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Lehrbuch der Gynäkologie

Otto Küstner, 4.Auflage 1910

 

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VI. ABSCHNITT.
Mikrobiotische Erkrankungen des weiblichen Urogenitaltraktes.

Kapitel XXIV.
Tuberkulose der weiblichen Geschlechtsorgane und des Bauchfells.
Von Alfons v. Rosthorn.

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Primäre und sekundäre Genitaltuberkulose


Die tuberkulösen Affektionen der Geschlechtsorgane sind entweder Teilerscheinung allgemeiner Miliartuberkulose und treten dabei klinisch mit Rücksicht auf das Allgemeinleiden ganz in den Hintergrund. Oder es sind tatsächlich nur lokale Veränderungen gegeben, welche durch örtliche Erscheinungen mehr oder minder in die Augen fallen, und diese pflegen dann wieder als primäre oder sekundäre unterschieden zu werden. Bei der primären Tuberkulose sollten die Genitalien die zuerst und in der Regel tatsächlich allein befallenen Organe sein. Man läßt aber heute diesen Unterschied besser ganz fallen; denn erstens ist es kaum je möglich, den bei letzterer Form eben erwähnten Postulaten mit absoluter Sicherheit diagnostisch gerecht zu werden; zweitens ist der Begriff der sekundären Tuberkulose insofern noch kein ganz feststehender, als nach den heute gangbaren Lehren der pathologischen Anatomen viele dieser sogen. Sekundärtuberkulosen als neue Infektionen aufzufassen sein dürften, bezw. wie diese entstehen - Bacillen mit der Nahrung eingeführt, können ebenso wie solche im Auswurf Tuberkulose des Darmtraktus erzeugen - so daß sich wie bei der Geschwulstlehre der Begriff der metastatischen, hämatogenen und lymphogenen als sekundäre Tuberkulose herauskrystallisiert hat. Hier wären auch die Befunde Beitzkes anzuführen, welche zeigen, daß gleichzeitig eine deszendierende, von den Tonsillen ausgehende Tuberkulose der Halsdrüsen und eine aszendierende Tuberkulose der Bronchialdrüsen vorkommen kann. Beide nehmen, was die Intensität des Prozesses betrifft, mit der Entfernung von den Eintrittspforten aus ab, können aber bei weit vorgeschrittener Erkrankung unter Umständen konfluieren und so zu Täuschungen über den Ausgangspunkt Anlaß geben. Und doch drängen gewisse experimentelle und klinische Erfahrungen, welch' letztere allerdings - das kann nicht scharf genug betont werden -- als beweisend nicht angesehen werden dürfen, immer wieder zu der Annahme, daß die Geschlechtsorgane durch ektogene Infektion zunächst allein erkranken können, daß das Gift gelegentlich der Kohabitation, der Geburt oder durch Einimpfung bezw. Einschwemmung mittels der mit den Genitalien in Berührung kommenden Medien und Gegenstände eingeführt werden und haften kann. Eine besondere Rolle müßte hierbei natürlich den Fingern. sowohl anderer Personen als der Patientin selbst zugeschrieben werden. So können auch tuberkulöse Sekrete und Exkrete übertragen werden, was dann einer sekundären Infektion gleichkäme. Zweckmäßig wird bei der Einteilung der Infektionswege ein endogener und ektogener Modus zu unterscheiden sein.

Nur das Ergebnis der Obduktion läßt diesen Unterschied mit Sicherheit feststellen. Und auch diese muß mit größter Sorgfalt zur Ausführung gelangen, da sonst ein kleiner, versteckter Herd selbst vom geübten Auge übersehen werden kann. Bei solcher erhöhter Sorgfalt in der Ausführung von Obduktionen steigt die Häufigkeit des Vorkommens tuberkulöser Herde im Organismus überhaupt (auf 97 Proz., Nägeli). Endlich erscheint die von demselben Autor neuerdings hervorgehobene Tatsache, daß von anscheinend zurückgebildeten, tuberkulösen Organbezirken, Drüsen oder indurierten Partien noch immer ein Aufflackern des Prozesses möglich sei, für die Frage von der Häufigkeit der primären Tuberkulose im Genitalsystem von großer Bedeutung (Amann). Es muß weiter hervorgehoben werden, daß die Größe, Ausdehnung und das Stadium tuberkulöser Herde gegenüber kleinen, verkästen oder verkreideten bronchialen Lymphdrüsen nicht zu dem Beweise des primären Sitzes herangezogen werden dürfen.

Unter Würdigung all dieser Momente wird die ablehnende Haltung, welche viele unserer pathologischen Anatomen (Albrecht, Baumgarten, Bollinger, Klebs, Orth. Ribbert, Schmaus, Weigert, Ziegler etc.) der Annahme des Vorkommens von primärer Genitaltuberkulose gegenüber einnehmen, vollkommen begreiflich. Auch Amann stellt in seinem Referate die These auf, daß nahezu alle Genitaltuberkulosen als sekundäre Infektionen aufzufassen seien, indem auch die sorgfältiger beobachteten Fälle von primärer Tuberkulose unseren heutigen Anschauungen gemäß nicht als vollkommen einwandsfrei angesehen werden können. Klinische Beweise für primäre Tuberkulose gibt es nicht.

