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Lehrbuch der Gynäkologie

Otto Küstner, 4.Auflage 1910

 

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III. ABSCHNITT.
Die Krankheiten des Uterus.

Kapitel XIII.
Die desmoiden Geschwülste des Uterus.
Von Albert Döderlein.

Seite: 1/9[ Myom/Fibrom | Sekundäre Veränderungen | Klinik | Diagnose | Behandlung | Operation | Vaginal | Ventral | Sarkom ]Weiter (Sekundäre Veränderungen)

I. Das Myom, Fibrom, Fibromyom


An der Häufigkeit, mit der die weiblichen Genitalien von Geschwulstbildungen heimgesucht werden, haben die vom Myometrium, und zwar vom Bindegewebe sowohl wie von der Muskulatur des Uterus ausgehenden "Fasergeschwülste" einen sehr wesentlichen Anteil.

BAYLE fand bei 20 Proz. der jenseits des 35. Lebensjahres stehenden Frauen Myome, während KLOB sogar 40 Proz. aller über 50 Jahre alten Frauen an Myomen leidend glaubt.

Im allgemeinen berechnet sich der Prozentsatz Myomkranker natürlich viel geringer, HOFMEIER hatte unter 11 073 Kranken 4,3 Proz. Myome, MÖLLER unter 11203 Kranken der ENGSTRÖMschen Klinik 4,7 Proz., KLEINWÄCHTER 4,4 Proz., SARRAZIN berechnet bei 3500 Kranken der Tübinger Klinik 6,42 Proz., während ebenfalls hier später, unter 4400 Frauen der gynäkologischen Abteilung überhaupt 400 sich befanden, welche behufs operativer Entfernung von Myomen der Klinik zugewiesen und auch hier operiert wurden, d.h. also ca. 10 Proz. aller Kranken wurden wegen Uterusmyomen operiert.

Die durch die Myome hervorgerufenen lokalen Störungen wie auch ihre Fernwirkungen und die dadurch bedingte Schädigung des Gesamtorganismus sind jedenfalls in der großen Mehrzahl der Fälle so beträchtlicher Art, daß diesen Uterusgeschwülsten trotz ihrer anatomischen Gutartigkeit eine hohe pathologische Dignität beizumessen ist.

Die Form ihres Auftretens ist eine so außerordentlich wechselnde und vielseitige, daß man unter vielen Hunderten von Fällen kaum zwei antrifft, die einander vollständig gleichen.

Das gewöhnliche Bild ist, daß man mehrere harte, kugelige Knollen verschiedener Größe in die Uterusmuskulatur eingebettet findet, wodurch der mehr oder weniger stark vergrößerte, harte Uterus eine durch die kombinierte Untersuchung leicht konstatierbare Form- und Größenveränderung erleidet.

Die anatomische Struktur der Fibromyome ist insofern eine einförmige, als diese Geschwülste in der Regel nur aus Bindegewebe und Muskelfasern sich zusammensetzen. Je nachdem mehr das in wirren Zügen sich durchflechtende Bindegewebe prävaliert oder aber in regelmäßiger Anordnung vorhandene Muskulatur die Hauptmasse darstellt, kann man Fibrom oder Myom unterscheiden. Im Grunde genommen ist jedoch, besonders vom klinischen Standpunkt aus, eine Trennung zwischen diesen beiden Geschwulstarten nicht erforderlich, zumal meist beide Gewebselemente sich vorfinden, Fibromyom, und wesentliche Verschiedenheiten im weiteren Verlaufe der Entwickelung bei diesen histologischen Spielarten sich nicht geltend machen. Allgemein werden denn auch die verschiedenen Bezeichnungen Myom, Fibrom, Fibroid, Fibromyom synonym gebraucht.


Fig.182. Myoma uteri. Supravaginale Amputation des Uterus. Aus KÜSTNERs Gruudzüge etc.

Eine histologische und klinische Sonderstellung beanspruchen dagegen jene, in Form drüsiger Einlagerungen Epitheleinschlüsse tragenden, von v. RECKLINGHAUSEN "Adenomyome" genannten Bildungen. Während die gewöhnlichen Myome distinkte, durch eine Kapsel lockeren Bindegewebes von der Uteruswand scharf getrennte und leicht ausschälbare Knollen darstellen, Kugelmyome, ist bei diesen Adenomyomen eine scharfe Abgrenzung gegen die Nachbarschaft nicht möglich. Der Uterus ist dabei in toto oft recht beträchtlich vergrößert, gleichmäßig myomatös degeneriert. Der eigentliche Sitz der Adenomyome ist die dorsale Wand des Uterus, besonders in den Tubenwinkeln; als deren Ausgangspunkt spricht v. RECKLINGHAUSEN entweder die Uterusschleimhaut oder Reste des WOLFFschen Körpers an.

