|
| | Medizinische Bücher Alte medizinische Bücher im Internet |
|
|
Lehrbuch der GynäkologieOtto Küstner, 4.Auflage 1910 | |
|
|
|
III. ABSCHNITT. Die Krankheiten des Uterus.Kapitel XIII. Die desmoiden Geschwülste des Uterus. Von Albert Döderlein.
|
|
Das klinische Bild der Myome.
Das klinische Bild der Myome wird ganz vorwiegend beherrscht durch die hierbei auftretenden Blutungen, welche bei weitaus der größten Mehrzahl der Kranken den Anlaß dazu bieten, daß sie ärztliche Hilfe aufsuchen. Dabei kann die Größe des Blutverlustes einen so hohen Grad erreichen, daß die Kranken völlig ausgeblutet erscheinen, Gesundheit und sogar das Leben ernst bedroht und schwere Folgezustände, namentlich Herzdegenerationen veranlaßt werden. Die Blutung kommt aus der Uterusschleimhaut, tritt stets zunächst als Menorrhagie, also verstärkte Menstruation, in Erscheinung. Da die Schleimhautveränderungen vorwiegend von dem Sitze des Myoms abhängen, so ist klar, daß je näher die Geschwulst der Schleimhaut gerückt ist, je reiner sie sich submukös entwickelt, um so ausdrucksvoller die Endometritis und ihr Symptom, die Blutung, sich geltend macht, am intensivsten bei polypöser Gestaltung des Fibroids. Bei subserösen und auch bei interstitiellen, von der Schleimhaut mehr abgerückten Myomen pflegt eine Entartung der menstruellen Blutung fernzubleiben.
Wenn in den ersten Jahren die durch das Myom erregten Blutungen in der Form der verstärkten und verlängerten, aber immer noch regelmäßigen Menstruation auftreten, ganz wie dies bei der fungösen Endometritis überhaupt beobachtet wird, sehr zum Unterschied von den durch Carcinome erregten Blutungen, so verwischt sich doch bei weiterer Entwickelung der Geschwulst und fortschreitender Schleimhautveränderung das Bild gänzlich. Die Blutungen rücken dann immer näher zusammen, teils weil sie immer länger dauern, teils auch weil sich die Intervalle verkürzen. In dem oft über Jahre sich hinziehenden Ausstoßungsprozeß der submukösen Fibroide besteht schließlich die Blutung kontinuierlich, wenigstens in der Form serös-sanguinolenter Ausscheidung, die oft genug von abundanten, unregelmäßigen Blutungen unterbrochen wird. Gesellt sich hierzu noch feuchte Gangrän des Tumors mit dem scheußlich stinkenden Ausnuß, so fehlt endlich, da natürlich Ausstoßungsschmerzen diese Erscheinungen begleiten, nichts mehr zum Bild eines weit fortgeschrittenen Carcinoms oder Sarkoms, das der Anamnese und dem Aussehen der Kranken zufolge viel wahrscheinlicher wird als Fibrom. Nur sorgfältige Untersuchung, unter Umständen mit Zuhilfenahme des Mikroskopes, vermag dann die Diagnose aufzuklären, wonach der Kranken Heilung gebracht werden kann.
Erreicht die blutende Myomkranke das Klimakterium, so zessiert die Blutung, ein Beweis, daß sie nur eine entartete Menstruation darstellt, abhängig von den physiologischen Beziehungen zur Ovulation. Es ist aber eine regelmäßig zu beobachtende Tatsache, daß die Myome den Eintritt der gerade hier so sehnlichst herbeigewünschten und längst erhofften Funktionseinstellung der Genitalien über Gebühr verzögern, ein Ausdruck dafür, daß sie auch in diesen normalen Lebensäußerungen ein machtvolles Wort mitsprechen. Mit derselben Wahrscheinlichkeit, mit der man bei gesunden Frauen in der zweiten Hälfte der 5. Lebensdekade den Eintritt des Klimakteriums erwarten darf, stellt sich bei Myomkranken dies Ereignis erst in der ersten Hälfte der 6. Dekade, ja nicht selten sogar noch später ein. Bei sehr ausgebluteten Frauen der 30er oder auch 40er Jahre fällt diese Erfahrungstatsache für die ganze Beurteilung der Sachlage, Prognose und Therapie schwer ins Gewicht. Solange die Myomblutungen den Charakter der Menorrhagie bewahren und nicht zu stark sind oder zu lange dauern, entbehren sie besonderer Bedeutung; werden sie jedoch so stark, daß dauernde Anämie resultiert oder treten sie nach längerer Pause im Klimakterium erneut auf, so geben sie eine unbedingte Indikation zur Operation der Myome ab.
