. Schnitt durch ein Cystadenoma serosum (Kystoma papilläre). Papilläre Exkreszenzen mit ödematösem Stroma. Vergr. ca. 20fach.

Die papillären Kystadenome erreichen nur selten die Größe der Pseudomucinkystome; sie sind häufig nur einkammerig, wenn auch Leistenbildungen anzeigen, daß die einkammerige Cyste aus der Verschmelzung mehrerer Tochtercysten hervorgegangen ist.

In seltenen Fällen entwickeln sich auch ohne irgendwelche erhebliche Cystenbildung papilläre Wucherungen auf der Oberfläche des Ovariums, sogenannte Oberflächenpapillome; es ist dann nicht immer leicht, zu entscheiden, ob man es auch bei diesen Bildungen mit dem Durchbruch aus einer kleinen Oberflächencyste zu tun hat, oder ob, wie manche Autoren annehmen, eine primäre Papillenbildung der Eierstocksoberfläche, vom Keimepithel des Eierstocks ausgehend, vorliegt.

Das Kystadenoma serosum papilläre hat gegenüber dem Pseudomucinkystom auch noch klinisch das Besondere, daß es sehr häufig doppelseitig auftritt, so daß man bei ausgesprochenen Papillenbildungen eines Ovariums gut tut, bei Frauen nicht allzufern der Klimax gleich auch das zweite Ovarium mit zu entfernen.

Wir müssen es als eine weitere Eigentümlichkeit der papillären Eierstocksgeschwülste betrachten, daß sie oft Anlaß zu Ascitesbildungen geben; dies ist sogar die Regel in denjenigen Fällen, in welchen schon eine Aussaat der Papillen auf das Peritoneum parietale stattgefunden hat.

Während das Pseudomucinkystom meist gut gestielt an Tube, Ligamentum latum und Ligamentum ovarii proprium sitzt, beobachten wir bei; dem Kystadenoma serosum mit Vorliebe intraligamentäres Wachstum; und zwar liegen gerade die cystischen Partien oft vollständig oder doch größtenteils zwischen den Blättern des Ligamentum latum.


Fig. 245. Cystadenoma ovarii serosum (Kystoma papilläre). Der gehärtete Tumor ist in der Mitte halbiert und gewährt einen Einblick in die zum Teil mit papillären Exkreszenzen besetzten Hohlräume.





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Dieses Buch ist ein altes Fachbuch, der Inhalt entspricht nicht dem aktuellen Stand der Medizin. Angegebene Therapien entsprechen höchstens dem Stand der Medizin zum angegebenen Druckdatum. Dasselbe gilt für eine ggf. angegebene Rezeptur für ein Medikament. Diese entsprechen nicht dem heutigen Stand der Medizin und sind unter Umständen sogar körperlich schädigend. Die Zubereitung von Rezepturen und die Anwendung derselben gehört in die Hände erfahrener Ärzte und Apotheker.
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