Viel wichtiger als eine histologische Scheidung ist für die gewöhnlichen "Kugelmyome" eine Trennung in besondere Gruppen, je nach ihrer Topographie, ob sie im Corpus oder in der Cervix uteri gelegen sind, ob sie frei nach der Peritonealhöhle zu wachsen oder vielmehr in das Beckenbindegewebe eingeschlossen bleiben. Ebenso wichtig erscheint fernerhin die seit langem gebräuchliche Scheidung, welche Rücksicht nimmt auf den primären Entstehungsort der Myome, wonach wir drei zwar nicht immer scharf abgrenzbare, aber klinisch bemerkbare Gruppen unterscheiden können, und zwar:

1) die subserösen Fibroide, das sind die direkt unter dem Peritoneum gelegenen, nach der Bauchhöhle sich vorbuchtenden, nicht selten sogar nur mehr mit einem Stiel der Peritonealfläche des Uterus aufsitzenden Tumoren (Fig.183);


Fig.183. Multiple, subseröse Fibroide. (Abdominelle Uterusexstirpation.)

2) die submukösen, das sind die unter der Schleimhaut des Uterus gelegenen, also gegen die Uterushöhle vorwachsenden Tumoren. Treten diese so weit in das Lumen der Gebärmutter heraus, daß sie sich stielen, dann werden diese submukösen Fibroide zu den fibromatösen Polypen oder polypösen Fibroiden, welche schließlich aus der Uterushöhle durch einen oft äußerst protrahierten und schmerzreichen Ausstoßungsvorgang nach Art der Geburt durch den Muttermund nach der Scheide zu vorgetrieben und schließlich sogar spontan eliminiert werden (Fig.184 und 185). Zwischen diesen beiden Sitzmöglichkeiten treffen wir endlich

3) die interstitiellen oder intramuralen Fibroide, welche so in die Uterusmuskulatur eingebettet liegen, daß sie ganz von ihr umhüllt werden (Fig.186).

Nach v. WINCKEL ist das Verhältnis der interstitiellen, subserösen und submukösen Myome wie 65:24,3:10,7.


Fig. 184. Großes submuköses Pibroid mit sehr starker Endometritis.(Abdominelle Totalexstirpation.)

Parametran und sub- oder intraperitoneal werden die in der Seitenwand der Cervix unterhalb der seitlichen Umschlagstalte des Peritoneums sich entwickelnden Tumoren genannt. Diese werden zu intraligamentären, wenn sie bei weiterem Wachstum oder ursprünglich höherem, korporealem Sitz die beiden Blätter des Ligamentum latum auseinanderdrängen.

Da zum nicht geringen Teil der Sitz der Myome bestimmend auf die durch sie ausgelösten Krankheitserscheinungen wird, von diesen aber wiederum nahezu ausschießlich die klinische Wertigkeit dieser Geschwülste abhängt, so ist die Kenntnis dieser topographischen Verschiedenheiten im allgemeinen wie im einzelnen Falle von nicht geringer Bedeutung.

Wir treffen auch bei den anderen Neubildungen der Genitalien, z.B. den Ovarialkystomen, derartige Entwickelungsunterschiede, die aber dort von viel geringerer Bedeutung für die ganze Auffassung des Falles sind und höchstens für bestimmte Gesichtspunkte der operativen Behandlung maßgebend werden. Ob ein Carcinom in der Cervix, der Portio oder im Corpus entsteht, ob das Kystom intraligamentär oder gestielt nach der Bauchhöhle gewachsen ist, in jedem Falle ist die Bedeutung der Neubildung für die Kranke und für die Grundsätze in der Behandlung die gleiche. Bei den Myomen dagegen ist, wie uns bei der Erörterung der Symptome klar werden wird, der cervikale oder korporeale, submuköse oder subseröse Sitz von ein­schneidendem Einfluß auf die Beschwerden oder den Entschluß der Entfernung.


Fig.185. Interstitielle und submuköse Fibroide, eines in der Uterushöhle gelegen und nur mit einem dünnen Stiel noch mit der Uternswand zusammenhängend. (Supravaginale Uterusamputation.)


Fig.186. Interstitielle Fibroide mit schöner Kapselbildung. (Abdominelle Totalexstirpation.)

Die Entstehung der Fibromyome ist noch in undurchdringliches Dunkel gehüllt, sie reihen sich in diesem Punkte rühmlos den anderen Neubildungen an, über deren Genese immer neue Theorien auftauchen. Tatsachen aber nicht zu erbringen sind.

Die Beziehungen der Fibroide zum Lebensalter, zum "genitalen Vorleben" scheinen einige Fingerzeige für deren Pathogenese zu geben.


Fig.187. Retrocervikales, infra- oder subperitoneales Myom. (Abdominelle Totalexstirpation.)