Der bei Myomen auftretende Schmerz ist wohl nur selten durch die Geschwulst selbst erzeugt, vielmehr in der Regel die Folge von Komplikationen. Wiederholt wurde im vorhergehenden schon auf jenen, durch Uteruskontraktionen bedingten Wehenschmerz hingewiesen, der die Geburt submuköser, polypöser Myome begleitet und monatelang in wechselnder Intensität bestehen kann. Ein anderer Anlaß zu Schmerz wird Stieldrehung subseröser, langgestielter Myome, ein Vorkommnis, das hier naturgemäß viel seltener sich ereignet, als bei den viel ausgesprochener gestielten Ovarialkystomen. Im Becken eingekeilte Myome, sei es daß sie infolge ihrer parametranen, cervikalen Entwicklung nicht ausweichen können, oder daß sie sich in einem retroüektierten Uterus entwickeln, erregen nicht nur Druckschmerz, indem sie direkt die hier vorhandenen großen Nervenstämme belästigen, sondern es kommt hier relativ häufig zu dem durch Inkarzeration des Tumors hervorgerufenen Symptomenkomplex, analog der Retrohflexio uteri gravidi incarcerata, wobei ja die Ischuria paradoxa außerordentliche Schmerzparoxysmen zu erzeugen vermag.
Frei in die Bauchhöhle wachsende, subseröse oder interstitielle, unkomplizierte Fibroide können sich so sehr symptomlos verhalten, daß sie erst bei entsprechender Größe bemerkt werden. Geschwülste, deren Entwickelungsgröße auf wenigstens mehrere Jahre langen Bestand schließen läßt, werden dann als erst vor kurzem entstanden bezeichnet, ein charakteristisches Zeichen dafür, wie wohl sich die Frauen mit symptomlosen Myomen fühlen können.
Die im Becken eingekeilten Fibroide erregen dagegen schon bei einer dem Kindskopf gleichen Größe Kompressionserscheinungen, während sie innerhalb der freien Bauchhöhle die Größe eines etwa 8-monatlichen schwangeren Uterus erreichen können, ohne wesentliche Raumbeengung zu erzeugen. Bei weiterem Wachstum, namentlich dem schnellen Wachstum cystischer Myome, treten, wie bei großen Kystomen oder anderen großen Abdominalgeschwülsten, Magen- und Darmbeschwerden auf, sowie besondere Belästigung der Thorakalorgane mit Atemnot und Zirkulationsstörungen, Oedem und Varicenbildungen an den unteren Extremitäten. In diesen Fällen kann die menstruelle Schwellung der Myome deutlich ausgeprägte Verschlechterung des Gesamtzustandes veranlassen.
Eine typische Erscheinung bei den in dem unteren Teile der vorderen Uteruswand sub- oder infraperitoneal gelegenen Myomen ist die Störung der Blasenfunktion, Dysurie, Strangurie, Ischurie oder auch Inkontinenz. Meist sind die konkomitierenden Blasenerscheinungen auf gleichzeitige Erkrankung der Blase, besonders Cystitis zurückzuführen. In diesen Fällen und namentlich auch bei den intraligamentär entwickelten Myomen sind dann auch die Ureterenkomplikationen, Verdrängung, starke Erweiterung mit konsekutiver Hydro- oder auch Pyonephrose zu fürchten, eine Folge, welche bei der operativen Inangriffnahme dieser topographisch so ungünstigen Geschwülste schwer ins Gewicht fällt.
Bei nicht zu großen, harten und sehr beweglichen, gestielten subserösen Tumoren empfinden die Frauen das "Umherfallen" der Geschwülste im Abdomen bei Stellungswechsel des Körpers.
