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Lehrbuch der GynäkologieOtto Küstner, 4.Auflage 1910 | |
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V. ABSCHNITT. Die Krankheiten der Harnröhre und Blase.Kapitel XXI. Die Krankheiten der Harnröhre und Blase. Von Otto Küstner.
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Palpation der Blase
Die Palpation der stark gefüllten Blase ist von den Bauchdecken aus leicht möglich: kugelrunder, exquisit median gelegener, fluktuierender Tumor unmittelbar über der Symphyse. Ist die Blase durch Tumoren nach oben disloziert, welche sich, meist von den Genitalien ausgehend, im Becken entwickelt haben, so ist sie im gefüllten Zustande noch leichter zu palpieren. Die Palpation der leeren Blase von den Bauchdecken her gelingt nur, wenn ihre Wände stark hypertrophisch oder entzündlich oder neoplasmatisch infiltriert sind. Hypertrophisch finden wir die Blasenwände häufig, wenn die Urinentleerung längere Zeit bedeutende Hindernisse zu überwinden hatte (funktionelle Hypertrophie).
Tastbare Veränderungen des Blaseninneren nehmen wir am besten durch die bimanuelle Palpation, bei welcher ein Finger in die Blase selbst eingeführt wird, wahr. Die Palpation, so ausgeführt, ist schmerzhaft; es bedarf dazu der Narkose; ferner ist zu bedenken, daß die Einführung selbst eines sehr dünnen Fingers stets eine, wenn auch meist nur oberflächliche, Zerreißung der Urethralmündung, gelegentlich wohl aber auch submuköse Trennung der Sphinctermuskulatur zur Folge hat, und daß man nicht selten einige Tage nach der Abtastung eine Schwächung der Kontinenz beobachtet. Man soll die Blasenabtastung deshalb nicht ohne Not machen und dann, wenn möglich, mit dem kleinen Finger. Man schickt ihr am besten die sukzessive Einführung graduierter Stäbe - meiner Uterusdilatatoren (Fig. 159, Kap. XI) - voraus, indem man mit No. 7 beginnt und mit 13-15 endet. Dann ist die Harnröhre für den Finger passierbar. Dann ist aber gewöhnlich auch das Orificium eingerissen. Eine Naht nach beendeter Palpation.
Die Cystoskopie ist in allen Fällen von Erkrankung der Blase anzuwenden, bei welchen sie ausführbar ist, mit Ausnahme der akuten Cystitis. Die Palpation ist dann vorzunehmen, wenn durch sie fragliche Punkte, welche die Cystoskopie offen ließ, geklärt werden können, z. B. das topische Verhalten von Tumoren, ist aber auch dann, wie unten zu erörtern, oft entbehrlich.
Dislokationen der Blase sind bei Frauen sehr häufig. Sie sind meist die Folge von Verlagerungen und Gestaltveränderungen der Nachbarorgane, besonders der cervikalen Partie des Uterus, der Ligamenta lata und der Scheide, also von Retroflexion besonders des graviden und des durch Tumoren verunstalteten Uterus, von Prolaps des Uterus, der vorderen Vaginalwand, von Tumoren der Cervix und der Ligamenta lata. Ferner führen pelveoperitonitische Prozesse, welche auf das Blasenperitoneum übergriffen und dieses mit Nachbarorganen, mit Uterus, Tuben, Netz, gelegentlich mit Darmpartien verlöteten, zu Verzerrungen und Immobilisierungen des Blasenscheitels. Die Konsequenzen dieser Verlagerungen bestehen hauptsächlich in der Unfähigkeit der Blase, sich zum völligen Verschwinden ihres Lumens zusammenzuziehen, in mangelhafter Entleerung, in Entzündung infolge von Residualhainbildung. Die schwersten Cystitiden schließen sich groben Lageveränderungen der Blase an.
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Achtung! Dieses Buch ist ein altes Fachbuch, der Inhalt entspricht nicht dem aktuellen Stand der Medizin. Angegebene Therapien entsprechen höchstens dem Stand der Medizin zum angegebenen Druckdatum. Dasselbe gilt für eine ggf. angegebene Rezeptur für ein Medikament. Diese entsprechen nicht dem heutigen Stand der Medizin und sind unter Umständen sogar körperlich schädigend. Die Zubereitung von Rezepturen und die Anwendung derselben gehört in die Hände erfahrener Ärzte und Apotheker. |
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13. 10. 1821 Rudolf Virchow (1821–1902) wird als Sohn eines Metzgers geboren. Mit 26 Jahren habilitiert er und tritt eine Professur in Würzburg an. Er gilt aufgrund seiner Arbeit als Pathologe als Mitbegründer der modernen Physiologie. |
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