Es ist eine gleichmäßige Erfahrung, daß die Fibroide ganz vorwiegend in der zweiten Hälfte des geschlechtsreifen Alters der Frau zur Beobachtung kommen und in Erscheinung treten. Der Uterus muß also erst zur vollen Reife entwickelt sein, er muß fertig sein zur Entfaltung seiner wunderbaren physiologischen Kräfte, die ihn befähigen, nach der Eiaufnahme in das Vielfache seiner Masse zu wachsen und ein beliebig oftes "Kommen und Gehen" seiner Wandung zu ermöglichen, um endlich in der klimakterischen Ruhe wieder in ein fuuktionsloses, atrophisches Dasein zu versinken. In dieser Sturmzeit des geschlechtsreifen Lebens entwickeln sich die Fibroide, und wie sehr sie dabei von der physiologischen Vitalität des Uterus beeinflußt werden, lehrt, uns wiederum schließlich der Umstand, daß auch die Fibroide mit dem Uterus zugleich in die senile Ruhe treten und mit Eintritt des Klimakteriums ihr Wachstum einzustellen pflegen, um weiterhin als symptomlose Appendices ein unbeachtetes Dasein zu fristen.

Eine von GUSSEROW gegebene Altersstatistik der Fibroide lehrt deren Vorkommen unter 953 Fällen:

in 1,6 Proz. bei Frauen unter 20 Jahren, 20-30J: 17 Proz., 30-40J: 38,8 Proz., 40-50J: 37,7 Proz, 50-60J: 3,9 Proz., über 60J.: 1,8Proz.

Eine graphische Darstellung der Altersfrequenz bei 531 Frauen, bei welchen beim ersten Besuch Fibroide konstatiert werden konnten, ergibt folgendes Bild:


Fig 188. Graphische Darstellung der Frequenz der Myome in den ververschiedenen Altersklassen bei 531 Kranken der gynäkologischen Klinik in Helsingfors (Prof. Engström). (Aus C. MÖLLER, Klin. u. path. anat. Studien zur Aetiologie der Uterusmyome. Mitt.a.d.g.Kl.z.Helsingfors, Bd. III, Heft1.)

Erwägt man, wie unabhängig z.B. die Ovarialkystome vom Lebensalter sind, insofern sie beim Neugeborenen sowohl wie bei kleinen Kindern, bei jungen Mädchen wie bei Greisinnen beliebiger Altershöhe vorkommen, so wird uns doch der Gedanke nahegerückt daß zwischen dem Entwickelungstrieb des reifen Uterus und der Myombildung eine Beziehung besteht, welche ersteren wenigstens einen Teil der Ursache für diese Geschwulstbildung vermuten läßt. Und wir werden in dieser Annahme weiterhin durch die Beobachtung bestärkt, daß gerade dann, wenn der Uterus keine Gelegenheit hat, seine innewohnenden Entwickelungstriebe in Schwangerschaftshypertrophien auszutoben, dessen Trägerin in eine gewisse erhöhte Gefahr gerät, an Myomen zu erkranken. FEHLING konnte bei 189 Myomkranken der Baseler Klinik ein Verhältnis der Verheirateten zu den Ledigen wie 2:l konstatieren, während bei den übrigen Kranken der gynäkologischen Abteilung sich das Verhältnis von 5:l herausstellte. Unter ENGSTRÖMs Material fanden sich bei 11000 Kranken 1 virginelle auf 4 nichtvirginelle, während dortselbst bei 530 Myomkranken schon 1 virginelle auf 2 nichtvirginelle traf. In meinem Material der Tübinger Klinik war bei 300 operierten Myomkranken das Verhältnis der Nulliparae zu dem der Parae wie l:2.

So bestechlich nun wohl die Deutung obiger Beobachtungen wirken mag, müssen wir uns doch vor ihrer Ueberschätzung hüten, da sie uns ja nicht in jeder Hinsicht über die Genese der Fibroide zu befriedigen vermag. Von manchen Autoren wird der Heredität, sexuellen Reizungen der verschiedenen Art, wie andererseits zölibatärer Enthaltsamkeit eine große ätiologische Rolle zugeschrieben.

Im Grunde genommen kommen alle ätiologischen Betrachtungen nicht über Hypothesen hinaus, deren Haltbarkeit Glaubenssache wird. Auch über die Patho- und Histiogenese wissen wir gar nichts Bestimmtes. Ob die Matrix die Uterusmuskulatur selbst abgibt, oder ob es die Gefäßmuskulatur etwa ist, welche zu solchen Entartungen Anlaß geben kann, ist einer der neuerdings viel diskutierten Punkte, ohne daß Einigkeit in den divergierenden Untersuchungen erzielt werden konnte.




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Dieses Buch ist ein altes Fachbuch, der Inhalt entspricht nicht dem aktuellen Stand der Medizin. Angegebene Therapien entsprechen höchstens dem Stand der Medizin zum angegebenen Druckdatum. Dasselbe gilt für eine ggf. angegebene Rezeptur für ein Medikament. Diese entsprechen nicht dem heutigen Stand der Medizin und sind unter Umständen sogar körperlich schädigend. Die Zubereitung von Rezepturen und die Anwendung derselben gehört in die Hände erfahrener Ärzte und Apotheker.
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26. 4. 1829
Geburtsdatum des Chirurgen Christian A.T.B. Billroth, der sich mit den von ihm entwickelten Magenoperationen verewigte (Billroth-I- und -II-Operation). Außerdem entwickelte der operative Techniken zur Kehlkopfentfernung und transvaginalen Uterusentfernung (Hysterektomie).

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