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Atlas der Hautkrankheiten

E. Jacobi, 5. Auflage 1913

 

Hautkrankheiten
Von E. Jacobi.
Krankheiten T bis U.

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Ulcus molle.


Tafel 159-161.

Ulcus molle orificii urethrae

Durch die Ansiedlung der Unna-Ducreyschen Streptobazillen in einer oberflächlichen oder tieferen Läsion der Haut entsteht, fast immer an den Genitalien, sehr selten extragenital (Fig. 264), nach einer kurzen Inkubationszeit von 24—48 Stunden aus einem Bläschen mit infiltrierter Basis ein Geschwür, das Ulcus molle, der weiche Schanker, welches in seiner Konfiguration der primären Läsion folgt und in der Regel multipel auftritt (Fig. 263, 265, 267). Der Grund des im allgemeinen weichen Geschwürs ist speckig belegt, der Rand scharfgeschnitten, unregelmäßig gestaltet und selten ein wenig unterminiert. Bei Infektion eines Follikels entsteht der lochartige Follikularschanker, durch Wucherung der Granulationen das Ulcus molle elevatum (Fig. 200). Im Verlaufe einiger Wochen reinigt sich der Geschwürsgrund, und während bis dahin der Schanker in ungezählten Generationen verimpfbar war, wandelt er sich in ein gutartiges, nicht mehr übertragbares Geschwür um. In seltenen Fällen entsteht bei Diabetikern und Kachektischen, aber auch bei vollkommen Gesunden, wahrscheinlich durch Mischinfektion mit anderen Mikroorganismen (Spirillen?), durch Weitergreifen in die Umgebung und in die Tiefe unter Phagedänismus oder Gangrän ein ausgedehntes Geschwür, welches zu beträchtlichen Zerstörungen führen kann — Ulcus molle gangraenosum (Fig. 266,268). Seltener noch ist das Ulcus molle serpiginosum, bei dem an einer Seite Heilung, an der anderen Fortschreiten erfolgt, wobei in ungemein chronischem Verlauf große Strecken der Körperoberfläche allmählich befallen werden können.

Ulcus molle digiti

Das Ulcus molle ist eine rein lokale Erkrankung und wird lediglich durch lokale Beteiligung des Lymphapparates kompliziert; im Verlaufe der Lymphstränge entstehen halbkugelige Hervorwölbungen (Bubonuli, Fig. 267), die nach außen durchbrechen und zuweilen schankrös werden, d. h. das Bild des Schankers darbieten können. In den benachbarten Lymphdrüsen entstehen Bubonen (Fig. 200), entweder einfache Drüsenabszesse oder solche, die nach dem Durchbruch schankrös werden.

Ulcus mollia vulvulae

Die Diagnose des Ulcus molle ist in typischen Fällen mit Rücksicht auf die kurze Inkubationszeit, die Multiplizität und das klinische Bild leicht zu stellen. Verwechslungen mit Herpes progenitalis sind zu vermeiden, wenn man die Oberflächlichkeit des Herpes beachtet. Gegenüber dem syphilitischen Primäraffekt ist das Fehlen der knorpligen Induration sowie die Art der Drüsenschwellung zu betonen; zu beachten ist, daß schlecht, z. B. mit Lapisätzung behandelte Ulcera mollia indurieren und einen Primäraffekt vortäuschen können, sowie ferner, daß die Übertragung des Giftes des Ulcus molle und der Syphilis gleichzeitig erfolgen kann (Chancre mixte). Die (am Abdomen des Patienten unbedenkliche) Inokulation erleichtert die Diagnose.

Ulcus molle phagedaenicum

Die Prognose ist beim gewöhnlichen Ulcus molle absolut günstig, nur beim serpiginösen und gangränösen Schanker mit Vorsicht zu stellen.

Ulcus mollia; Bubonulus

Die Behandlung des Ulcus molle bezweckt zunächst die Umwandlung des spezifischen Schankers in ein gewöhnliches Geschwür; dies wird erreicht durch Ätzung mit Acid. carbol. liquef. oder durch Anwendung strahlender Wärme mittels Paquelin und nachfolgende Behandlung mit Jodoform, am besten in alkoholischätherischer Lösung, worauf, nach der Reinigung des Geschwüres, unter schwachen Arg. nitr.-Salben leicht Überhäutung erfolgt. Ebenso führt Abtragung unter Äthylchlorid, Excochleation oder Paquelinisierung bald zum Ziel. Die Bubonen werden am besten unter Kataplasmen zum Einschmelzen gebracht, worauf inzidiert wird. Auch die Biersche Stauung, eventuell nach vorangegangener Anlegung einer kleinen Öffnung, sowie Entleerung des Eiters mittels Troicarts und Injektion von Argent. nitr.-Lösung ist zu versuchen. Schankröse Bubonuli und Bubonen werden wie Ulcera mollia behandelt.

Ulcus molle gangraenosum

Anm. 264. Moulage aus der Abteilung des Dr. Jullien im Hopital St. Lazare in Paris (Jumelin). Sehr typischer weicher Schanker am rechten Zeigefinger; gleichzeitig bestanden bei derselben Patientin mehrere Schanker an der Vulva.
Anm. 263. Moulage des Höpital Cochin in Paris (Jumelin). No. 384. Heurteloup.
Anm. 265. Moulage der Neisserschen Klinik in Breslau (Kröner).
Anm. 266. Moulage des Höpital Cochin in Paris (Aumelin). Mauriac.
Anm. 267, 200. Moulagen der Freiburger dermatologischen Klinik (Johnsen).
Anm. 268. Moulage der Lesserschen Klinik in Berlin (Kolbow).






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Dieses Buch ist ein altes Fachbuch, der Inhalt entspricht nicht dem aktuellen Stand der Medizin. Angegebene Therapien entsprechen höchstens dem Stand der Medizin zum angegebenen Druckdatum. Dasselbe gilt für eine ggf. angegebene Rezeptur für ein Medikament. Diese entsprechen nicht dem heutigen Stand der Medizin und sind unter Umständen sogar körperlich schädigend. Die Zubereitung von Rezepturen und die Anwendung derselben gehört in die Hände erfahrener Ärzte und Apotheker.
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Rudolf Virchow (1821–1902) wird als Sohn eines Metzgers geboren. Mit 26 Jahren habilitiert er und tritt eine Professur in Würzburg an. Er gilt aufgrund seiner Arbeit als Pathologe als Mitbegründer der modernen Physiologie.

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