Die durch die Myome im Uterus selbst hervorgerufenen Funktionsstörungen können je nach ihrem Sitz sehr hervortreten oder gänzlich fehlen. Außer der in den Vordergrund gestellten Beeinflussung der Stärke, Dauer und Wiederkehr der Menstruation, der Menorrhagie, kann auch Dysmenorrhoe veranlaßt werden, und es wird dies erklärlich, wenn man am aufgeschnittenen, von Myomen durchsetzten Uterus die oft bizarre Gestaltung der langgestreckten, mehrfach verengten Uterushöhle betrachtet. Behinderung in der gleichmäßigen menstruellen Durchfeuchtung des Uterus, namentlich aber Behinderung des Blutüusses durch Stenose und Winkelbüdung lassen die Schmerzen wohl erklären. Aus demselben Grunde erscheint auch Sterilität infolge von mechanischen Störungen, wie sie so oft mit Myomen vergesellschaftet ist, als direkte Folge der Fibroide. Sie wird bei Myomkranken auf 25-30 Proz. berechnet gegenüber einer allgemeinen Sterilität der Frau in 8-15 Proz. Wie alle übrigen Symptome, so ist auch die Sterilität nicht durch die Geschwulst an sich veranlaßt, sondern nur durch gelegentliche besondere Entwicklungseigentümlichkeit. Als eine solche muß auch die Erscheinung des habituellen Abortus aufgefaßt werden, die bei gewissen Fällen Infertilität erzeugt. Gegenüber einer allgemeinen Fertilität von 4,5 Schwangerschaften bei verheirateten Frauen wird diejenige der Myomkranken nur auf 2,7-3,4 Schwangerschaften berechnet. In anders gearteten Myomuteris dagegen ist sowohl die Konzeption wie auch die Fertilität nicht im geringsten gestört, so daß Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett trotz der Myome ganz normal ablaufen können.
Aus der Vielgestaltigkeit der anatomischen Verhältnisse der Myome wird es erklärlich, daß jede Phase der Fortpflanzungstätigkeit auf das empfindlichste gestört werden kann. Cervikale oder parametrane, intraligamentäre Myome vermögen naturgemäß vollkommene Geburtshindernisse zu geben, welche zu ventralem oder vaginalem Kaiserschnitte mit folgender Entfernung der Geschwülste oder des ganzen Uterus nötigen.
Absolute Sterilität durch Behinderung der Konzeption, Infertilität durch habituellen Abortus, absolutes Geburtshindernis. Nekrose oder Verjauchung im Wochenbett, das sind auf der einen Seite die Beziehungen, die zwischen Myomen und der Fortptianzungstätigkeit bestehen können, während andererseits Konzeption, Fertilität, Gebärfähigkeit und Puerperium nicht im geringsten beeinträchtigt zu werden brauchen. Nichts charakterisiert die proteusartige Vielgestaltigkeit der Uterusmyome drastischer, die bei einheitlichem Bau je nach Wachstumssitz und Tendenz so außerordentlich verschiedene Wirkung
haben können.
Aus diesem Grunde und aus den vorhergehenden Schilderungen der Symptome überhaupt erhellt wohl zur Genüge, daß sich ein bestimmtes Schema über den Verlauf und die Prognose der Myome nicht aufstellen läßt. Beides hängt mehr von den durch die Myome im jeweiligen Falle erregten Erscheinungen ab, als von der Geschwulst selbst. Die sichersten Anhaltspunkte für die Zukunft der Kranken gewinnt man aus dem Sitz des Tumors, da hiervon in erster Linie die Krankheitssymptome abhängen.
Alter in Jahren
Fig. 189. Graphische Darstellung1 der Frequenz der Uterusmyome in verschiedenen Altersklassen hei 400 vom Verf. in der Tübinger Frauenklinik wegen Myom operierten Frauen.
Von geradezu ausschlaggebender Bedeutung ist außerdem das Alter der Kranken. In der genügend zuverlässigen Erwartung, daß mit Einsetzen des Klimakteriums Blutung und Wachstum der Myome, welche am meisten bestimmend für das Krankheitsbild werden, aufhören, wird man bei Kranken, welche dem in den 50er Jahren zu erwartenden Klimakterium nahestehen, auch schwerere Fälle symptomatisch behandeln. Im allgemeinen kann man den Satz aufstellen, daß die Fibroiderscheinungen um so ernster zu nehmen sind, je jünger die Kranke ist. Bezeichnend aber ist eine nach meinem Material von 400 operierten Myomfällen gezeichnete Frequenzkurve der verschiedenen Lebensalter, aus welcher ersichtlich ist, daß hier in der zweiten Hälfte der 40er Jahre der höchste Gipfel sich befindet. Da ich nur bei dringlichen Symptomen operiere, ergibt sich hieraus, daß bis zum 50. Lebensjahre die Gefahr stetig wächst. Danach fällt die Kurve steil ab. Nach dem 55. Lebensjahre sind es nur mehr vereinzelte Fälle, welche zur Operation drängten. Immerhin waren es noch 73 Frauen unter 400 Operierten, welche trotz Ueberschreitens des 50. Lebensjahres noch operiert werden mußten, eine insofern auffallende Tatsache, als sie nicht ganz im Einklang steht mit der allgemeinen Annahme der relativen Harmlosigkeit der Fibroide nach Erreichen dieser Altersgrenze.