Die primären Affektionen müßten so entstanden gedacht werden, daß die Tuberkulose durch Kontaktinfektion oder Ueberimpfung (ektogene Infektion) zustande kommt, und zwar infolge von:
  1. Uebertragung durch Kohabitation (Cohnheim, Verneuil, Verchere, Derville, Fernet, Cornet, Schuchardt, Hegar u. a.),
  2. Uebertragung bei oder nach der Geburt,
  3. Uebertragung auf verschiedenste Weise: gelegentlich gynäkologischer Untersuchungen (Finger, Instrumente, Katheter), oder gelegentlich der Reinigung (Schwamm, Wäsche, Badewasser, Irrigator usw.), auch operativer Eingriffe, endlich infolge von Masturbation.
Die sekundäre Tuberkulose kann per contiguitatem und continuitatem entstehen, indem
  1. der tuberkulöse Prozeß von Nachbarorganen (Bauchfell, Darm, Blase) auf die Genitalien übergreift;
  2. das tuberkulöse Virus auf dem Wege der Blutgefäße (hämatogene, metastatische Infektion, embolische Tuberkulose) von anderen primären Herden auf die Genitalien übertragen wird;
  3. tuberkulöse Se- und Exkrete des in anderen Organen infizierten Individuums selbst (Auswurf, Stuhl, Harn, Ausscheidungstuberkulose) von außen her in die Scheide gelangen (Pozzi, infection primitive, secondaire).
Die auffallende Häufigkeit des gleichzeitigen Vorkommens von Tuberkulose des Bauchfelles und der Eileiter hat zu der Anschauung geführt, daß in einer großen Zahl von Fällen die Tuberkulose sekundär vom Bauchfell her auf die Genitalien übertragen worden ist. Andererseits kann die Tatsache des Uebergreifens von den zuerst erkrankten Eileitern auf das Bauchfell nicht angezweifelt werden. Schließlich mußte die Beobachtung von alleinigem Ergriffensein der Scheide und Portio ohne Mitbeteiligung von Gebärmutterkörper und Eileitern, dann wenn es sich nicht um eine metastatische Form handelt, als durch Uebertragung von außen, insbesondere durch den Coitus (Auto- oder Heteroinfektion) erklärt werden.

Die Wege der tuberkulösen Infektion sind demnach mehrfache:
  1. hämatogene oder lymphatische Infektion von schon bestehenden Herden aus,
  2. direktes Uebergreifen des Prozesses von erkrankten Nachbarorganen,
  3. Wundinfektion (Geburt, Traumen, Operationen, Untersuchungen usw.),
  4. Cohabitationsinfektion,
  5. Infektion durch tuberkulöse Ausscheidung.
Die Tuberkulose kann, wenn einmal im Genitale etabliert, entlang der Schleimhaut, also per continuitatem deszendieren und aszendieren (Hegar). Die weitaus gewöhnlichere Form scheint die erstere zu sein, indem bei der überwiegenden Häufigkeit der Lokalisation des Prozesses in den Eileitern durch das abfließende Sekret auch die Gebärmutterschleimhaut infiziert wird und erkrankt. Denselben deszendierenden Weg kann der Prozeß auch insofern einschlagen, als vom erkrankten Bauchfelle aus zunächst die Eileiter, dann erst später die Gebärmutter und unter Umständen auch die unteren Abschnitte des Genitaltraktes affiziert werden (Ziegler).

Als besondere Prädisposition zur Akquisition der Tuberkulose können angesehen werden:
  1. dystrophische Erscheinungen, hypoplastische Zustände, Entwickelungsfehler, Chlorose (W. A. Freund, Hegar, Alterthum, Sellheim, Amann, Landouzy, Fournier); nach Merletti fand sich unter 80 Fällen von Hypoplasie 24mal Genitaltuberkulose; die Hypoplasie ist eine notwendige Konsequenz der cardiovaskulären Hypoplasie, und die Sekretstauung führt leicht zu Entzündung (Amann);
  2. vorausgegangene gonorrhoische oder luetische Infektion (HEGAR, SCHUCHARDT, WILLIAMS, SAULMANN, v. Krzywicki, MENGE);
  3. puerperale Zustände, welche einen besonders günstigen Boden für die Propagation eingebrachter Infektionserreger abzugeben pflegen.




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Dieses Buch ist ein altes Fachbuch, der Inhalt entspricht nicht dem aktuellen Stand der Medizin. Angegebene Therapien entsprechen höchstens dem Stand der Medizin zum angegebenen Druckdatum. Dasselbe gilt für eine ggf. angegebene Rezeptur für ein Medikament. Diese entsprechen nicht dem heutigen Stand der Medizin und sind unter Umständen sogar körperlich schädigend. Die Zubereitung von Rezepturen und die Anwendung derselben gehört in die Hände erfahrener Ärzte und Apotheker.
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