Interessant ist ein Einblick in die Indikationen zur Operation bei den über 55 Jahre alten Frauen, da dieser uns zugleich ein zutreffendes Bild der Symptomatologie der Myome in der höheren Altersklasse gibt.
Bei einer 63-jährigen gaben heftige Magen- und Darmbeschwerden, veranlaßt durch allseitige Verwachsungen mit dem großen Tumor, die Indikation zu seiner Entfernung.
Zwei 62-jährige kamen ebenfalls noch zur Operation, eine wegen cystischer Degeneration des sehr großen Tumors, die andere wegen Harnverhaltung und Cystitis.
61-jährige finden sich in meinem Materiale 3. In einem Falle handelte es sich um sarkomatöse Degeneration des Myoms, und zwar 17 Jahre nach einer wegen des Myoms ausgeführten Kastration, bei den anderen 2 Fällen war Corpuscarcinom zu dem Myom hinzugetreten mit erneuten Blutungen.
60 Jahre alt waren 2 Kranke, l litt an Isclmrie, bei der anderen war das Myom kompliziert mit doppelseitigen, carcinomatösen Ovarialkystomen.
Unter drei 59-jährigen war eine Frau, welche immer noch an heftigen Blutungen litt, bei einer zweiten war ein sarkomatöser Polyp neben den Fibroiden im Fundus uteri vorhanden, bei der dritten gab ein komplizierendes Kystom die Indikation zur Laparotomie.
Eine 57-jährige litt an heftigen Schmerzen; das interstitielle Myom war fettig degeneriert und partiell verkalkt.
56 Jahre alt waren 7 Kranke. Indikation: 2mal Blutung, 2mal Ischurie, Imal sarkomatöse Degeneration, Imal Gangrän, Imal Schmerzen.
Es folgen nun 6 55-jährige, von denen 2 an profusen Blutungen litten, 2mal bestanden Urinbeschwerden, Dysurie und Inkontinenz, Imal war totaler Prolaps und zugleich rechtsseitiges Ovarialembryom komplizierend, im 6. Falle war das fast kindskopfgroße, submuköse Fibroid größtenteils in die Scheide geboren.
Beherrscht somit außer der Schwere der Erscheinungen die Nähe des Klimakteriums den Verlauf und die Vorhersage der Myome, eine Tatsache, in welcher diese Geschwülste eine eigenartige Sonderstellung unter allen Genitaltumoren, besonders den Kystomen und natürlich Carcinomen gegenüber einnehmen, so muß doch andererseits im einzelnen Falle sehr mit dem Umstand gerechnet werden, daß das Klimakterium gerade um der Myome willen verzögert wird. Bei Kranken der 30er Jahre wird, wenn die Myome Blutungen, Schmerzen und Druckerscheinungeu erregen, dieser sonst trostreiche und so günstige Umstand problematisch, und mit der Aussicht, daß in etwa 20 Jahren die Gesundheit sich einstellen wird, ist solchen Frauen ein nur schlechter Trost gegeben.
|
|
Achtung! Dieses Buch ist ein altes Fachbuch, der Inhalt entspricht nicht dem aktuellen Stand der Medizin. Angegebene Therapien entsprechen höchstens dem Stand der Medizin zum angegebenen Druckdatum. Dasselbe gilt für eine ggf. angegebene Rezeptur für ein Medikament. Diese entsprechen nicht dem heutigen Stand der Medizin und sind unter Umständen sogar körperlich schädigend. Die Zubereitung von Rezepturen und die Anwendung derselben gehört in die Hände erfahrener Ärzte und Apotheker. |
|
| |
3. 12. 1967 Erste Herztransplantation durch Prof. Christiaan Nethling Barnard, Capetown, Südafrika. Die Operation (am 3. Dezember 1967) wurde in Südafrika durchgeführt, weil sich die US-Behörden zu keiner Genehmigung durchringen konnten. Der Empfänger Louis W. überlebte die Operation einige Tage. |
| |